pafl: Schwerpunktthemen des Staatsoberhäupter-Treffens in Vaduz
Vaduz (ots)
- Dialog der Kulturen ein Muss für ein geeintes Europa - Investitionen in Bildung heisst Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit
Heute, 29. Oktober 2007, findet das informelle Treffen der deutschsprachigen Staatsoberhäupter auf Schloss Vaduz statt. Auf Einladung Seiner Durchlaucht Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein setzten Bundespräsident Köhler, Bundespräsident Fischer und Bundespräsidentin Calmy-Rey die Tradition des jährlichen Gedankenaustausches fort. Nach St. Gallen, Schweiz (2004), Salzburg, Österreich (2005), und Meersburg, Deutschland (2006), ist dies das vierte Treffen dieser Art.
Erbprinz Alois und Erbprinzessin Sophie bereiteten den Gästen einen herzlichen Empfang auf Schloss Vaduz. Nach einem Zusammentreffen mit Vertretern von Landtag und Regierung erfolgte eine erste Runde des Arbeitsgespräches. Die wichtigsten Themen der ersten Gesprächsrunde waren:
1. aktuelle innenpolitische Fragen mit einem Bericht jedes Staatsoberhauptes über die aktuellen politischen Herausforderungen seines Staates; 2. europapolitische Fragen, insbesondere eine Diskussion des Reformvertrages, der Erweiterungsfragen und der Energiesicherheit; 3. internationale Themen, heute insbesondere der Nahost-Friedensprozess, die Situation am Balkan, die Folgen des Klimawandels und die Auswirkungen von lokalen Wirtschaftskrisen auf die Weltwirtschaft im Zeitalter der Globalisierung; 4. der Dialog der Kulturen sowie Fragen der Integration.
Erbprinz Alois betonte die Wichtigkeit des Dialogs:
"Liechtenstein ist sehr eng mit seinen beiden Nachbarn Schweiz und Österreich sowie mit dem Fast-Nachbarn Deutschland verbunden. Was in diesen Staaten geschieht, hat meist direkte Auswirkungen auf uns. Daher schätze ich diesen offenen Meinungsaustausch sehr." Bei der Diskussion der europapolitischen Fragen betonte Erbprinz Alois, dass Liechtenstein durch den EWR sowie andere Verträge mit der EU bereits sehr weitgehend in Europa integriert ist und sich voraussichtlich im nächsten Jahr durch eine Assoziation zu den Schengen- und Dublin-Verträgen noch weiter integrieren werde. Erbprinz Alois: "Der EWR ist für uns die ideale Form der Integration in Europa." Erbprinz Alois zeigte sich zuversichtlich, dass sowohl Liechtenstein als auch die Schweiz die Schengen- und Dublin-Verträge bis 2008 plangemäss ratifizieren können.
Bundespräsident Köhler betonte die Notwendigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit durch ein verbessertes Bildungswesen zu stärken. "Wir alle profitieren von der Globalisierung und verdanken einen Gutteil unseres Wohlstandes der internationalen wirtschaftlichen Verflechtung. Dennoch haben viele Menschen Angst vor den Bedrohungen der Globalisierung. Diese Ängste müssen ernst genommen werden. Unsere Wirtschaft wächst in Deutschland solide weiter. Die Turbulenzen auf den Finanzmärkten werden zu keiner nachhaltigen Krise führen. Die deutsche Reformpolitik der letzten 10 Jahre zeigt Wirkung, vor allem auf dem Arbeitsmarkt. Das freut mich und das freut ganz Deutschland. Investition in Bildung und Wissenschaft sowie Aufgaben im Bereich des Gesundheitswesens stehen uns noch bevor. Ich bin sehr froh über den Reformvertrag für die Europäische Union. Der neue Vertrag kann schon 2009 in Kraft treten. Ich persönlich denke, dass es notwendig ist, dass wir nach aussen deutlicher mit einer Stimme sprechen. Wie machen wir Klimapolitik? Wie bekämpfen wir die Armut? Da muss die EU noch mehr mit einer Stimme sprechen."
Bundespräsident Fischer betonte: "Die bilateralen Beziehungen zu allen drei Staaten sind hervorragend. Der erste Versuch des Europäischen Verfassungsvertrages ist gescheitert, in der Phase der Ratlosigkeit hat Deutschland mit seinem EU-Vorsitz ganz hervorragende Arbeit geleistet. Das Ergebnis ist der Vertrag von Lissabon. Ein guter Kompromiss, der uns weiterbringt. Das Ratifikationsverfahren soll bis Ende 2008 abgeschlossen werden, die Chancen stehen gut, dass dies uns diesmal gelingen wird. In Österreich werden wir den Ratifizierungsprozess im Frühjahr 2008 einbringen. Die Entscheidungsprozesse in der EU sollten dann wesentlich vereinfacht werden.
Wichtig scheint uns, dass wir in der Frage des Kosovo zu einer Lösung kommen. Wir haben hier eine besondere Verantwortung und Europa soll dazu eine möglichst einhellige Meinung vertreten."
Bundespräsidentin Calmy-Rey ging kurz auf die Wahlen in der Schweiz ein und bekräftigte, dass die Integration der Ausländer eine der wichtigsten Aufgaben für die Zukunft sei. Calmy-Rey: "Das Paradoxon der Schweiz: Die Wirtschaft blüht, die Arbeitslosigkeit liegt bei unter 3 Prozent. Dennoch gibt es wirtschaftliche Unsicherheit und man hat Sorgen, was die materielle Sicherheit betrifft. Wir leben in einer neuen Ära, in einer Ära der Globalisierung. Die Wahlen widerspiegeln diese Spannungen.
Zur Europapolitik habe ich die Position der Schweiz dargestellt. Wir haben nur ein Problem mit der EU und das ist der Steuerstreit. Da werden wir mit der EU verstärkt ins Gespräch kommen. Ich bin zuversichtlich, dass wir mit der EU auch in diesem Punkt eine Lösung finden werden."
In der zweiten Gesprächsrunde am Nachmittag werden sich die Staatsoberhäupter mit dem Thema Dialog der Kulturen und Fragen der europäischen Integration beschäftigen.
Die Ehepartner der Staatsoberhäupter besichtigten zusammen mit Erbprinzessin Sophie die Firma Ivoclar Vivadent AG in Schaan, die Qualitätsprodukte für die Zahnheilkunde herstellt. Mit über 2'000 Mitarbeitenden weltweit, davon 710 im Hauptsitz in Schaan, erwirtschaftet das Unternehmen einen Gesamtumsatz von 583 Mio. Franken. Weiters stand am Nachmittag ein Besuch der Werkstätte "Auxilia" des Vereins für heilpädagogische Hilfe in Schaan auf dem Programm.
Erbprinz Alois dankte den Bundespräsidenten von Deutschland und Österreich sowie der Bundespräsidentin der Schweiz nochmals herzlich für ihr Kommen und wies darauf hin, dass das nächstjährige informelle Treffen der Staatsoberhäupter in der Schweiz stattfinden werde.
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