pafl: Totalrevision der Personenverkehrsverordnung
(ots)Vaduz, 1. Dezember (pafl) Die Regierung hat in ihrer Sitzung vom 30. November die Revision der Personenverkehrsverordnung (PVO) beschlossen. Die erforderlichen Änderungen in inhaltlicher und systematischer Hinsicht haben eine Totalrevision der Verordnung notwendig werden lassen. Die neue Personenverkehrsverordnung wird am 1. Januar 2005 in Kraft treten.
Gründe für die Revision
Die Notwendigkeit einer Revision der bestehenden Bestimmungen hat sich aus folgenden Gründen ergeben: Abschluss der Personenverkehrsverhandlungen zwischen der Schweiz und Liechtenstein; Vollständige Umsetzung des EWR-Acquis und bisherige Erfahrungen mit der PVO in Liechtenstein.
Schwerpunkte der Revision
Ab 1. Januar 2005 werden schweizerische Staatsangehörige in ausländerrechtlichen Belangen den EWR-Staatsangehörigen im Wesentlichen gleichgestellt. Dies betrifft den Zuzug von schweizerischen Staatsangehörigen nach Liechtenstein, sowie die Rechte der bereits hier lebenden schweizerischen Staatsangehörigen. Eine formale Ausnahme für schweizerische Staatsangehörige gegenüber den EWR-Staatsangehörigen besteht darin, dass für deren Zuzug keine Verlosung von Aufenthaltsbewilligungen vorgesehen ist, vielmehr liegt die Vergabekompetenz allein bei der Regierung. Während die Anzahl der nach Liechtenstein zuzugsberechtigten schweizerischen Staatsangehörigen begrenzt bleibt, geniessen liechtensteinische Staatsangehörige in der Schweiz künftig die volle Freizügigkeit, d.h. sie können sich ohne Beschränkung in der Schweiz niederlassen. Ferner haben sie dort dieselben Rechte wie EU-Staatsangehörige, umgekehrt kommen schweizerischen Staatsangehörigen in Liechtenstein dieselben Rechte wie den EWR-Staatsangehörigen in Liechtenstein zu. Dazu gehören das Recht des Familiennachzugs, das Recht des Verbleibs in Liechtenstein, die Möglichkeit des Nachzugs eines Lebenspartners und das Recht zur Erbringung von Dienstleistungen in Liechtenstein.
Neu kann ein EWR- oder schweizerischer Staatsangehöriger eine Aufenthaltsbewilligung auch bei einer Teilzeitanstellung von mindestens 80 Prozent erhalten. Damit wird von der Regierung dem ausgesprochenen Bedürfnis nach Teilzeitarbeit Rechnung getragen und Abstand von der bisherigen 100 Prozent-Regelung genommen. Die Regierung entscheidet wie bisher nach freiem Ermessen unter Berücksichtigung der Wettbewerbsneutralität. Wegen des anhaltenden und grossen Zuwanderungsdrucks diese Tatsache spricht für die Attraktivität des Standorts Liechtenstein wird nun ausdrücklich festgehalten, dass eine Aufenthaltsbewilligung nur erteilt werden kann, wenn die Grenzgängertätigkeit nicht möglich oder nicht zumutbar ist.
Auch bei den Kurzaufenthaltsbewilligungen sind Teilzeitanstellungen von mindestens 50 Prozent aus derselben Überlegung möglich. Kurzaufenthaltsbewilligungen können längstens für die Dauer eines Jahres erteilt werden und um die nächste Kurzaufenthaltsbewilligung kann frühestens 7 Monate nach der Abmeldung und der Ausreise erteilt werden. Mit der wesentlich kürzeren Wartefrist ist sogar ein jährlicher Arbeitseinsatz möglich. Dies kommt dem Bedürfnis der Wirtschaft, Spitzenzeiten mit Kurzaufenthaltern überbrücken zu können, entgegen. Allerdings können jeweils höchstens 300 Kurzaufenthaltsbewilligungen in Anspruch genommen werden.
Staatsangehörige aus Drittländern also Personen, die weder EWR- noch Schweizer Staatsangehörige sind können neu sofort ihre Familienangehörigen nachziehen lassen, wenn sie eine Aufenthaltsbewilligung zur Erwerbstätigkeit erhalten. Aus Sicht der Regierung ist damit die Gefahr gebannt, dass in der Wirtschaft benötigte, im EWR und der Schweiz nicht rekrutierbare Geschäftsführer, Spezialisten und leitende Angestellte nicht nach Liechtenstein kommen, da Familienangehörigen der Nachzug bislang erst nach einer Frist von 4 Jahren ermöglicht wurde. Weiterhin ausgeschlossen bleibt ein sofortiger Familiennachzug für solche Drittstaatsangehörige, die selbst im Rahmen des Familiennachzugs einen Aufenthaltstitel in unserem Land erhalten haben. Sie müssen nach wie vor mindestens 4 Jahre mit einer Aufenthaltsbewilligung in Liechtenstein sein, um vom Recht auf Familiennachzug Gebrauch machen zu können.
Drittstaatsangehörige können den Ehegatten sowie die gemeinsamen ledigen Kinder unter 18 Jahren nachziehen. Voraussetzung für einen Familiennachzug ist allerdings ein gefestigtes, dauerhaftes und für den Gesuchsteller sowie die Familienangehörigen existenzsicherndes Anstellungsverhältnis oder genügende finanzielle Mittel für den persönlichen Lebensunterhalt und denjenigen der Familie, sodass keine Sozialhilfe in Anspruch genommen werden muss. Um eine rasche Integration zu ermöglichen, muss künftig eine Familiennachzug innerhalb von zwei Jahren nach Ablauf der vierjährigen Frist geltend gemacht werden.
Die bisherigen Bestimmungen über die Umwandlungsmöglichkeit einer Saisonbewilligung in eine Aufenthaltsbewilligung werden teilweise gestrichen, da die Umwandlungsverpflichtungen aus dem EWRA spätestens Ende Mai 2005 erfüllt sind. Von den am Stichtag 1. Juni 2000 berechtigten 600 Saisoniers haben bis heute deren 310 die Möglichkeit genutzt, eine Aufenthaltsbewilligung zu erhalten.
Ein völliges Novum ist die Aufnahme von Rechtsvorschriften zur Integration. Wenngleich die betreffenden drei Artikel nur grundsätzliche Aussagen zur Integration enthalten, so ist doch der politische Wille der Regierung erkennbar. Auf der Basis dieser Bestimmungen gilt es die Rolle der öffentlichen Hand auszubauen und dem Willen zur Integration verstärkt Ausdruck zu verleihen. Indirekt wird den in Liechtenstein wohnhaften Ausländerinnen und Ausländern auch vermittelt, dass sie nicht nur als Arbeitskräfte, sondern mit ihrer ganzen Persönlichkeit in Liechtenstein gebraucht und geschätzt werden. Das in den neuen Vorschriften vorgegebene Ziel der Integration, nämlich die Förderung des Zusammenlebens der liechtensteinschen und ausländischen Wohnbevölkerung auf der Basis gemeinsamer Grundwerte und der rechtsstaatlichen Ordnung, ist zugleich Aufforderung an Alle in Liechtenstein, ihren Beitrag zu dieser gemeinsamen Aufgabe zu leisten.
Weitere Bestimmungen sollen die Verfahren zum Erhalt von Meldebestätigungen und Bewilligungen vereinfachen und beschleunigen oder den Markt zum Vorteil der Wirtschaft öffnen. Gesuche um Kurzaufenthaltsbewilligungen für EWR- und schweizerische Staatsangehörige sollen innerhalb von längstens zwei Wochen entschieden werden.
Schliesslich finden sich in der neuen PVO auch die Voraussetzungen zum Nachzug von Lebenspartnern. Die Regierung ermöglicht das Zusammenleben ohne Trauschein unter gewissen Voraussetzungen. Es besteht jedoch kein Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltsbewilligung. Mit der neuen Regelung ist die Regierung überzeugt, einerseits dem Bedürfnis nach einem Zusammenleben ohne formale Bindung entgegenzukommen, andererseits die Ehe durch liberale Bestimmungen nicht unnötig und zusätzlich zu schwächen.
Kontakt:
Ausländer- und Passamt
Hans Peter Walch
Tel.: +423/236 61 40