pafl: Neue Eurydice-Studie zur Schulautonomie in Europa
Vaduz (ots)
Politik und Umsetzung
In den letzten zwanzig Jahren war die Schule Gegenstand zahlreicher Reflexionen und Reformen. Ein zentrales Thema war dabei die Frage der Schulautonomie. Den Einzelschulen wurden zunehmend Entscheidungsbefugnisse übertragen - in der Absicht, die demokratische Mitbestimmung zu stärken oder die Verwaltung der in das Bildungswesen investierten öffentlichen Finanzmittel zu verbessern, oder (vor allem in den letzten Jahren) um die Bildungsqualität anzuheben. Die Schulautonomie ist nach wie vor eines der Schlüsselthemen auf der politischen Tagesordnung zahlreicher europäischer Staaten.
Die neu veröffentlichte Eurydice-Studie bietet eine aktuelle Bestandesaufnahme der Schulautonomie in Europa im Primarbereich und im Sekundarbereich I.
Unterschiedliche Philosophien in Bezug auf die Entwicklung der Politik der Schulautonomie
Die Politik der Schulautonomie hat sich heute in den meisten europäischen Staaten durchgesetzt. Diese Entwicklung nahm ihren Anfang in den 1980er-Jahren und setzte sich in den 1990er-Jahren weiter fort. Belgien und die Niederlande, wo die Schulautonomie im neunzehnten Jahrhundert vor dem Hintergrund des so genannten "Schulkriegs" zwischen öffentlichem und privatem Bildungswesen ausgebaut wurde, waren Pioniere auf diesem Gebiet. Die Reformen, die in den 1980er-Jahren insbesondere in Spanien und Frankreich stattfanden, entwickelten sich in erster Linie im Kontext der Idee der demokratischen Mitbestimmung und der Öffnung gegenüber der Gemeinschaft im Umfeld der Einzelschulen. In den 1990er-Jahren hingegen stand die Sorge um die Effizienz der Schulverwaltung und die Kontrolle der öffentlichen Ausgaben deutlich stärker im Vordergrund. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts schliesslich werden den Einzelschulen neue Entscheidungsbefugnisse vor allem in der Absicht übertragen, die Qualität des Bildungsangebots zu verbessern. Mit der Einrichtung von Pilotprojekten und der schrittweisen Umsetzung von Neuerungen zeigt sich hier ein neuer experimenteller Pragmatismus.
In den meisten europäischen Staaten wird die Schulautonomie durch gesetzliche Rahmenvorgaben geregelt, die auf der nationalen Ebene festgelegt werden. Nur selten sind die Mitarbeiter der Schulen selbst die Urheber dieser Prozesse.
Unterschiedliche Entscheidungsbefugnisse je nach Verantwortungsbereich
In der überwiegenden Mehrheit der Staaten können die Einzelschulen autonom über die Betriebsausgaben entscheiden. Dies gilt zum Teil auch für die Anschaffung der Informatikausrüstung der Schule. Den Einzelschulen steht es sehr häufig frei, private Mittel zu beschaffen, insbesondere in Form von Spenden, Schenkungen, Sponsoring oder Vermietung von Räumlichkeiten. Nur selten hingegen sind sie befugt, eigenverantwortlich Kredite aufzunehmen. Die Tatsache, dass die Schulen über gewisse Kompetenzen in Bezug auf die Beschaffung von Privatmitteln verfügen, bedeutet jedoch nicht unbedingt, dass sie auch über die Verwendung der Finanzmittel autonom entscheiden können. In mehr als der Hälfte der Staaten entscheiden die Schulen in Angelegenheiten, die den Schulleiter betreffen, nicht autonom. In den meisten Staaten verfügen die Schulen über eine relativ große Autonomie in Entscheidungen betreffend das nicht lehrende Personal.
Auf der Ebene der Einzelschulen sind meist der Schulleiter und der Verwaltungsrat der Schule für die Verwaltung der öffentlichen und privaten Mittel gemeinsam verantwortlich. Die Verwaltung der Humanressourcen obliegt meist dem Schulleiter allein. In fast der Hälfte der Staaten sind die Schulen allerdings für die Auswahl der Lehrkräfte nicht selbst zuständig.
Die neue Studie ist in Englisch und Französisch erhältlich und kann unter www.eurydice.org heruntergeladen oder unter Tel. 236 67 74 bestellt werden.
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Die wichtigste Aufgabe von Eurydice besteht darin, allen Akteuren im Bildungsbereich und den bildungspolitischen Entscheidungsträgern Informationen und Analysen zur Verfügung zu stellen, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind.
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