Liechtensteinische Kommission an der Arbeit - Forschungsaufträge zur NS-Zeit
Vaduz (ots)
Die international zusammengesetzte «Unabhängige Historikerkommission Liechtenstein Zweiter Weltkrieg» hat Ende November in Zürich getagt. Sie hat nun eine Reihe von Forschern und Forscherinnen beauftragt. Diese nehmen ihre Arbeit in den Archiven auf. In zwei Jahren, Ende 2003, soll der Schlussbericht vorliegen. Die Vorarbeiten und Erfahrungen der Bergier-Kommission sowie von Historikerkommissionen anderer Länder, etwa Österreichs, werden genutzt.
Die international zusammengesetzte liechtensteinische Kommission, der als Präsident Peter Geiger, als Vizepräsident Arthur Brunhart (beide Liechtenstein) sowie als weitere Mitglieder David Bankier (Jerusalem), Dan Michman (Ramat-Gan), Carlo Moos (Zürich) und Erika Weinzierl (Wien) angehören, hat eine zweitägige Vollsitzung durchgeführt, diesmal an der Universität Zürich, an der Prof. Moos lehrt. Die liechtensteinische Kommission hat aus dem Kreis der schweizerischen Bergier-Kommission, welche die Arbeit in diesen Wochen abschliesst, einige spezialisierte Forscher und Forscherinnen verpflichten können, nach Vorbereitung und persönlicher Vorstellung anlässlich der Sitzung in Zürich, ebenso einen Forscher in den USA. Zu einer Aussprache in der Sitzung der Kommission und für den Abend ist Prof. Jean-François Bergier, der Präsident der schweizerischen Unabhängigen Expertenkommission, der Einladung des Präsidenten der liechtensteinischen Kommission gefolgt. Diese hat die Erfahrungen von Prof. Bergier ebenso aufmerksam wie dankbar entgegengenommen. Der Rektor der Universität Zürich, Prof. Hans Weder, seines Zeichens Theologe, hat die liechtensteinische Kommission empfangen; aus seiner Begrüssung hat sich alsbald eine Ethikdiskussion um historische Wahrheit, Schuld und Vergangenheitsbewältigung ergeben.
Die von der liechtensteinischen Kommission beauftragten Forscher, die teils sogleich, teils in den nächsten Monaten eintreten, werden nun Quellenbestände in in- und ausländischen, öffentlichen und privaten Archiven durcharbeiten, auch in Übersee. Drei Untersuchungsfelder stehen im Zentrum. Ein erstes beschlägt die Frage, ob und inwieweit infolge der NS-Herrschaft Vermögensverschiebungen nach oder über Liechtenstein erfolgten, sei es als Raubgut, Tätervermögen, Nutzniesservermögen oder aber als gerettetes Fluchtvermögen Verfolgter. Ein zweites Feld ist die Flüchtlingspolitik mit den Fragen, ob in der Zeit, da Hitlerdeutschland in Vorarlberg an Liechtenstein grenzte, Verfolgte zurückgewiesen wurden, ebenso ob und wie Flüchtlinge in und über Liechtenstein gerettet wurden. Ein drittes Feld betrifft die von liechtensteinischen Firmen betriebene Produktion von Kriegs- oder kriegswichtigen Gütern für Deutschland. Die uneingeschränkte Einsicht in liechtensteinische Privatarchive wird durch ein vom Landtag im Oktober 2001 eigens für die Arbeit der Historikerkommission verabschiedetes Gesetz, welches in Kürze in Kraft treten soll, gewährleistet. Das Gesetz wurde im Landtag mit 24 zu 1 Stimmen beschlossen.
Damit ist die Arbeit der «Unabhängigen Historikerkommission Liechtenstein Zweiter Weltkrieg» von der Vorbereitungs- und Konzeptphase in die operative Forschungsphase getreten. Dass die historische Untersuchung unabhängig, wissenschaftlich und vorurteilslos geleistet wird, dafür hat die Historikerkommission zu sorgen und daran ist Liechtenstein selber mit allen betroffenen Kreisen am meisten interessiert.
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