Statistiken zum Freiheitsentzug
Neuenburg (ots)
Wachsende Bedeutung alternativer Vollzugsformen
Die 6800 Plätze in den Anstalten des Freiheitsentzuges dienen in der Schweiz gegenwärtig zur Hälfte dem Vollzug unbedingter Freiheitsstrafen. Die übrigen Plätze werden für andere Haftformen (v.a. Untersuchungs- und Ausschaffungshaft) verwendet. Anfangs 2001 waren die Anstalten und Bezirksgefängnisse im Durchschnitt zu 75% belegt. Letztere werden bei der Durchführung kurzer Freiheitsstrafen zusehends durch alternative Vollzugsformen entlastet. So sind die Einsätze in gemeinnütziger Arbeit zwischen 1996 und 2000 von 860 auf knapp 3200 gestiegen. Dies geht aus der jüngsten Auswertung der Statistiken zum Freiheitsentzug des Bundesamtes für Statistik (BFS) hervor.
Gegenwärtig werden von den schweizerischen Gerichten jährlich rund 70'000 Strafurteile gefällt und ins Strafregister eingetragen. Dabei werden mehrheitlich bedingte Freiheits-strafen ausgesprochen (1999: 51%); ein Drittel (33%) sind Bussen, 15% unbedingte Freiheitsstrafen und 1% Massnahmen. Diese Anteile haben sich in den letzten Jahren kaum verändert.
Die Dauer der unbedingten Freiheitsstrafen betrug 1999 bei 78% der Urteile maximal 3 Monate und bei 85% maximal 6 Monate; nur bei 1% der Fälle lag sie über 5 Jahre. In Zukunft dürfte der Anteil der kurzen Freiheitsstrafen zurückgehen: Die gegenwärtig laufende Revision des Strafgesetzbuches sieht ein neues Sanktionenrecht vor. Danach sollen in Zukunft anstelle der kurzen unbedingten Freiheitsstrafen mehrheitlich Geldstrafen oder gemeinnützige Arbeit (als neue eigenständige Sanktionsform) verhängt werden.
Unterschiedliche Belegungsraten in Anstalten und Gefängnissen
Am Stichtag, dem 21. März 2001, sassen 5160 Personen bei 6815 verfügbaren Haftplätzen in den Institutionen des Justizbereichs ein. Die 168 Anstalten und Gefängnisse waren somit im Durchschnitt zu 75% belegt. Allerdings gibt es grosse Unterschiede zwischen den Institutionen: So waren die grossen geschlossenen Anstalten (Bostadel, Plaine de l'Orbe, Lenzburg, Pöschwies, Thorberg) am Stichtag praktisch ausgelastet, während die halboffenen und offenen eine durchschnittliche Belegungsrate von 80% - mit Unterschieden zwischen den Anstalten und Regionen - aufwiesen. Die Bezirks- und Untersuchungsgefängnisse kannten eine mittlere Belegungsrate von 70% oder weniger (die Anstalten sind zuständig für die längeren Strafen, die Bezirksgefängnisse für die Untersuchungshaft und die kurzen Strafen).
Die Insassenpopulation setzte sich wie folgt zusammen: 3270 Personen waren im Strafvollzug, 1582 in Untersuchungs-haft, 214 in Auslieferungs- oder Ausschaffungshaft, 94 aus anderen Gründen inhaftiert (Polizeihaft, fürsorgerischer Freiheitsentzug). Die Verteilung auf die verschiedenen Haftformen hat sich in den letzten Jahren kaum verändert. Hingegen geht die Gesamtzahl der Inhaftierten zurück. Kurze unbedingte Freiheitsstrafen werden zunehmend ausserhalb der Gefängnisse vollzogen - in Form von gemeinnütziger Arbeit oder elektronisch überwacht.
Weiterer Anstieg der Vollzüge in gemeinnütziger Arbeit
Seit 1996 ist die Anzahl der Vollzüge unbedingter Freiheitsstrafen in Form von Einsätzen in gemeinnütziger Arbeit kontinuierlich angestiegen: 1996 wurden 866 GA-Einsätze abgeschlossen und 67 abgebrochen, 2000 waren es 2865 bzw. 274.
1999 wurde im Rahmen eines Modellversuchs in einzelnen Kantonen (Bern, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Genf, Waadt und Tessin) die Möglichkeit des elektronisch überwachten Straf-vollzugs eingeführt. In dieser Vollzugsform wurden 2000 etwas über 250 Strafen verbüsst.
Somit kommen gegenwärtig bei nahezu jeder dritten unbedingten Freiheitsstrafe alternative Vollzugsformen zum Zug. Ende 2000 befanden sich rund 500 Personen im alternativen Strafvollzug.
Bewährungshilfe: 5400 Personen unter Schutzaufsicht
Hauptaufgabe der Bewährungshilfestellen ist die Sozialbetreuung von Personen, die nicht (mehr) im Strafvollzug sind, denen aber von der Justiz Schutzaufsicht, Weisungen oder eine ambulante Massnahme auferlegt wurden (dabei handelt es sich hauptsächlich um bedingt oder probeweise Entlassene oder Verurteilte mit aufgeschobenem Strafvollzug). Ende 2000 waren 5400 Personen in dieser Art den Bewährungshilfestellen unterstellt. Im selben Jahr wurden gut 2000 Personen neu unterstellt; für 2000 Personen wurde die Aufsicht abgschlossen. Die mittlere Unterstellungsdauer liegt bei etwas über 2 Jahren.
Mit dem Ziel der Minderung des Rückfallrisikos werden Bewährungshilfestellen zunehmend bereits in der Untersuchungshaft oder in den Strafanstalten tätig, wobei die Betreuung hier anders als bei der Entlassenenhilfe freiwilligen Charakter hat. Im Jahre 2000 wurden insgesamt 4800 Personen im Freiheitsentzug betreut.
0,2% der erwachsenen Wohnbevölkerung unter Justizaufsicht an einem Stichtag
Nimmt man die Insassen der Anstalten (5160), die Personen im alternativen Strafvollzug (500) und die-jenigen, welche den Bewährungshilfestellen (5400) unterstellt sind, zusammen, so kommt man Anfang des Jahres 2001 auf einen Gesamtbestand von rund 11000 unter Justizaufsicht stehenden Personen. Das sind 0,15% der gesamten Wohnbevölkerung oder 0,2% der erwachsenen Bevölkerung.
Kontakt:
Dr. Daniel Fink, BFS, Abteilung Gesellschaft und Bildung,
Sektion Rechtspflege
Tel. +41 32 713 62 94, +41 32 713 67 99
Neuerscheinung:
Freiheitsentzug und Untersuchungshaft, Bestände an einem
Stichtag, 1991-2001, BFS aktuell, Neuchâtel, Juni 2001
Die Bewährungshilfe in der Schweiz 2000. Die ersten
gesamtschweizerischen Ergebnisse. BFS aktuell, Neuchâtel,
Oktober 2001