pafl: Für Liechtenstein relevante Urteile des EFTA-Gerichtshofes
Vaduz (ots)
Vaduz, 3. Oktober (pafl) - Der EFTA-Gerichtshof hat am 3. Oktober 2007 folgende für Liechtenstein relevante Urteile verkündet:
Verspätete Umsetzung der Richtlinie über Umgebungslärm (E-6/06)
Aufgrund der verspäteten Umsetzung der Richtlinie 2002/49/EG vom 25. Juni 2002 über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm durch Liechtenstein und der damit verbundenen Verletzung der Treuepflichten hat die EFTA-Überwachungsbehörde (ESA) am 18. Dezember 2006 den EFTA-Gerichtshof angerufen. Die Umsetzung in Liechtenstein steht kurz vor dem Abschluss und erfolgt im neu geschaffenen Umweltschutzgesetz (USG). Dieses wurde vom Landtag an seiner Sitzung vom Juni 2007 in erster Lesung beraten. Die zweite Lesung ist für Dezember 2007 vorgesehen, womit das Gesetz und die darauf basierenden Verordnungen nach Ablauf der Referendumsfrist Anfang 2008 in Kraft treten können.
Liechtenstein kommt seinen Umsetzungsverpflichtungen aus dem EWR-Abkommen, welches im Juli 2007 bereits 4'919 EU-Rechtsakte umfasste, grundsätzlich fristgerecht nach, was auch die aktuelle Umsetzungsquote von 99 Prozent bekräftigt. Bei umfangreichen EU-Regelungen, die eine Neuausrichtung der liechtensteinischen Gesetzeslage erfordern, sind die Wahrung der liechtensteinischen Interessen und die fristgerechte Umsetzung abzuwägen.
Mit der vorliegenden Entscheidung des EFTA-Gerichtshofs zur Spätumsetzung der Richtlinie über Umgebungslärm wird Liechtenstein nun zum dritten Mal wegen nicht fristgerechter Umsetzung verurteilt (die erste Verurteilung erfolgte im Jahr 2001 wegen der Umsetzung der Rechtsschutzversicherungsrichtlinie 87/344/EWG, die zweite im Sommer 2006 betreffend Telekom-Paket). Dass Liechtenstein in der 12-jährigen EWR-Mitgliedschaft nur drei Mal wegen verspäteter Umsetzung vom EFTA-Gerichtshof verurteilt wurde, bezeugt die Verlässlichkeit Liechtensteins als Partner im EWR.
EWR-Konformität von Art. 57a Rechtsanwaltsgesetz (Einvernehmensanwalt) (E-1/07)
Das Fürstliche Landgericht hat mit Beschluss vom 31. Januar 2007 ein bei ihm anhängiges Strafverfahren unterbrochen und dem EFTA-Gerichtshof zwei Fragen vorgelegt. Diese betreffen die EWR-Konformität von Art. 57a Rechtsanwaltsgesetz (Einvernehmensanwalt) in Bezug auf den freien Dienstleistungsverkehr gemäss Art. 36 EWRA bzw. die Richtlinie 77/249/EWG, sowie die direkte Wirkung und den Vorrang von EWR-Recht.
Die Vorlagefragen wurden vom EFTA-Gerichtshof in seinem Gutachten vom 3. Oktober 2007 wie folgt beurteilt: Der Gerichtshof stellte hinsichtlich der ersten Frage fest, dass es nicht zulässig ist, einen Einvernehmensanwalt auch in jenen Fällen zu verlangen, in denen nach nationalem Recht kein Anwaltszwang besteht.
Zur zweiten Vorlagefrage führte der EFTA-Gerichtshof aus, dass das EWR-Abkommen nicht verlangt, dass die Bestimmung einer Richtlinie, die zum Bestandteil des EWR-Abkommens gemacht wurde, direkt anwendbar ist und Vorrang vor einer nationalen Rechtsvorschrift geniesst, welche die betreffende EWR-Vorschrift nicht korrekt in nationales Recht umgesetzt hat.
Das Fürstliche Landgericht wird nun nach der Urteilsverkündung durch den EFTA-Gerichtshof das hängige Strafverfahren wieder aufnehmen und unter Berücksichtigung des Gutachtens des EFTA-Gerichtshofs entscheiden. Die Regierung wird das ergangene Gutachten des EFTA-Gerichtshofs noch eingehend abwägen und die Erforderlichkeit weiterer Massnahmen prüfen.
Kontakt:
Stabsstelle EWR
Tel.: +423 236 60 37