pafl: Reform der Untersuchungshaft
(ots)Vaduz, 30. Juni (pafl) Die Regierung hat einen Vernehmlassungsbericht zur Reform der Untersuchungshaft verabschiedet. Mit der Vernehmlassungsvorlage sollen Bestimmungen der Strafprozessordnung (StPO) über die Untersuchungshaft einer grundlegenden Reform unterzogen werden. Damit sollen die Anforderungen, die sich aus der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ergeben, besser umgesetzt werden. Im Mittelpunkt der Reform steht die Einführung eines strengen Haftfristensystems, verbunden mit einer kontradiktorischen Prüfung der Haftfrage in erster Instanz und den sich daraus ergebenden Veränderungen im Beschwerdeverfahren vor dem Obergericht.
Auf der Grundlage der österreichischen Rezeptionsvorlage sollen im Wesentlichen die Bestimmungen der StPO über die Vorladung, die Vorführung, die Festnahme und die Untersuchungshaft des Beschuldigten erneuert und teilweise neu strukturiert werden.
Neben anderen Verbesserungen soll der Anklagegrundsatz im Haftrecht verstärkt werden, indem die Verhängung und jede Fortsetzung der Untersuchungshaft einen darauf gerichteten Antrag des Anklägers voraussetzen soll. Die einmal verhängte Untersuchungshaft soll schliesslich längstens für eine bestimmte Frist wirksam bleiben, vor deren Ablauf der Untersuchungsrichter eine Haftverhandlung durchzuführen oder aber den Beschuldigten freizulassen haben soll. Die Haftverhandlung soll parteiöffentlich sein und der mündlichen und kontradiktorischen Erörterung der Haftfrage dienen, wodurch die bisherige Haftprüfungsverhandlung vor dem Präsidenten des Obergerichts ersetzt werden soll. Die Dauer der Untersuchungshaft wird bis zum Beginn der Schlussverhandlung durch - nach der Schwere der angelasteten Tat und der Schwierigkeit der Untersuchung gestaffelte - Höchstfristen begrenzt.
Im unmittelbaren Zusammenhang mit der Reform des Haftrechts sollen aber auch die Verteidigungsmöglichkeiten des Beschuldigten in der Haftsituation verbessert werden. Dies betrifft vor allem die Einführung der notwendigen Verteidigung, die Beschränkung der Akteneinsicht und die Neuregelung des Kontakts des verhafteten Beschuldigten mit seinem Verteidiger.
Als Konsequenz der durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) bedingten Änderung der Belehrung des festgenommenen Beschuldigten über seine Verteidigungsrechte - insbesondere sein Schweigerecht - wird vorgeschlagen, auch die Bestimmungen über die Belehrung des zur Vernehmung vorgeladenen Beschuldigten anzupassen und damit eine in der österreichischen Rezeptionsvorlage noch bestehende widersprüchliche Situation zu vermeiden.
Schliesslich soll das Verfahren vor dem Obergericht als Beschwerdegericht gegen Entscheidungen des Untersuchungsrichters in Haftsachen vereinheitlicht werden.
Der Vernehmlassungsbericht kann bei der Regierungskanzlei oder über deren Homepage im Internet (www.rk.llv.li Vernehmlassungen) bezogen werden.
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Ressort Justiz
Patricia Wildhaber
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