pafl: Demokratieerziehung an den Schulen in Europa: Neue Eurydice-Studie
(ots)
Vaduz, 22. September (pafl) -
In ganz Europa sind die Stärkung des sozialen Zusammenhalts und die Förderung der aktiveren Mitwirkung der Bürger am gesellschaftlichen und politischen Leben ein zentrales Anliegen der Regierungen und der Europäischen Union. Die Schule, als Ort der Sozialisierung und Ausbildung der künftigen Bürger, kann hier eine wichtige Rolle spielen. In diesem Sinne hat der Europarat das Jahr 2005 zum Europäischen Jahr der Demokratieerziehung erklärt.
"Verantwortungsbewusste Bürgerschaft": ein weit verbreitetes Konzept
Auch wenn der Begriff "verantwortungsbewusste Bürgerschaft" (im Englischen: "responsible citizenship") nicht überall explizit als solcher verwendet wird, ist dieses Konzept in der einen oder anderen Form in den amtlichen Texten zur Bildungspolitik in allen Ländern zu finden. Verstanden werden darunter in der Regel die Kenntnis und die Wahrnehmung der staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten. Demokratie, Achtung der Menschenrechte, Toleranz, Solidarität und Partizipation zählen zu den Werten, die systematisch mit diesem Konzept in Verbindung gebracht werden. In manchen Staaten schließt dies ebenfalls die Achtung der Umwelt mit ein.
Ähnliche Zielsetzungen, unterschiedliche Ansätze
Die Erziehung zur Demokratie gilt in der Regel als eines der Grundprinzipen der Bildung an sich. Wie die politische Bildung im Einzelnen in die Lehrpläne integriert wird, variiert von Staat zu Staat und je nach Bildungsstufe. Stützt man sich auf die amtlichen Texte, so lassen sich in der Mehrzahl der Staaten im Großen und Ganzen die folgenden drei Zielsetzungen erkennen: Aneignung einer politischen Kultur, Entwicklung der Einstellungen und Werte, die verantwortungsbewusste Bürgerinnen und Bürger brauchen, Anregung der aktiven Mitwirkung der Schüler in der schulischen und der örtlichen Gemeinschaft.
Demokratieerziehung: nicht immer in der Lehrerausbildung integriert
In der Mehrzahl der Staaten sind die Lehrer an Primarschulen für den Unterricht in allen Fächern zuständig, darunter auch für die Demokratieerziehung. Im Sekundarbereich werden die Schüler in der Regel von Fachlehrern unterrichtet, die Unterricht in einem bis drei Fächern erteilen. Selten haben sich diese Lehrer jedoch auf das Fach Demokratieerziehung oder politische Bildung spezialisiert und dieses Fach wird in der Regel von Lehrern für die Fächer Sozialkunde, Geschichte, Philosophie oder Religion/Ethik unterrichtet.
Nur in der Hälfte der Staaten ist Demokratieerziehung als Pflichtfach Bestandteil der Ausbildung für alle Lehramtsstudierenden. In der Lehrerfortbildung hingegen werden in allen Staaten Veranstaltungen zum Thema Demokratieerziehung angeboten. Darüber hinaus haben die Lehrer die Möglichkeit, im Rahmen von europäischen Programmen an Austauschmassnahmen oder Studienbesuchen im Ausland teilzunehmen.
Europäische Bürgerinnen und Bürger bilden
Um im wahrsten Sinne des Wortes europäische Bürger zu werden, ist auch die Entwicklung eines entsprechenden Bewusstseins erforderlich. In der Mehrzahl der Staaten gehört die Entwicklung einer europäischen Dimension - häufig auch weiter gefasst im Sinne einer internationalen Dimension - zu den allgemeinen Zielen der Lehrpläne. Diese Dimension wird in der Regel im Rahmen der Demokratieerziehung behandelt, wie auch in den Fächern Geschichte, Geographie, politische Bildung und Sozialkunde, Umweltkunde, Literatur, Musik und Kunst. Häufig kommt hier auch dem Fremdsprachenunterricht eine ganz besondere Rolle zu, der sowohl die Auseinandersetzung mit sozialen und kulturellen Unterschieden fördert, als auch der Kommunikation mit anderen Europäern dient. Den Schülern wird ferner die Möglichkeit geboten, eine ganze Reihe konkreter Erfahrungen zu erwerben: kulturelle Austauschmassnahmen, Simulation politischer Abläufe, europäische Schulclubs und vieles mehr.
Eine elektronische Fassung des Berichts dieser neuen EURYDICE- Studie, die mit der Unterstützung der Europäischen Kommission erstellt wurde, ist in deutscher, englischer und französischer Sprache erhältlich unter: http://www.eurydice.org/Publication_List/De/FrameSet.htm
EURYDICE AUF EINEN BLICK Eurydice, das Informationsnetz zum Bildungswesen in Europa, das von der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten eingerichtet wurde, bildet einen der strategischen Pfeiler für die Zusammenarbeit im Bildungswesen und ist seit 1980 im Dienste der Erleichterung der Zusammenarbeit durch ein besseres Verständnis der Bildungssysteme und -politiken tätig. Seit 1995 ist Eurydice auch fester Bestandteil des Sokrates-Programms, dem gemeinschaftlichen Aktionsprogramm im Bereich der allgemeinen Bildung. Das Eurydice-Netz setzt sich zusammen aus einer Europäischen Informationsstelle, die in Brüssel angesiedelt ist, und Nationalen Informationsstellen in jedem der 30 Staaten, die am Sokrates- Programm teilnehmen (die 25 Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die drei EFTA/EWR-Staaten und die 2 Beitrittsstaaten), die in der Regel in den Bildungsministerien oder in diesen nahestehenden Organismen angesiedelt sind Darüber hinaus unterstützt die Europäische Eurydice- Informationsstelle die Kommission im Rahmen ihrer Zusammenarbeit mit anderen internationalen Organisationen, insbesondere dem Europarat, der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD) sowie der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Unesco).