Parlamentarische Versammlung des Europarats - Aussenminister Ernst Walch berichtet im Namen des Ministerkomitees
Vaduz (ots)
Auf der diesjährigen Herbstsitzung der Parlamentarischen Versammlung des Europarats vom 24. - 28. September trat Liechtenstein gleich zweimal besonders in Erscheinung. Nachdem am Montag - wie bereits berichtet - Landtagspräsident Klaus Wanger sich in einer Ansprache an die Abgeordneten aus den Parlamenten der 43 Mitgliedsstaaten wenden durfte, kam am Donnerstag Aussenminister Ernst Walch in seiner Eigenschaft als derzeitiger Vorsitzender des Ministerkomitees des Europarats zu Wort. Seine Aufgabe war es, der Versammlung über die Tätigkeit des Ministerkomitees seit der Juni-Sitzung zu berichten. Aus Anlass des zu Ende gehenden Europäischen Jahres der Sprachen gliederte Walch seine Rede in drei Teile, einen englischen, einen französischen und einen deutschen.. Zu Beginn seiner Ausführungen sprach er sein tief empfundenes Mitgefühl für die Opfer des am gleichen Tage erfolgten Attentats im Kantonsparlament von Zug aus, für welche die Versammlung zuvor schon eine Schweigeminute eingelegt hatte. Der erste Hauptteil seiner Ansprache war aus Anlass der Terroranschläge gegen die USA dem Kampf gegen den internationalen Terrorismus gewidmet, der bereits am Vortag in einer Dringlichkeitsdebatte der Versammlung zur Sprache gekommen war. Aussenminister Ernst Walch betonte die Entschlossenheit des Ministerkomitees, die internationale Zusammenarbeit gegen den Terrorismus zu verstärken, zumal dieser gerade jene Werte bedrohe, für die der Europarat stehe. Dem Europarat komme hierbei auf Grund seiner langjährigen Erfahrung bei der Ausarbeitung internationaler Übereinkommen eine besondere Rolle zu. Das Ministerkomitee habe alle Mitgliedsstaaten aufgefordert, die vorhandenen Übereinkommen zur Bekämpfung des Terrorismus konsequent anzuwenden und weiterzuentwickeln. In diesem Zusammenhang verwies Walch auf ein Mitte September organisiertes und vom liechtensteinischen Vorsitz angeregtes Expertentreffen über die Umsetzung des Statuts des geplanten internationalen Strafgerichtshofs, das den Ratifizierungsprozess in den Europaratsländern vorantreiben sollte, damit auch im internationalen Strafrecht die Zusammenarbeit noch enger werde. Ernst Walch plädierte auch dafür, dem Europarat die Mittel zu geben, die Ursachen des Terrorismus zu untersuchen und Abhilfen aufzuzeigen. Auch müsse vermieden werden, dass es zu unüberlegten Gegenreaktionen gegen muslimische Mitbürger komme. Das Thema werde auch einer der Schwerpunkte auf der Tagesordnung der nächsten Aussenministersitzung des Europarats am 8. November sein. Als Nächstes ging Aussenminister Walch auf die Lage in verschiedenen Gebieten Europas ein, die dem Europarat Anlass zur Sorge geben: Für Mazedonien wurde in Abstimmung mit der OSZE ein Massnahmenpaket zur Umsetzung des Rahmenabkommens vom 13. August erarbeitet. Der Europarat wurde gebeten, einen Vorsitzenden für die Arbeitsgruppe zur Gesetzesreform zu benennen. Das jüngst in Bosnien-Herzegowina verabschiedete neue Wahlgesetz wurde vom Ministerkomitee als wichtiger Schritt im Hinblick auf den Beitritt zum Europarat erachtet. Der Bundesrepublik Jugoslawien soll auch weiterhin auf ihrem Weg in den Europarat mit dem Kooperationsprogramm für demokratische Reformen geholfen werden. Für den liechtensteinischen Vorsitz ist dabei der Minderheitenschutz besonders wichtig, weshalb Botschafter Dr. Wolf im Juli in Belgrad an einer regionalen Konferenz über die Lage der Minderheiten in Südosteuropa teilgenommen hat. Die Lage in Tschetschenien wird regelmässig diskutiert und nach wie vor trotz kleinerer Fortschritte als unbefriedigend eingestuft (was sich auch bei der anschliessenden Tschetscheniendebatte der Versammlung zeigte). Das Mandat der drei Europaratsexperten für Tschetschenien soll bis Jahresende verlängert werden. Das Ministerkomitee begrüsst den Versuch der Versammlung, zusammen mit Vertretern der russischen Staatsduma Anregungen für eine politische Lösung des Konflikts zu geben. Das Ministerkomitee verfolgt mit Interesse die Diskussion der Versammlung über die Einhaltung der beim Beitritt zum Europarat übernommenen Verpflichtungen Georgiens und der Ukraine und wird mit der Versammlung zusammenarbeiten, um eine Annäherung zwischen Weissrussland und dem Europarat zu erreichen. Ein konstruktiver Dialog innerhalb der weissrussischen Gesellschaft und zwischen den Behörden und der internationalen Gemeinschaft ist nötig. An Schwerpunkten des Programms des liechtensteinischen Vorsitzes im Europarat erwähnte Ernst. Walch die Arbeit des Gerichtshofs für Menschenrechte und das Bemühen um weltweite Abschaffung der Todesstrafe. Der Arbeitsüberlastung des Gerichtshofs müsse abgeholfen werden und seine Urteile müssten rascher umgesetzt werden, damit die Beschwerdeflut geringer werde. Renate Wohlwend, die Leiterin der liechtensteinischen Delegation in der Versammlung, bemühe sich im Sinne des Ministerkomitees darum, dass alle Mitgliedsstaaten die Todesstrafe auch de jure abschaffen und Staaten mit Beobachterstatus wie z.B. die USA ernsthaft die Abschaffung der Todesstrafe planen. Ernst Walch betonte abschliessend, dass die Glaubwürdigkeit und Sichtbarkeit der Arbeit des Europarats nicht zuletzt auch von einer noch engeren Zusammenarbeit mit der EU, der OSZE und den Vereinten Nationen abhänge. Nachdem sich z.B. Europaratsbeamte mit OSZE-Beamten in Strassburg getroffen hätten, sei für den 30. Oktober in Vaduz ein OSZE-Europarats-Treffen auf politischer Ebene geplant. Gerade für den Erfolg der kommenden Wahlen im Kosovo sei diese Zusammenarbeit wichtig. Auch wenn Liechtensteins Vorsitz am 8. November ende, werde die Kontinuität des Programms gewahrt, denn darüber hätten sich die vier einander im Vorsitz folgenden sog. L-Länder (Lettland, Liechtenstein, Litauen und Luxemburg) geeinigt. Im Anschluss an seine Rede beantworte Dr. Walch Fragen der Abgeordneten. Diese bezogen sich auf folgende Themen: Heftige Gegenreaktionen in der deutschen Presse auf einen Bericht der Europarats-Kommission gegen Rassismus und Intoleranz zur Lage in Deutschland; die ablehnende Haltung des Ministerkomitees gegenüber den kürzlichen Wahlen zur örtlichen Selbstverwaltung in dem zwischen Armenien und Aserbaidschan umstrittenen Berg Karabach; die mangelhafte Bereitschaft der Türkei, die zulässige Höchstdauer des Polizeigewahrsams (derzeit sieben Tage) herabzusetzen, wie es der Gerichtshof für Menschenrechte in mehreren Urteilen gefordert habe; die geringe Wahlbeteiligung bei den jüngsten Wahlen in Polen; Möglichkeiten, das Bankgeheimnis beim Kampf gegen den Terrorismus einzuschränken. In seiner Antwort auf diese Fragen erklärte Ernst Walch sinngemäss Folgendes: Das Ministerkomitee sieht den Kampf gegen Rassismus, Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus nach wie vor als Schwerpunkt an. Zwar muss die Pressefreiheit respektiert werden, doch müssen unrichtige Informationen in der Presse berichtigt werden. Die Kommission gegen Rassismus und Intoleranz untersucht alle Länder, nicht nur Deutschland. Die Türkei hat in der Tat lange nichts unternommen, um dem Urteil Folge zu leisten, doch ist nunmehr eine gewisse Bereitschaft dazu zu erkennen. Eine entsprechende Gesetzesvorlage wurde dem Parlament unterbreitet. Geringe Wahlbeteiligung gibt stets Anlass zur Sorge, Das Arbeitsprogramm des Europarats für 2002 enthält einen Titel «Demokratische Einrichtungen zum Funktionieren bringen: Wahlen», bei dessen Durchführung Vertreter aller Fachrichtungen mitwirken sollen. Die Finanzquellen des internationalen Terrorismus müssen mit Hilfe engerer internationaler Zusammenarbeit ausgetrocknet werden. Dazu wurden diverse Abkommen im Rahmen der Vereinten Nationen erarbeitet, das jüngste Übereinkommen dieser Art wird in der kommenden Woche in New York vom Vertreter Liechtensteins unterzeichnet werden. Bei Verdacht krimineller Herkunft können Gelder konfisziert und Konten gesperrt werden. Auch in Liechtenstein können Terroristen sich nicht auf das Bankgeheimnis berufen; den Banken wurden besonders strenge Sorgfaltspflichten auferlegt. Die Wirtschaftspolizei bemüht sich, verdächtige Geldbewegungen aufzuspüren. Die Behörden leisten Rechtshilfe.
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