Kosten des Gesundheitswesens
Neuenburg (ots)
Die Kosten des Gesundheitswesens erhöhten sich 1999 um 3,2%
Die Kosten des Gesundheitswesens erhöhten sich 1999 um 3,2% bzw. von 40,3 auf 41,6 Milliarden Franken. Laut Schätzungen des Bundesamtes für Statistik (BFS) nahm damit der Anteil der Gesundheitskosten am Bruttoinlandprodukt (BIP) von 10,6% (1998) auf 10,7% (1999) zu. Das neue Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG), das am 1. Januar 1996 in Kraft trat, hat Veränderungen in der Finanzierung des Gesundheitswesens gebracht, während sich der Kostenanstieg in den letzten vier Jahren nicht entscheidend geändert hat. Die Kostensteigerung von 3,2% 1999 liegt leicht unter dem Mittel der letzten 4 Jahre. Der Anteil der Gesundheitskosten am Bruttoinlandprodukt nahm von 20,6% (1998) auf 10,7% (1999) zu. Trotz der in den 90er Jahren mehr oder weniger stagnierenden Wirtschaft nahmen Angebot und Nachfrage nach Leistungen des Gesundheitswesens im ganzen Jahrzehnt zu. In der Schweiz wird somit nach wie vor ein wachsender Anteil der Mittel für Güter und Dienstleistungen des Gesundheitswesens aufgewendet.
In diesem Zusammenhang gilt es klar zwischen Kosten des Gesundheitswesens und Ausgaben der Krankenversicherung zu trennen. Das Gesundheitswesen umfasst mehrere Leistungserbringer, deren Dienste in der Regel nicht unter das KVG fallen: Institutionen für Behinderte, Zahnärzte, Psychotherapeuten usw. Hinzu kommt, dass die Spitäler sowie die Alters- und Pflegeheime zu grossen Teilen von der öffentlichen Hand und vom Privatsektor finanziert werden. Unter dem Strich, d.h. nach Abzug der Kostenbeteiligungen zu Lasten der Versicherten, wurden 1999 lediglich 32% der gesamten Kosten des Gesundheitswesens im Rahmen des KVG geregelt.
Gründe für den Kostenanstieg
Der Kostenanstieg hat komplexe und vielfältige Ursachen, die einerseits mit dem Angebot und andererseits mit der Nachfrage von Sach- und Dienstleistungen des Gesundheitswesens in Zusammenhang stehen. Nennenswert sind zum Beispiel auf der Angebotsseite die wachsende Spezialisierung und Technisierung, die zunehmende Anzahl privat praktizierender Aerzte sowie die Entwicklung neuer und kostspieliger Medikamente. Erwähnt seien auf der Nachfrageseite die Alterung der Bevölkerung sowie der verbesserte Zugang der Bevölkerung zu qualitativ hoch stehenden Pflegeleistungen.
KVG und Gesundheitskosten
Die Instrumente des neuen Krankenversicherungsgesetzes zur Dämpfung der Kostensteigerung vermögen ihre Wirkung noch nicht voll zu entfalten, und dessen Auswirkungen werden erst mit einer gewissen Verzögerung in der Statistik spürbar sein. Hinzu kommt, dass gewisse dieser Instrumente mangels Einigung zwischen den Hauptakteuren des Gesundheitswesens - Kantone, Leistungserbringer und Versicherer - noch gar nicht in Kraft sind. Schliesslich ist auch festzuhalten, dass die im KVG geregelten Leistungen der Grundversicherung 1999 nach Abzug der Kostenbeteiligung zu Lasten der Versicherten lediglich 32% der gesamten Gesundheitskosten ausmachten und dass sich die Kosten für die Krankenversicherung nicht immer parallel zu jenen des Gesundheitwesens entwickeln. Die Finanzierung des Gesundheitswesens weist folgende Tendenzen auf: Die Direktzahlungen der Haushalte an die Leistungserbringer (Spitäler, Aerzte-/Zahnärzteschaft usw.) sanken 1996 um 0,2%, um danach pro Jahr deutlich um rund 5% anzusteigen. Diese Steigerungen sind hauptsächlich das Resultat einer Leistungsdrosselung seitens der Privatversicherungen und des Verhaltens der Versicherten, die zum Teil auf Zusatzversicherungen verzichten oder sich für Verträge mit höheren Jahresfranchisen entscheiden. Die jährliche Steigerungsrate der Zahlungen der Versicherer im Rahmen der obligatorischen Krankenversicherung hat sich ab 1997 bei rund 4% stabilisiert, einem Wert, der in etwa der allgemeinen Zunahme der Kosten des Gesundheitswesens entspricht. Das Inkrafttreten des KVG liess diesen Wert 1996 infolge der Erweiterung des Leistungskatalogs und der Erweiterung des Kreises der Versicherten (hauptsächlich Aufnahme vorher nicht versicherter älterer Personen) auf 8,1% hochschnellen.
Ausgaben für den stationären Sektor prozentual gesunken Seit 1996 ist ein prozentualer Rückgang der Kosten im stationären Bereich (Spitäler, Heime, Institutionen für Behinderte) festzustellen. Einen deutlichen Abbau erfuhren die Akutspitäler, deren Anteil an den Kosten des Gesundheitswesens von 30,1% (1995) auf 28,5% (1999) sank. Eine geringe Kostenausweitung stellte sich hingegen in den Institutionen für Lanzeitaufenthalte (1995: 11,6%; 1999: 11,8%) sowie in den "Anderen Betrieben" (1995: 5%; 1999: 5,2%) ein. Allgemein ist keine massive Verlagerung vom Spitalbereich zu den Alters- und Pflegeheimen festzustellen. Demgegenüber ergaben sich deutliche Zunahmen bei den ambulanten Behandlungen in Krankenhäusern, stieg doch deren Anteil an den Kosten des Gesundheitswesens von 3,6% 1995 auf 4,6% 1999.
Die Ausgaben für Medikamente zeigten ebenfalls nach oben (1995: 11,9%; 1999: 12,5%), während jene für die Prävention eher konstant blieben (1999: 2,4%). Die Verwaltungskosten der Krankenkassen sind klar im Sinken begriffen (1996: 2,5%; 1999: 2,0%), %), während sich auf Seiten des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) eine Steigerung um dieselbe Differenz ergab (1996: 1,4%; 1999: 1,8%).
Weiterhin steigende Spitaltarife
Für den Preisindex bestehen bereits Daten zum Jahr 2000. Danach wich die Entwicklung der Preise für Waren und Dienstleistungen des Gesundheitswesens in den vergangenen fünf Jahren nicht wesentlich von jener des Landesindexes der Konsumentenpreise ab. Bei genauerem Hinsehen zeigen sich jedoch unterschiedliche Entwicklungen. Setzt man den Indexstand von 1995 auf 100, beliefen sich die Spitaltarife (inkl. Tarife für halbprivat und privat Versicherte) im Jahr 2000 auf 108,3 Indexpunkte, wesentlich mehr als der Index "Gesundheitspflege" mit seinen 104,1 Punkten. Der Index der ärztlichen Leistungen blieb praktisch stabil (100,8), während jener der zahnärztlichen Leistungen (104,2) einen ähnlichen Stand erreichte wie der Index "Gesundheitspflege". Klar am tiefsten war der Index der Medikamente mit 96,6 Punkten.
Internationaler Vergleich
Der prozentuale Anteil der Gesundheitskosten am Bruttoinlandprodukt ist ein aussagekräftiger Indikator für die wirtschaftliche Belastung oder die Verwendung der Ressourcen des Gesundheitswesens. Laut den von der OECD veröffentlichten Zahlen weisen die USA diesbezüglich mit 13,7% den grössen Anteil auf; es folgen Deutschland mit 10,6% und die Schweiz mit 10,4% sowie schliesslich Frankreich mit 9,6% und Kanada mit 9,5%. Am unteren Ende der Rangliste finden sich die Türkei (4,0%), Mexiko (4,6%) und Korea (5,0%).
Diese Ergebnisse bestätigen einerseits die erwartungsgemässe Wechselbeziehung zwischen materiellem Wohlstand und Gesundheitsausgaben; die ebenfalls tiefen Werte einiger angelsächsicher und skandinavischer Länder erstaunen jedoch. Genannt seien Irland mit 6,4%, das Vereinigte Königreich mit 6,7% und Finnland mit 6,9%. Es ist anzunehmen, dass in diesen Ländern die Kosten der Leistungserbringer im Privatsektor nicht oder nur unvollständig erfasst werden. Die Statistik der Kosten des Gesundheitswesens des BFS ist eine Synthese aus sämtlichem verfügbarem Zahlenmaterial zur Schätzung der Geldsträme rund um die Produktionskosten, die Ausgaben und die Finanzierung von Waren und Dienstleistungen des schweizerischen Gesundheitswesens während eines Jahres. Sie kann somit erst erarbeitet werden, wenn sämtliche statistischen Primärdaten verfügbar sind, insbesondere jene der Sozialversicherungen und der öffentlichen Finanzen. Deshalb werden die definitiven Berechnungen erst mit einer rund zweijährigen Verspätung veröffentlicht. Neues Schätzmodell
Das heute veröffentlichte Zahlenmaterial beruht auf einem neuen Schätzmodell. Die Methodik wurde verbessert, und die Präsentation der Resultate berücksichtigt die veränderten Bedürfnisse im Bereich der Beobachtung der Entwicklung des Gesundheitswesens und der Krankenversicherung. Die neuen Basisdaten zum stationären Bereich erlauben genauere Schätzungen, und die verwendeten Klassifikationen und Berechnungsverfahren sind absolut konform mit der neuen internationalen Methodik der OECD für die Gesundheitskonten. Die wichtigsten Verbesserungen liegen einerseits in der feineren Abgrenzung der Leistungserbringer und andererseits in der neu gestalteten Gliederung der Finanzierer des Gesundheitswesens, die den Bedürfnissen der wirtschaftlichen und politischen Analyse besser entgegen kommt.
Das Bundesamt für Statistik berechnet die Kosten des Gesundheitswesens seit 1985, und die entsprechende Zeitreihe konnte ab 1995 nach der neuen Methode berechnet werden. Eine Gegenüberstellung der alten und der neuen Schätzungen ergab nur geringfügige Abweichungen bei den Gesamtergebnissen. So beliefen sich die Kosten des Gesundheitswesens 1998 nach der neuen Methode auf 40,3 Milliarden Franken, nach der alten auf 39,8 Milliarden. In Prozenten des BIP ausgedrückt liegt die neue Methode mit ihrer Schätzung nur minim höher: 10,6% anstatt 10,5%.
Im Rahmen seiner Untersuchungen über die Konsequenzen des KVG ist das Bundesamt für Statistik (BFS) beauftragt, regelmässig einen Bericht über die Auswirkungen dieses Gesetzes auf Kosten, Leistungen und Finanzierung des Gesundheitswesens zu erstellen. Dieser Bericht soll auch über verschiedene Systeme der Sozialen Sicherheit informieren, die direkt oder indirekt auf die Bezahlung von Leistungen des Gesundheitswesens einwirken. Die Verbesserungen am Schätzmodell werden aussagekräftigere Analysen der Entwicklung von Kosten und Finanzierung des Gesundheitswesens ermöglichen.
Kontakt:
Raymond Rossel, BFS, Sektion Gesundheit. Tel. +41 32 713 67 77
Pressemitteilungen des BFS sind auf dem Internet unter der
Adresse http://www.statistik.admin.ch zu finden.