Scharfes Geschütz gegen den Walschutz
Wädenswil (ots)
Island macht seine Waljagdkanonen wieder scharf. Nach 14 Jahren Unterbruch könnten bereits dieses Jahr wieder isländische Fangschiffe ihre Sprengharpunen auf die friedlichen Meeressäuger abfeuern. Laut der Schweizer Organisation ASMS (Schutz der Meeressäuger) verletzt Island mit dem angestrebten Walfang und dem Handel von Walfleisch gleich mehrere internationale Abkommen.
Volle vier Wochen liess das isländische Fischereiministerium letzten Herbst eine Presseanfrage an die isländische Vertretung in Berlin liegen, bevor es sich zu einer Antwort bequemte. Die heikle Frage: Beabsichtigt Island, ab 2003 wieder Wale zu jagen? "Nein", antwortete schliesslich Stefán Amundsson, Islands Kommissär für Walfang in der Internationalen Walfangkommission (IWC). Der ergänzende Satz war indessen schwammiger: "In Island ist kein Entscheid gefällt worden, dass ab 2003 in irgend einer Form Walfang aufgenommen wird", hiess es diplomatisch verklausuliert.
Das lässt interpretieren, dass ein solcher Entscheid jederzeit gefällt werden kann. Daran ändert auch die Erklärung von Elín Flygenring, Gesandte-Botschaftsrätin von Island in Berlin, nichts. Sie versicherte zwar, Islands Regierung habe sich im Oktober 2002 verpflichtet, "bis zum Jahr 2006 keinen kommerziellen Walfang zu betreiben". Diese Aussage schliesst aber nicht aus, dass der Inselstaat am Polarkreis lange vor 2006 wieder "wissenschaftlichen Walfang" betreiben könnte. Unter dem Deckmäntelchen der "Wissenschaft" erlegt beispielsweise Japan jährlich Hunderte von Walen.
Erst am 14. Oktober letzten Jahres war Island an einem ausserordentlichen Treffen nach elfjähriger Abwesenheit wieder in die IWC aufgenommen worden. Dies trotz des offiziellen isländischen Vorbehalts gegen das vor 20 Jahren beschlossene Walfangmoratorium. Die Aufnahme erfolgte mit einer Mehrheit von nur einer Stimme. Für die Aufnahme stimmte auch die Schweizer IWC-Delegation unter der Leitung von Thomas Althaus. Damit spielte die Schweiz zusammen mit Schweden und Finnland das Zünglein an der Waage gegen die Interessen des Walschutzes.
Sigrid Lüber, Präsidentin der ASMS (Schutz der Meeressäuger), kritisiert die Position der Schweizer Delegation massiv: "Die Schweiz hat an der Sondersession der IWC letzten Herbst in Cambridge vier Mal mit den Walfangländern abgestimmt. Damit hat sie Islands zweifelhaften Beitritt zur IWC erst ermöglicht. Und dies zu einer Zeit, wo der Schutz der Meeressäuger ohnehin immer mehr unter Beschuss kommt." Lüber verlangt deshalb von der Schweizer Delegation einen offiziellen Protest gegen Islands Vorbehalt an der kommenden IWC-Konferenz. "Schliesslich haben bereits 16 Länder ihr Veto dagegen eingelegt." Die IWC beginnt am 16. Juni in Berlin.
Als "sehr bemerkenswert" erachtet Sigrid Lüber in diesem Zusammenhang eine Aussage des Schweizer IWC-Delegierten Martin Krebs anlässlich eines Treffens zwischen Vertretern der Schweizer Regierung und Nichtregierungsorganisationen im Vorfeld der IWC-Konferenz: Die IWC sei im Grunde keine internationale Organisation, sondern vielmehr "ein Gentlemen's Club, dessen Kommissäre nach eigenem Gutdünken Entscheide fällen können", meinte Krebs. Die Folgerung von Sigrid Lüber: "Die Frage muss laut gestellt werden, ob die Schweizer Vertreter in der IWC überhaupt noch die Interessen unserer Regierung vertreten - oder eben vielmehr ihre eigenen..."
Positionen wie die der Schweiz in der IWC seien zudem ein ermutigendes Signal für die Walfangländer, kritisiert die ASMS-Präsidentin weiter. "Im Windschatten der immer dreister auftretenden Walfangnationen Japan und Norwegen schickt sich Island an, gleich zwei internationale Abkommen zu missachten: Mit der angestrebten Wiederaufnahme der Waljagd das seit 1986 geltende Walfangmoratorium der IWC, und mit dem Import von Walfleisch aus Norwegen das Washingtoner Artenschutzabkommen, das internationalen Handel mit Walprodukten verbietet."
Gleichzeitig macht der isländische Finanzminister Geir Haarte keinen Hehl daraus, dass Islands Walfang zwar zunächst offiziell als "wissenschaftlich" deklariert werde. Doch die neuerliche Jagd auf die Meeressäuger werde nur aufgenommen, wenn sie auch Absatz verspreche. Haarte hofft - ohne Rücksicht auf internationale Verbote - auf Exporte ins befreundete Walfangland Japan. "Wissenschaftlich" soll am isländischen Walfang die "Untersuchung der Ernährungsgewohnheiten" der Wale sein. Wohl um zu beweisen, dass die Meeresriesen den armen Menschen den ganzen Fisch wegfrässen. Ähnlich zynisch argumentieren bereits Norwegen und Japan. Derweil plündern die überdimensionierten Flotten der drei Fischereinationen weiterhin ungehindert die Meere.
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