Eidg. Finanz Departement (EFD)
EFD: Zinsenbesteuerung: Neue Punkte müssen analysiert werden
Bern (ots)
22. Jan 2003 (EFD) Der Bundesrat nimmt davon Kenntnis, dass der EU- Finanzministerrat (Ecofin-Rat) in der Frage der Besteuerung von Zinserträgen für natürliche Personen eine grundsätzliche politische Einigung erzielt hat. Gleichzeitig stellt er fest, dass die EU für die Anerkennung der Gleichwertigkeit des Schweizer Angebots noch gewisse Vorbehalte gemacht hat. Der von der Schweiz offerierte Beitrag zur Lösung des EU-Zinsenbesteuerungs-Problems respektiert ihre Rechtsordnung und wahrt das Bankgeheimnis. Gleichzeitig ist der Steuerrückbehalt ein grosszügiges und effizientes Instrument. Der neuste Ecofin-Beschluss weicht allerdings zum Teil vom bisherigen EU- Richtlinienentwurf ab. Unter Vorbehalt einer genauen Analyse und der Bereinigung von Differenzen scheint eine vertragliche Einigung nicht ausgeschlossen. Diese müsste aus Schweizer Sicht dauerhaft sein und zur langfristigen Stabilität und Berechenbarkeit der Rahmenbedingungen beitragen. Bevor das Abkommen über die Zinsenbesteuerung abgeschlossen wird, müssen auch in den anderen Dossiers der bilateralen Verhandlungen II die noch bestehenden Probleme ausgeräumt und die entsprechenden Abkommen finalisiert werden. Dies ist aus der Sicht der Schweiz - zusammen mit der Erfüllung weiterer Bedingungen - eine Voraussetzung, damit im Paket "Bilaterale II" ein insgesamt ausgewogenes Gesamtresultat erreicht werden kann.
Innerhalb der Europäischen Union (EU) ist im Hinblick auf die Realisierung der geplanten Richtlinie zur Besteuerung von Zinserträgen für natürliche Personen eine weitere, allerdings erst politische Einigung erzielt worden. Der Bundesrat hat von der Zustimmung des zuständigen EU-Ministerrats zu den Eckwerten einer Einigung mit der Schweiz Kenntnis genommen. Die Schweiz hat das Anliegen der EU, wonach Zinserträge von in der EU ansässigen Bürgern angemessen zu besteuern sind, stets geteilt. Mit einer grosszügigen Offerte, deren Kernstück der Steuerrückbehalt zugunsten der EU- Mitgliedstaaten ist, hat die Schweiz die Voraussetzung dafür geschaffen, dass die geplante EU-Lösung nicht über die Schweiz umgangen werden kann. Die Schweiz hat von Anfang an eine effiziente und dauerhafte Lösung im Rahmen der Schweizer Rechtsordnung und unter Wahrung des Bankgeheimnisses angestrebt. Ziel der Zusammenarbeit der Schweiz mit der EU ist die möglichst lückenlose und effiziente Besteuerung der von der EU-Richtlinie erfassten Zinserträge ohne eine damit verbundene Einführung auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt - eines automatischen Meldeverfahrens. Die gestern getroffene politische Einigung der EU-Finanzminister lässt einzelne Problempunkte erkennen, die in Gesprächen mit der EU geklärt und bereinigt werden müssen. Dazu gehört die im Ratsbeschluss angedeutete Absicht der EU, kontinuierlich darauf hinzuarbeiten, dass die Schweiz und weitere Drittstaaten (jedoch nicht die USA) zu einem Regime übergehen, wie es OECD-intern für Steuerparadiese diskutiert wird, also für Staaten ohne namhafte Einkommenssteuern und ohne mit der Schweiz vergleichbaren Standards. Dies wäre nicht sachgerecht, weil die Schweiz kein Steuerparadies ist, und es stünde im Widerspruch zur angestrebten Dauerhaftigkeit der Vertragslösung zwischen der Schweiz und der EU. Es ist daran zu erinnern, dass der einzig gültige OECD-Standard im so genannten Bankgeheimnis-Bericht vom April 2000 festgehalten ist, den die Schweiz mit ihrer Politik in diesem Bereich erfüllt. Weitere genau zu überprüfende Fragen betreffen unter anderem die Gleichwertigkeit unter den Drittstaatenlösungen sowie den Zeitpunkt und die Bedingungen für eine Vertragsrevision. Ferner darf die Schweiz gegenüber jenen EU-Ländern, die ebenfalls eine Quellensteuer einführen, nicht benachteiligt werden.
Weiteres Vorgehen und Bedingungen
Die Einzelheiten des Abkommenstextes werden nun in den kommenden Tagen und Wochen genau analysiert. Eine genaue Analyse ist nötig, weil der Ecofin-Beschluss in wichtigen Bereichen vom bestehenden EU- Richtlinienentwurf abweicht, der die Basis der bisherigen Verhandlungen bildete. Die Analyse bildet die Grundlage für die weiterführenden Gespräche mit der EU. Voraussetzung für die Umsetzung des Abkommens ist natürlich, dass die Richtlinie EU-intern verabschiedet wird. Ferner erwartet der Bundesrat, dass die im Ratsbeschluss nicht explizit erwähnte Verpflichtung der EU und ihrer Mitgliedstaaten bezüglich der analogen Anwendung der Mutter-Tochter- Richtlinie und der Richtlinie über Zins- und Lizenzzahlungen zwischen verbundenen Unternehmen auf die Schweiz als notwendiger Teil einer Einigung über die Frage der Zinsenbesteuerung umgesetzt und so ausgestaltet wird, dass sie auch gegenüber den neu der EU beitretenden Staaten wirken.
Horizontaler Aspekt: Ausgewogenes Gesamtergebnis
Mit ihrer Bereitschaft zur Einführung eines Steuerrückbehalts hat die Schweiz ihren Beitrag zur Lösung der Frage der Zinsenbesteuerung mehr als geleistet. Der Bundesrat erwartet, dass nun auch die Verhandlungen in den übrigen Dossiers rasch abgeschlossen werden können. Dies ist aus der Sicht der Schweiz eine Voraussetzung, damit ein insgesamt ausgewogenes Gesamtresultat erreicht werden kann.
Dieser Punkt ist für die CH zentral: Ein Abschluss der Verhandlungen bei der Zinsenbesteuerung kann für die Schweiz nur Teil einer Gesamtlösung sein. Die Schweiz hat diesen koordinierten Verhandlungsansatz immer wieder betont. Bevor das Abkommen über die Zinsenbesteuerung paraphiert wird, müssen auch in den anderen Dossiers die noch bestehenden Probleme ausgeräumt und die entsprechenden Abkommen finalisiert werden. Ist das geschehen, kann zum gemeinsamen Verhandlungs-Abschluss der bilateralen Abkommen II geschritten werden.
Aus der Sicht der Schweiz können den politischen Willen beider Parteien vorausgesetzt die anderen Dossiers rasch einer Lösung zugeführt werden.
- Die Verhandlungen über die verarbeiteten Landwirtschaftsprodukte konnten in der Substanz bereits abgeschlossen werden.
- Fünf weitere Dossiers (Media, Statistik, Umwelt, Pensionen sowie Bildung/Berufsbildung/Jugend) dürften keine grösseren Probleme bieten.
- In den Dossiers Schengen /Dublin und Betrugsbekämpfung sind die Verhandlungen weit fortgeschritten. In Anbetracht der substanziellen Angebote der Schweiz in diesen Dossiers und des gegenseitigen Interesses können die noch verbleibenden Divergenzen im Rahmen dieser Angebote rasch beseitigt werden.
- Einzig im Dienstleistungsdossiers dürften noch vertiefte Abklärungen erforderlich sein.
Auskünfte zur Zinsenbesteuerung: Daniel Eckmann, Delegierter für Kommunikation EFD: 031 322 63 01
Auskünfte zum übrigen Stand der Bilateralen Verhandlungen II: Adrian Sollberger, Integrationsbüro: 031 322 26 40
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