pafl: Urteil und Gutachten des EFTA-Gerichtshofs
(ots)Art. 25 Bankengesetz/§ 56 Abs. 2 ZPO
Der EFTA-Gerichtshof hat am 1. Juli 2005 über folgende Rechtssachen entschieden:
Rechtssache E-8/04 (Doppeltes Wohnsitzerfordernis in Art. 25 Bankengesetz)
Der EFTA-Gerichtshof hat in seinem Urteil aufgrund einer Klage der EFTA-Überwachungsbehörde (ESA) gegen Liechtenstein wegen Verletzung der Niederlassungsfreiheit des EWR-Abkommen gemäss Art. 31 EWRA entschieden, dass das in Art. 25 Bankengesetz normierte inländische Wohnsitzerfordernis für mindestens je ein Mitglied der Geschäftsführung und des Verwaltungsrats eine versteckte Diskriminierung darstellt und somit EWR-widrig ist. Der EFTA- Gerichtshof hat ausdrücklich anerkannt, dass der Schutz des guten Rufs des Finanzplatzes ein legitimes Interesse eines jeden Staates darstellt. Allerdings gäbe es weniger einschneidende Massnahmen als das inländische Wohnsitzerfordernis, um diesen Zweck zu erreichen. Die Regierung wird das Urteil des EFTA-Gerichtshofs nun analysieren und die notwendigen Schritte in die Wege leiten, wobei die Aufrechterhaltung der effektiven Kontrolle über den Finanzplatz gesichert sein muss.
Prozesskostengarantie gem. § 56 Abs. 2 ZPO
Die vom Liechtensteinischen Landgericht am 16. Dezember 2004 an den EFTA-Gerichtshof vorgelegte Frage, ob § 56 Abs. 2 ZPO mit dem EWR- Recht, insbesondere mit dem freien Dienstleistungsverkehr gem. Art. 36 EWRA und dem freien Kapitalverkehr gemäss Art. 40 EWRA vereinbar ist, wurde vom EFTA-Gerichtshof in seinem Gutachten vom 1. Juli 2005 wie folgt beurteilt: Der Gerichtshof stellte generell fest, dass die Funktionsfähigkeit der Zivilrechtspflege und die damit zusammenhängende Sicherung eines effektiven Zuganges zu den Gerichten einen unverzichtbaren Teil der EWR-Rechtsordnungen darstellt. Weiters wurde festgehalten, dass es ein legitimes Interesse eines jeden Staates ist, Vorschriften zu erlassen, mit Hilfe derer die wirkungsvolle Betreibung von Verfahrenskosten sichergestellt werden kann. Diese Vorschriften müssen sich aber am Verhältnismässigkeitsprinzip messen lassen, sodass der vollständige Ausschluss jeglicher Sicherheitsleistung für Prozesskosten aus anderen EWR-Staaten nicht verhältnismässig und somit EWR-widrig ist. Allerdings erkennt der EFTA-Gerichtshof an, dass entscheidend ist, ob Verfahrenskosten ohne zusätzliche Schwierigkeiten eingebracht werden können. Die Beantwortung dieser Frage überlässt er dem nationalen Gericht.
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