Eidg. Finanz Departement (EFD)
Strukturreform bei der Unternehmensbesteuerung
Bern (ots)
Damit die Standortattraktivität der Schweiz weiter gestärkt wird, sollen bei der Unternehmensbesteuerung strukturelle Verbesserungen vorgenommen werden. Sie hätten keine oder nur geringe Einnahmenausfälle für den Bund zur Folge. Der Bundesrat hat an seiner heutigen Sitzung das EFD beauftragt, eine Vernehmlassungsvorlage für eine entsprechende, weitere Unternehmenssteuerreform zu erarbeiten. Der Zeitplan sieht vor, dass diese bis im Sommer 2002 vorliegen soll.
1997 sind zentrale Anliegen der Wirtschaft zur Förderung desGET vorteilhaften Unternehmensstandortes Schweiz mit der Unternehmenssteuerreform erfüllt worden. Diese Reform hat der Wirtschaft namhafte Erleichterungen und strukturelle Verbesserungen gebracht. In der Folge hat der Bundesrat den eng begrenzten finanziellen Spielraum für weitere Steuerentlastungen primär für die Revision der Familienbesteuerung reserviert (Spielraum des Steuerpakets: 1,4 Milliarden Franken). Angesichts dieser Prioritätensetzung bei den Familien ist die vorgezogene Realisierung weiterer Anliegen im Bereich der Unternehmensbesteuerung nicht oder nur sehr beschränkt.
Trotzdem liegen zum Teil berechtigte Anliegen von Seiten der Unternehmen auf dem Tisch, die allerdings nicht nur aus der Sicht des Standortwettbewerbs, sondern auch unter dem Aspekt der Steuergerechtigkeit und der Finanzierbarkeit betrachtet werden müssen. Die Wünsche sind teils prinzipieller, teils finanzieller und teils punktuell struktureller Art.
Prinzipieller Art ist die Forderung nach einer rechtsformneutralen Unternehmensbesteuerung aus einem Guss, wie sie von Professor Xavier Oberson in seinem Expertenbericht vorgeschlagen wird (vgl. Presseunterlagen vom 12. Juli 2001). Dieses System, das aus steuerlicher Sicht keinen Unterschied zwischen Aktiengesellschaften und Personengesellschaften macht, eröffnet längerfristig interessante Perspektiven, erfordert aber einen tiefgreifenden Umbau der heutigen Unternehmensbesteuerung. Es hätte weitreichende finanzielle Folgen, nicht zuletzt für die AHV. Gerade darum ist es kurzfristig nicht realisierbar, obwohl es von der Systematik her überzeugt.
Finanzieller Art ist die Forderung nach einer pauschalen Reduktion des Gewinnsteuersatzes auf Bundesebene. Sie hätte grosse Einnahmenausfälle (300 Millionen Franken für jedes halbe Prozentpunkt) zur Folge, ohne dass sie den einzelnen Firmen - vor allem nicht den KMU - substanzielle Entlastungen brächte. Sie würde auch keine strukturellen Verbesserungen bewirken in Bezug auf die Förderung von Risikokapital oder die Eliminierung von Ungerechtigkeiten. Die pauschale Reduktion des Gewinnsteuersatzes kostet mithin viel und bringt zu wenig.
Punktuell struktureller Art ist der Vorschlag des Bundesrates, der auf eine Verbesserung des Steuersystems zielt, dabei aber keine oder nur geringe Einnahmenausfälle für den Bund zur Folge hat. Umgekehrt findet auch kein Raubzug des Fiskus auf die Unternehmen statt, vielmehr ist der Vorschlag ertragsneutral. Seine nachhaltige Wirkung besteht in der Eliminierung von Ungleichbehandlungen bei der Besteuerung von Gewinnen bei Aktiengesellschaften, was gerechter und volkswirtschaftlich sinnvoll ist.
Künftig sollen Gewinne einer Aktiengesellschaft bei "qualifizierenden Beteiligungen" (denkbar ist eine Quote ab fünf Prozent, sofern diese Beteiligung mindestens einen Wert von 100'000 Franken aufweist) gleich besteuert werden, unabhängig davon, ob sie ausgeschüttet werden oder nicht. Die bestehende Doppelbelastung, der Webfehler im System, soll dabei durch eine Reduktion der Einkommenssteuer auf Dividenden gemildert oder gar eliminiert werden. Die damit verbundenen Steuerausfälle sind durch eine neue Besteuerung von Beteiligungsgewinnen mit dem gleichen Vorzugssteuersatz zu kompensieren.
Die zur Vermeidung der Doppelbesteuerung heute oft praktizierte Geschäftspolitik von Aktiengesellschaften, Gewinne nicht auszuschütten, sondern zu horten, verliert mit der Reform jeden finanziellen Anreiz. Der dadurch entstehende Impuls, Gewinne wieder auszuschütten, begünstigt die Bildung von Risikokapital, was sich volkswirtschaftlich nachhaltig auswirkt. Gleichzeitig können oft kritisierte Besonderheiten der Steuerpraxis (Transponierung, indirekte Teilliquidation, Erbenholding usw.) behoben werden
Für Personenunternehmen sollen flankierende Massnahmen getroffen werden. So könnte bei Veräusserungen des Geschäfts infolge Aufgabe der Erwerbstätigkeit der Veräusserungserlös und damit auch der Gegenwert der realisierten stillen Reserven - im Sinne eines Endbeitrages in die zweite Säule (BVG) steuerwirksam in Abzug gebracht werden. Weiter könnte die Umwandlung von Personenunternehmen in Kapitalgesellschaften dadurch erleichtert werden, dass auf jegliche Sperrfrist im Sinne des Fusionsgesetzes verzichtet wird.
Mit dem bundesrätlichen Vorschlag wird ein kostenneutraler und nachhaltiger Teilschritt gemacht ohne dass dabei die mit einer konsequenten, rechtsformneutralen Unternehmensbesteuerung verbundenen Ausfälle bei der AHV in Kauf genommen werden müssten. Die Reform ist kompatibel mit dem Finanzleitbild und der Standortstudie (siehe obenstehender Kasten) und geht nicht über die vom finanziellen Spielraum gesetzten Grenzen hinaus. Sie gewährleistet den Finanzbedarf für das Steuerpaket und erfüllt im strukturellen Bereich - wenn auch nur zum Teil - Vorschläge der Expertengruppe Oberson.
Bericht der Arbeitsgruppe "Standortstudie" abgeliefert
Die im Auftrag des Vorstehers des EFD vom Direktor der ESTV im August 2000 eingesetzte Arbeitsgruppe "Standortstudie" hat ihren Bericht mit dem Titel "Steuern als Standortfaktor: Reformbedarf für die Schweiz?" abgeliefert. Gestützt auf einen internationalen Vergleich der volkswirtschaftlichen Leistung und der Steuerbelastung stellt die Arbeitsgruppe fest, welchen grundlegenden Anforderungen ein wettbewerbsfähiges Steuersystem genügen muss, und schlägt - nach rein fachlichen Prioritäten abgestufte - Massnahmen zur Verbesserung des Standorts Schweiz vor. Die auftragsgemäss konsequent am volkswirtschaftlichen Erfolg orientierte Sicht des Berichts liefert wertvolle Entscheidungshilfen. Das Steuersystem hat indessen auch andere Kriterien zu berücksichtigen, insbesondere die Steuergerechtigkeit und die finanzpolitische Verkraftbarkeit allfälliger Massnahmen. Die Herstellung dieses Gleichgewichà` ist Aufgabe der politischen Gesamtwürdigung. EFD und ESTV nehmen deshalb zu den einzelnen Vorschlägen im Bericht zum jetzigen Zeitpunkt materiell nicht Stellung.
Kontakt:
Angelo Digeronimo, Eidg. Steuerverwaltung, Tel 031 322 71 58 oder
Kurt Dütschler, Eidg. steuerverwaltung, Tel 031 322 73 77.