Nach dem Hochwasser: Liechtenstein übergibt 340'000 Franken für Wiederaufbauprojekte in Tschechien
(ots)
Vaduz, 27. Januar (pafl) -
Am Donnerstag, 16. Januar, überreichte die liechtensteinische Botschafterin in Wien dem tschechischen Kulturminister Pavel Dostal einen Scheck über 340'000 Franken. Dieses Geld wird für die Instandsetzung von bedeutenden Kulturgütern in Prag sowie für die Wiederherstellung von Brückenstegen in einer kleinen tschechischen Gemeinde verwendet, welche durch das Hochwasser vom letzten Sommer zerstört worden waren.
Als im August 2002 eines der schlimmsten Hochwasser der letzten Jahre Teile von Österreich, Deutschland, der Tschechischen und der Slowakischen Republik überraschte, beschloss die Regierung, den vier Ländern insgesamt eine Million Franken für den Wiederaufbau zur Verfügung zu stellen. Unmittelbar nach der Katastrophe hatte Liechtenstein in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe (SKH) für 50'000 Franken Entfeuchtungsgeräte nach Tschechien entsandt. Mit dem Austrocknen wurde jedoch erst die Voraussetzung für die Beseitigung der Hochwasserschäden und den Wiederaufbau geschaffen. Die 340'000 Franken, die am Donnerstag in Prag übergeben werden konnten, sind für die Schadensbehebung und den Wiederaufbau ausgewählter Objekte bestimmt.
190'000 Franken für das Agneskloster und die Schlossbibliotheken in Prag
Die Tschechische Republik, insbesondere die Region um Prag, verfügt über wertvolle Kulturgüter, die durch das Hochwasser grossen Schaden genommen haben. Die Regierung entschied deshalb, 150'000 für die Restaurierung von wertvollen Büchern und Drucken des Nationalmuseums in Theresienstadt sowie 40'000 Franken für die Wiederherstellung des Blindenganges der Nationalgalerie im bekannten Agnes-Kloster zur Verfügung zu stellen.
Das Nationalmuseum in Theresienstadt beherbergte den Fundus der "Schlossbibliotheken", einer Büchersammlung aus einem Zeitraum zwischen der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, darunter sehr wertvolle Paleodrucke aus dem 16. Jahrhundert sowie Bücher aus dem 17. und 18. Jahrhundert mit Stichen von grossem künstlerischem Wert oder mit Handschriften und handgezeichneten Plänen. Das Hochwasser hat die Lagerräume des Nationalmuseums, in dem die Schlossbibliotheken untergebracht waren und die Bücher schwer beschädigt. Liechtenstein finanziert mit seinem Beitrag die Restauration der 50 wertvollsten Drucke und die Instandsetzung des Lagerraumes.
Das Agneskloster gehört zu den historisch bedeutsamsten Bauwerken Prags und wurde zum nationalen Kulturdenkmal erklärt. Das ehemalige Kloster ist Eigentum der Nationalgalerie und beherbergt eine Sammlung mittelalterlicher Kunst in Böhmen und in Mitteleuropa. Ein Teil der Ausstellung wurde speziell für Blinde gestaltet. Der Blindengang oder "haptische Weg" ermöglicht es auch blinden Besuchern, sich mit den Höhepunkten der tschechisch-gotischen Kunst vertraut zu machen. Das Hochwasser hat die Räume des Blindenganges vollständig geflutet. Die Exponate konnten zwar evakuiert werden, der Blindengang muss jedoch vollständig renoviert werden.
150'000 für Brückenstege einer kleinen Gemeinde in Südböhmen
Zusammen mit der Gemeinde Eschen finanziert die liechtensteinische Regierung den Wiederaufbau von Brückenstegen in der südböhmischen Gemeinde Doudleby. Die Gemeinde hat 330 Einwohner, die in den zwei Weilern Doudleby und Stranany leben. Der Fluss Malse umfliesst die Gemeinde und trennt die beiden Weiler. Die grossen Niederschäge im August liessen die Malse um 8 Meter ansteigen und über die Ufer treten. Die Bewohner mussten evakuiert werden, und das Wasser beschädigte Häuser und die Infrastruktur der Gemeinde, insbesondere die Brücke und mehrere Brückenstege, welche die beiden Weiler verbinden. Bis die Brücke renoviert werden kann, sind die Bewohnerinnen und Bewohner von Doudleby auf die wenigen Brückenstege angewiesen, um vom einen Dorfteil in den anderen zu gelangen. Die Wiederherstellung der Brückenstege für die Gemeinde ist deshalb von besonderer Wichtigkeit.
Augenschein vor Ort
Anlässlich der Scheckübergabe besuchte die liechtensteinische Botschafterin in Wien, Maria-Pia Kothbauer, die tschechische Nationalgalerie und das Nationalmuseum und nahm unter der Führung der Direktoren der beiden kulturellen Einrichtungen persönlich Augenschein von den Schäden. In seinen Dankesworten zeigte sich Kulturminister Pavel Dostal beeindruckt von der grosszügigen Unterstützung Liechtensteins, die auch in der örtlichen Medienberichterstattung ihren Niederschlag finden wird. Am gemeinsamen Mittagessen berichtete der ebenfalls anwesende Bürgermeister der Gemeinde Doudleby von den Fortschritten in der Brückensanierung, die im September abgeschlossen und mit einer Feier unter der Teilnahme des Eschner Gemeindevorstehers eingeweiht werden soll.
Grosse Solidarität der liechtensteinischen Bevölkerung mit Tschechien
Neben der Unterstützung durch die Regierung hat auch die liechtensteinische Bevölkerung grosse Solidarität gezeigt mit den Hochwasseropfern in der Tschechischen Republik. Die gemeinsame Spendenaktion des Roten Kreuzes, der Caritas Liechtenstein und des Hilfswerks Liechtenstein für die Hochwassergeschädigten in Osteuropa brachte insgesamt 435'000 Franken ein, die von der Regierung auf 635'000 Franken erhöht wurden. Rund die Hälfte dieses Betrags wird von den drei liechtensteinischen Hilfsorganisationen für besonders notdürftige Einzelpersonen in der Tschechischen Republik verwendet.
In Erinnerung an die Rheinnot in Liechtenstein vor 75 Jahren präsentierte die Projektgruppe Rheinnot einen Dokumentarfilm über dieses Ereignis und sammelte für die Hochwasseropfer in der Tschechischen Republik. Insgesamt kamen mit dem Eintrittsgeld und weiteren Spenden der liechtensteinischen Bevölkerung 15'000 Franken zusammen, die von der Regierung verdoppelt worden sind. Vor wenigen Wochen reiste die Projektgruppe nach Tschechien und konnte das Geld einer tschechischen Schule übergeben.
Die liechtensteinische Regierung dankt an dieser Stelle allen Mitwirkenden aus Liechtenstein für ihren selbstlosen Einsatz und ihre grossartige Unterstützung.
Kontakt:
Amt für Auswärtige Angelegenheiten
Alicia Längle
Tel.: +423/236 60 53