BFS: Gestiegene Nachfrage nach Opferhilfeberatungen
Neuchâtel (ots)
Im Jahre 2001 wurden von 65 anerkannten Opferhilfeberatungsstellen rund 21'000 Beratun-gen nach dem Opferhilfegesetz durchgeführt, was einer Zunahme gegenüber dem Vorjahr rund um einem Viertel entspricht; in den Jahren zuvor hatte sich die Anzahl der Beratungs- fälle jährlich um jeweils über 10% erhöht. Dabei sind die betreuten Personen nach wie vor häufig Opfer von Gewalt im familiären Umfeld. Dies geht aus den neuen Ergebnissen der vom Bundesamt für Statistik (BFS) geführten Opferhilfestatistik hervor.
Am häufigsten nehmen die Opfer selbst Kontakt mit den Opferhilfeberatungsstellen auf (in 45% der Fälle); Fachpersonen stellen am zweithäufigsten den Kontakt zu einer Beratungsstelle her (23%). Polizei und Justiz spielen 2001 bei der ersten Kontaktaufnahme mit einem Anteil von 17% eine grössere Rolle als 2000 (14%); die Zunahme der Beratungsfälle ist zum Teil auf diese häufigere Einbeziehung der Opferhilfeberatung durch Polizei und Justiz zurückzuführen.
Die Opferhilfe erreicht einen Gewaltbereich, der Polizei und Justiz nur selten bekannt ist und bei dem überwiegend Frauen und Kinder die Opfer sind. So wurde nur bei knapp 40% aller Beratungs-fälle ein Strafverfahren eröffnet. Im Zusammenhang mit Tötungsdelikten oder ver-suchten Tötungen gibt es am häufigsten auch ein Strafverfahren (79% dieser Beratungsfälle), wäh-rend bei den Verletzungen der sexuellen Integrität von Kindern selten ein Strafverfahren eröffnet wurde (35%).
Beraten werden die Opfer selbst sowie auch ihre Angehörigen. Anlass für eine Beratung waren mit 36% am häufigsten Verletzungen der sexuellen Integrität, wobei mehr als die Hälfte davon die sexuelle Integrität von Kindern betrafen; Körperverletzungsopfer stellen mit 34% die zweitgrösste Gruppe dar. Der Anteil von Strassenverkehrsopfern (8%) sowie Opfern im Zusammenhang mit Tötungsdelikten (3%) ist dagegen gering. Knapp drei Viertel der Opfer sind weiblich und die Hälfte aller Beratenen ist unter 30 Jahre alt.
Art und Dauer der Leistungen der Beratungsstellen sind je nach den Bedürfnissen der Opfer unterschiedlich: Am häufigsten erbringen oder vermitteln die Beratungsstellen psychologische, soziale und juristische Hilfeleistun-gen (eigene Beratungen oder Vermittlung an eine Fachstelle). Daneben ist die Vermittlung von Not-unterkünften und finanziellen Leistungen auch von gewisser Bedeutung.
In den Kantonen wird die Opferhilfe-beratung unter-schiedlich häufig genutzt: Werden gesamt-schweize-risch durchschnittlich 295 Beratungen pro 100'000 Einwohner durch-geführt, liegen die Kantone Zürich, Luzern, Bern und beide Basel erheblich über dem Durchschnitt.
Entschädigung und Genugtuung nach dem Opferhilfegesetz
Bei den 986 Gesuchen auf finanzielle Entschädigung und Genugtuung handelt es sich häufig um Opfer von Körperverletzungen (32%); 28% der Gesuchstellenden sind Opfer von Sexualdelik-ten und 25% sind von einem Tötungs-versuch oder als Angehörige eines Tötungsopfers betroffen. Gewalt-fälle im familiären Rahmen kommen bei den Gesuchen mit 34% weniger häufig vor als bei den Beratungen (49%), und bei den Gesuchsstellenden ist der Anteil der männlichen Opfer mit 35% grösser als bei den Beratungen (26%).
Mit einem Gesamtbetrag von 1,6 Millionen Franken wurde in 178 Fällen auf Entschädigung erkannt, wobei die Hälfte der Leistungen unter 2'800 Franken und 90% unter 15'000 Franken liegen.
Angesichts der insgesamt geringen Fallzahlen bestimmen einzelne Ereignisse - im Jahr 2001 war es das Attentat auf den Zuger Kantonsrat - wesentlich das Gesamtbild der Genugtuungsleistungen. So ist die Zahl der Fälle im Vergleich mit 2000 um 17% auf 658 angestiegen, und die Gesamtsumme der Genugtuungen liegt mit knapp 8 Millionen Franken um eine Million über dem letztjährigen Betrag. Gleichzeitig sind jedoch die durchschnittlichen Beträge der einzelnen Leistungen gesunken: die Hälfte aller bewilligten Leistungen liegt unter 6'000 Franken (im Vorjahr 8'000 Franken).
BUNDESAMT FÜR STATISTIK
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24.10.02