Barockes Wohnhaus in Schaan abgebrochen
Vaduz (ots)
Vor wenigen Wochen wurde in Schaan das Gebäudeensemble an der Feldkircherstrasse 17 abgebrochen. Bereits im Jahr 1992 verfasste Peter Albertin ein baugeschichtliches Gutachten, das einen Einblick in die Geschichte der Liegenschaft gibt. Das Haus Nr.17 lag im Quartier "Specki". Die Anlage bestand aus einem Wohnhaus, einer angebauten Doppelstallscheune mit Tenne und einer Remise.
Das Wohnhaus zeigte sich in Architektur, Raumstruktur und Innenausbau in einheitlicher, spätbarocker Formensprache. Die Stilmerkmale deuteten auf eine Erbauung in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts hin. Ein im Dachgeschoss verbauter Balken mit Verrussungen lässt einen älteren, vielleicht abgebrochenen Vorgängerbau vermuten. Die Hofstätte war seit der Eröffnung des Grundbuchs im Jahre 1809 bis in die neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts ununterbrochen im Besitz der Familie Hilti. Der Grundbuchplan aus der Zeit vor dem "Specki-Brand" im Jahre 1874 zeigt den bis vor kurzen erhaltenen Gebäude-Bestand. Die Bauten scheinen den nahen Dorfbrand unbeschadet überstanden zu haben.
Das Wohnhaus besass für hiesige Bauernhäuser eine überdurchschnittlich hohe Qualität bezüglich Architektur und Innenausbau. Das Haus liess sich in seiner Ausprägung mit städtischen Bürgerhäusern vergleichen. Dies weist auf einen sozial gehobeneren Stand des Erbauers hin. Vielleicht hatte der Besitzer Anteil am stark zunehmenden Rodverkehr (Handelsverkehr) des 18. Jahrhunderts. Laut Flurnamenkarte der Gemeinde Schaan lag das Objekt in der Flur "bir Zoschg". Hier wurde in einer sogenannten Zuschg, einem geräumigen Gebäude, bis ins 19. Jahrhundert im Rodverkehr Handelsware umgeladen und zwischengelagert. Auch Schaan war nebst Feldkirch, Balzers und Maienfeld ein solcher Etappenort.
Der zweigeschossige Bau bestand aus Bruch- und Rüfesteinmauerwerk mit einer Stärke von 60 bis 90 cm. Die Raumstruktur entsprach der hierzulande typischen Raumordnung mit Gang, Küche, Stube und Nebenstube. Im Gang und in der Küche waren die Decken mit einem Tonnengewölbe ausgestattet. In den übrigen Zimmern fanden sich Gipsdecken mit umlaufenden Profilen. Der Dachstuhl war in der ortsüblichen Bauweise errichtet und stammte noch aus der Erbauungszeit des Hauses.
Im 19. Jahrhundert erfolgte der Umbau der Herdanlage und Anfang des 20. Jahrhunderts der Einbau eines Kachelofens. Weitere Erneuerungen an den Fenster- und Türflügeln und an den sanitären Einrichtungen fanden in den 1950er Jahren statt. An den Fassaden hatten die unsachgemässen Sanierungsmassnahmen der 1950er Jahre und fehlender Unterhalt während der letzten Jahre Spuren hinterlassen. Dennoch befand sich das Wohnhaus statisch und baulich in gutem Zustand. Eine Modernisierung unter Achtung der vorgegebenen historischen Baustrukturen und Ausbauelemente wäre aus denkmalpflegerischer Sicht durchaus möglich gewesen. Aufgrund wirtschaflicher Ueberlegungen wurde das Gebäude jedoch abgebrochen.
Die westlich an das Wohnhaus angebaute Stallscheune wurde vermutlich in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts errichtet. Es konnte nachgewiesen werden, dass an gleicher Stelle bereits früher eine kleinere Scheune stand. Gegen Ende des 19 Jahrhunderts erfolgte der Einbau eines zweiten Stalles und die gemeinsame Nutzung durch zwei Eigentümer. Die Stallscheune befand sich in einem schlechten baulichen Zustand. Sie hätte im Zuge einer Renovation durch Neubauten ersetzt werden können.
Während der Abbrucharbeiten wurde südlich des Wohnhauses ein zur Zeit noch nicht genau datierbarer Sodbrunnen entdeckt. Der zwei Meter tief erhaltene, trocken gemauerte Brunnenschacht wurde durch Fachkräfte der Archäologie dokumentiert. Er muss im Rahmen der Bautätigkeiten einer Tiefgarage weichen. Der Brunnen stellt ein weiteres wichtiges Detail zur Geschichte der Wasserversorgung Schaans während der letzten Jahrhunderte dar.
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