pafl: Das Ochsengespann - der "Dieseltruck" der Antike
(ots)
Vaduz, 14. Januar (pafl) -
Im Liechtensteinischen Landesmuseum in Vaduz ist noch bis Anfang Februar die Sonderausstellung "Über die Alpen - Menschen Wege Waren" zu sehen. Mitten in dieser Ausstellung präsentiert die Liechtensteinische Fachstelle für Archäologie Funde aus dem Fürstentum, darunter auch die römischen Jochbeschläge aus dem Gutshof in Nendeln.
Die Ausstellung gibt einen Einblick in die vielfältigen Verflechtungen mit den Nachbarregionen von der Jungsteinzeit bis ins Mittelalter und spiegelt die Verkehrslage unseres Gebietes während dieser Zeit wider. Sie zeigt im Original auch einige Liechtensteiner Funde, die sonst im Depot schlummern.
Unter anderem sind prächtige Bronzebeschläge eines Holzjochs zu bewundern. In der römischen Epoche waren Joche die typische Schirrung für Rinder und Ochsen. Diese waren der "Dieselmotor" der Antike: Traktor und Truck. Sie sind stark und ausdauernd, aber langsam. Ochs und Rind zogen mittels Joch mit Stirn und Nacken den Pflug und auch den Lastwagen. Die Bronzebeschläge stammen aus der römischen Villa von Nendeln. Diese lag oberhalb der wichtigen, das Land durchziehenden Strasse von Feldkirch zur St. Luzisteig. Durch Ausgrabungen ist das landwirtschaftliche Anwesen gut bekannt. Es bestand im 2. und 3. Jahrhundert n. Chr. und wurde im Laufe der Zeit mehrfach umgebaut.
Zum Bestand einer römischen Villa gehörten verschiedene Gefährte. Das plaustrum war der klassische Lastkarren der landwirtschaftlichen Betriebe. Es bestand häufig nur aus einer Ladefläche und einer Achse mit fest montierten Scheibenrädern. Das Joch konnte fest mit der Deichsel verbunden sein. Auf der Ladefläche war, je nach Bestimmungszweck, ein Riesenkorb oder ein Fass montiert. Für schwere Lasten gab es vierrädrige plaustra. M. Porcius Cato, einer unserer Gewährsmänner für antike Landwirtschaft, schreibt, dass man für eine Olivenplantage drei grosse plaustra brauche, für Weinberge hingegen nur zwei normale. Die Massstäbe Italiens sind auf unsere Region nicht übertragbar, zeigen aber, wie wohl organisiert römische Landgüter waren. Für extrem schwere, grosse Lasten, wie Baumaterialien oder Baumstämme, gab es den tiefer gelegten, schwerfälligeren Karren, das sarracum. Für Waren- und Ferntransporte wurde der carrus eingesetzt. Es handelte sich dabei um einen Leiterwagen mit Speichenrädern, ähnlich wie wir ihn bis ins letzte Jahrhundert hinein auch bei uns in der Landwirtschaft kannten. Sein geringes Gewicht sparte Energie und damit die Kraft der Tiere und Zeit. Auch er wurde mit Rindern und Ochsen bespannt, wurde aber auch von Eseln, Mauleseln und Pferden gezogen. Bilder zeigen den carrus mit Planen, Netzen und anderen Vorrichtungen zur Warensicherung versehen. Wie bei unseren Lastwagen gab es Spezialtransporter, so z. B. Fasswagen für den Wein und für den Ferntransport des Mineralwassers von Heilquellen.
Beschläge, wie sie in Nendeln gefunden worden sind, waren an einem Holzjoch montiert. Sie dienten der Befestigung des Jochs an der Deichsel, der Befestigung von Halsriemen und dem Durchzug der Zügel. Beschläge mit übereinander liegenden Durchzugsmöglichkeiten wie der schöne Delfinbeschlag dienten dem mehrspännigen Antrieb. Man konnte weitere Tiere vorspannen. Diese Riemen liefen höher, damit sie sich nicht mit denen des ersten Paares verhedderten. Ähnliche Beschläge wurden auch in anderen römischen Villen, z.B. in Seeb und Olten im Kanton Zürich gefunden. Die Nendler Beschläge mit den gezipfelten und mit Kugeln, Delfinen und Efeublättern verzierten Montagelaschen und Ringen glänzten einst golden. Das Zuggeschirr sollte Eindruck machen. Die Symbole der Zierteile sollten die Zugtiere vor Gefahr und dem bösen Blick schützen.