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Reformrezession, Kommentar zum geschrumpften Bruttoinlandsprodukt in der Eurozone, von Reinhard Kuls.

Frankfurt (ots)

Der Euroraum kommt anscheinend nicht aus dem Krisensumpf. Auch wenn die ersten Stimmungsbarometer inzwischen eine leichte Besserung der Konjunktur erwarten lassen - im Schlussquartal 2012 ist die Währungsunion erst einmal noch tiefer in den Morast gerutscht. Zwar handelt es sich bei den Zahlen des EU-Statistikamts Eurostat erst um eine vorläufige Schätzung - die 0,6%, um die das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Eurozone unter das ohnehin schon leicht gedrückte Niveau der Vorperiode gerutscht ist, sprechen aber eine zu klare Sprache. Die Wirtschaft ist geschrumpft.

Eine andere Frage ist freilich, ob der Euroraum damit in der Rezession ist. Die marktübliche Definition, Rezession liege dann vor, wenn das saisonbereinigte BIP in zwei aufeinander folgenden Quartalen jeweils zur Vorperiode gesunken ist, führt mitunter fehl. Im dritten Quartal etwa ist das Euroland-BIP um 0,1% geschrumpft. Das kann schon eine kleine Revision in eine glatte Null oder gar ein leichtes Plus verwandeln. Hilfreicher bei der Beantwortung der Frage, ob sich die Eurozone in der Rezession befindet und wie tief, zeigt die Ausnutzung der gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten. Und angesichts der spürbaren Unterauslastung im Euroraum - abzulesen etwa an der rekordhohen Arbeitslosigkeit - gibt es wenig Zweifel, dass Euroland in der Rezession ist.

Aber nur die Währungsunion in ihrer aggregierten Statistik. Denn quer durch den Euroraum verläuft eine markante Trennungslinie. Die Nordländer, auch Deutschland, fahren ihre Gesamtproduktion ganz nahe an der Normalauslastung. Die Südländer hingegen, und nach Ansicht einiger Ökonomen muss inzwischen auch Frankreich dazugerechnet werden, befinden sich klar in der Rezession.

Da kann man dann auch nur den Kopf schütteln über so aufgeregte Schlagzeilen zu den aktuellen BIP-Daten wie "Deutschland treibt Eurozone tiefer in die Rezession". Sicher, ein Rückgang der Wirtschaftsleistung wiegt schwer. Aber die Euro-Länder dürfen nicht über denselben Kamm geschoren werden. Das Minus von 0,6% in Deutschland hat eine andere Qualität als das gleichgroße Minus der Eurozone insgesamt. Deutschland litt - vermutlich nur vorübergehend - unter der Unsicherheit über den Ausgang der Euro-Krise. Eine Katastrophe scheint da nun gebannt, folglich steigt die Stimmung hierzulande. In den Krisenstaaten handelt es sich dagegen um eine Anpassungsrezession im Rahmen des Reformprozesses. Dieser schmerzt, ist aber unumgänglich und wird auch seine Früchte tragen, wenn er zu Ende geführt wird.

(Börsen-Zeitung, 15.2.2013)

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