Eidg. Finanz Departement (EFD)
EFD: EFD-Umfrage 2004: Noch grosse Unkenntnis über EU-Zinsbesteuerung
Bern (ots)
27. Sep 2004 (EFD) Das Wissen der Schweizer Stimmberechtigten zum Thema Finanzpolitik verharrt auf relativ hohem und stabilem Niveau. Tendenziell überschätzt wird die Höhe der Staatsverschuldung. Nach wie vor wird für den Fall einer Finanzknappheit des Bundes der Abbau von Staatsleistungen gegenüber Steuererhöhungen oder einer Neuverschuldung deutlich bevorzugt. Anhaltende und erhebliche Wissenslücken bestehen bezüglich des Zinsbesteuerungsabkommens mit der EU. Zum Thema Bankgeheimnis ist im Verlaufe der letzten vier Jahre eine Polarisierung der Meinungen festzustellen.
Die diesjährige EFD-Umfrage 2004 wurde vom 26. bis 30. April bei 1500 Schweizerinnen und Schweizern im Alter von 15 bis 74 Jahren in der deutsch- und französischsprachigen Schweiz durchgeführt. Während dieser Zeit wurde der massiv schlechtere Abschluss der Finanzrechnung des Bundes bekannt (Defizit von 2,8 Milliarden statt 246 Millionen Franken). Die Hoffnung von 2001 auf eine nachhaltige Sanierung des Bundeshaushalts hatte sich vorerst zerschlagen. Die Eidgenössischen Abstimmungen zu Finanzvorlagen (Steuerpaket, Erhöhung der Mehrwertsteuer für AHV/IV und 11. AHV Revision standen kurz bevor (16. Mai). Die Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU über die Zinsbesteuerung waren im Sommer 2003 abgeschlossen worden, jene über die Betrugsbekämpfung standen vor dem Abschluss (19. Mai 2004).
Leichte Distanzierung gegenüber dem Bankgeheimnis
Der Geltungsbereich des Bankgeheimnisses ist rund zwei Dritteln der Befragten bekannt: 65 Prozent (Vorjahr: 68%) der Befragten wissen, dass das Bankgeheimnis bei Straftatbeständen wie organisierte Kriminalität, Geldwäscherei oder Steuerbetrug aufgehoben wird. Aber nur noch 51 Prozent (57%) befürworten die Beibehaltung des Bankgeheimnisses in seiner heutigen Form, 32 Prozent (30%) wollen es auch bei Steuerhinterziehung aufheben, generell abgelehnt wird es von 15 Prozent (11%) der Befragten. Seit 2001 ist eine leicht zunehmende Distanzierung zu beobachten: Es mehren sich sowohl die Stimmen für eine generelle Aufhebung des Bankgeheimnisses (von 10% auf 15%) als auch für eine Aufhebung im Falle von Steuerhinterziehung (von 25% auf 32%).
Unbekanntes Zinsbesteuerungsabkommen mit der EU
Wie bereits im Jahr 2003 herrscht bei der Bevölkerung in Sachen Zinsbesteuerung noch grosse Unkenntnis. Bloss 8 Prozent (6%) der Befragten ist bekannt, dass ausschliesslich natürliche Personen besteuert werden und bloss 24 Prozent (29%) wissen, dass ausschliesslich EU-Bürgerinnen und -Bürger betroffen sind. Sodann ist bloss 14 Prozent (15%) der Befragten bekannt, dass ausschliesslich Zinserträge, also Zinsen aus Obligationen oder Bankguthaben, der Besteuerung unterliegen.
Konstantes Vertrauen in die Zukunft der AHV
Ein solides Wissen und ein konstantes Vertrauen ist bei den Fragen zur AHV-Zukunft festzustellen. 71 Prozent (73%) der Befragten ist bekannt, dass sich das Verhältnis zwischen beruflich Aktiven und Rentnern in den nächsten 20 Jahren deutlich in Richtung mehr ältere Leute verschiebt. Die berufstätige Generation stuft die Chance, dereinst selber eine AHV-Rente zu beziehen mit 69 Prozent (68%) ein. Etwas optimistischer sind die 25 - 34 Jährigen geworden: Hier rechnen neu 56 Prozent (50%) mit eigenen AHV-Bezügen, 40 Prozent (46%) der Befragten dieser Altersgruppe gehen nicht davon aus. Die ganz Jungen im Alter von 15 bis 24 Jahren bewegen sich mit ihrer Meinung im Gesamtdurchschnitt, haben sich aber vermutlich mit der Frage der AHV noch nicht intensiv befasst. Ab 55 Jahren bis hin zum beginnenden Rentenalter herrscht dagegen starker Optimismus. 91 Prozent (96%) der Befragten glauben daran, selber eine AHV-Rente beziehen zu können. Heutige AHV-Bezüger und Leute, die selber an den späteren Bezug einer eigenen AHV-Rente glauben, vertreten zu 72 Prozent (66%) die Auffassung, dass auch die nächstfolgende Generation in den Genuss der AHV kommen wird.
Eher sparen statt Steuern oder Verschuldung erhöhen
Für den Fall, dass der Bund seine Aufgaben nicht mehr vollumfänglich finanzieren könnte, sprechen sich 48 Prozent (48%) der Befragten für den Abbau von Staatsleistungen aus, 31 Prozent (27%) wären für eine Steuererhöhung und 13 Prozent (15%) würden eine Neuverschuldung bevorzugen. Wäre eine Steuererhöhung erforderlich, so würden 42 Prozent (42%) eher die Mehrwertsteuer erhöhen als die direkte Bundessteuer (33% - 31%); am unbeliebtesten wäre eine neue Steuer (17% - 19%). In der Aufschlüsselung nach Regionen zeigt sich dieselbe Stossrichtung, wobei in der Westschweiz eine Erhöhung der direkten Bundessteuer auf geringere Zustimmung (25%) als in der Deutschschweiz (35%) stösst. In der Westschweiz ist der Anteil der weiss-nicht- oder keine-Antworten in diesem Bereich mit 20 Prozent relativ hoch.
Vermeintlich höhere Steuern in der Schweiz als in EU-Ländern
34 Prozent (32%) der Befragten beurteilen die Steuerlast in der Schweiz im Vergleich zum Durchschnitt sämtlicher EU-Länder als höher, und 25 Prozent (24%) glauben, die Belastung sei gleich hoch wie im EU-Schnitt. 32 Prozent (32%) wissen, dass die Steuerbelastung in der Schweiz tatsächlich tiefer ist. Zu berücksichtigen war die Summe aller Steuern des Bundes, der Kantone und der Gemeinden inklusive die Sozialversicherungsbeiträge für AHV und Arbeitslosenversicherung, aber ohne Krankenkassenprämien.
Westschweiz unzufriedener als Deutschschweiz
Gegenüber dem Vorjahr ist bei der diesjährigen Umfrage bei der Akzeptanz von Steuerbelastung und Gegenleistung kaum eine Veränderung zu registrieren. 66 Prozent (67%) der Befragten attestieren dem Staat ein gutes oder verhältnismässiges Preis- Leistungsverhältnis; als eher schlecht wird dieses Verhältnis von 31 Prozent (29%) beurteilt. In der Westschweiz wird das Verhältnis zwischen Steuerbelastung und Staatsleistung deutlich häufiger als schlecht bewertet (46%) als in der Deutschschweiz (25% ). 53 Prozent (52%) der Befragten sind der Ansicht, dass die Steuerbelastung in allen Kantonen gleich sein solle. 37 Prozent (40%) sprachen sich für gewisse und 8 Prozent (6%) für beliebige Unterschiede aus. Wer Unterschiede befürwortet, tut dies (bei Wahlmöglichkeit zwischen zwei Antworten) eher, um den Kantonen mehr Selbstbestimmung einzuräumen (54%) als um durch Steuerwettbewerb Anreize für ein tieferes Steuerniveau zu schaffen (37%).
Vererschuldung des Bundes wird tendenziell überschätzt
Die Schuldenlast des Bundes - Ende 2003 rund 124 Milliarden Franken - wird bei Vorgabe von vier Antwortmöglichkeiten von 35 Prozent der Befragten richtig eingeschätzt. Tendenziell wird die Bundesverschuldung eher über- als unterschätzt. So meinen 14 Prozent der Befragten, sie betrage etwa 60 Milliarden Franken, 25 Prozent entscheiden sich für 180 Mrd. und 12 Prozent für 240 Mrd. Franken. Vergleiche mit den Vorjahren sind nicht direkt möglich, da die Zahlen gemäss zunehmender Verschuldung des Bundes angepasst worden sind. Wie schon im Vorjahr wissen bloss 32 Prozent, dass der Bund anteilmässig am meisten für den Sozialbereich ausgibt. In der Westschweiz werden die Ausgaben für die Landesverteidigung weiterhin massiv überschätzt (häufigste Nennung für Rang 1, statt richtig Rang 3) und jene für den Verkehr (Rang 4 statt Rang 2) unterschätzt. (Richtige Reihenfolge: Sozialbereich, Verkehr, Landesverteidigung, Landwirtschaft.) Die Westschweizer glauben fälschlicherweise, der Bund gebe mehr Geld für die Schuldzinsen als für den Verkehr aus.
Steckbrief
Das Eidg. Finanzdepartement EFD erhebt seit 1997 regelmässig den Wissensstand und die Einstellungen der Schweizer Bevölkerung zu ausgewählten Aspekten der Finanzpolitik. Vom 26. bis 30. April 2004 wurden 1516 Schweizerinnen und Schweizer von 15 bis 74 Jahren in der deutsch- (1001) - und der französischsprachigen (515) Schweiz telefonisch befragt. Die Stichprobe erfolgte nach dem Random-Quota- Verfahren, die Durchführung der Studie richtete sich nach den Normen von SMS, des Verbandes Schweizer Marketing- und Sozialforscher und wurde auf repräsentativer Basis vom Marktforschungsinstitut DemoSCOPE AG durchgeführt und ausgewertet. Die Fragen und Tabellen (Resultate gesamte Schweiz, Deutschschweiz, Westschweiz - nach Geschlecht, Altersgruppe, Bildung, soziale Schicht und Haushaltsgrösse) sind auf www.efd.admin.ch abrufbar. Bei 1'500 Befragten liegt der Vertrauensbereich bei plusminus 2,4 Prozent.
Auskunft für Medienschaffende: Dieter Leutwyler, Pressesprecher EFD, Tel.: 031 322 60 86
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