pafl: Patientenverfügungsgesetz in Vernehmlassung
Vaduz (ots)
Vaduz, 25. März (pafl) - In der Regierungssitzung vom 24. März 2009 wurde der Vernehmlassungsbericht der Regierung betreffend die Schaffung eines Gesetzes über Patientenverfügungen, welcher im Rahmen der Projektgruppe "200 Jahre ABGB" erarbeitet wurde, verabschiedet. Bei der Patientenverfügung handelt es sich um eine antizipierte Willenserklärung, mit denen Patienten rechtzeitig und im Zustand der Einwilligungsfähigkeit über künftige medizinische Behandlungen entscheiden können, falls sie zu einem späteren Zeitpunkt die Einwilligungsfähigkeit alters- oder krankheitsbedingt verlieren. Die Patientenverfügung stärkt somit das Selbstbestimmungsrechts und der Patientenautonomie.
Schon nach geltendem Zivil- und Strafrecht hat jeder einsichts- und urteilsfähige Patient grundsätzlich das Recht, eine medizinische Behandlung abzulehnen. Dies ist Teil des Persönlichkeitsschutzes und durch den Straftatbestand der eigenmächtigen Heilbehandlung auch strafrechtlich verankert. Dennoch besteht in der Literatur und in der Praxis eine beträchtliche Unsicherheit darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen dieses Ablehnungsrecht auch durch Patientenverfügungen ausgeübt werden kann, die in einem zeitlich mehr oder weniger grossen Abstand zum Behandlungszeitpunkt errichtet wurden. Diese Rechtsunsicherheit belastet sowohl die Patienten, die nicht verlässlich mit der Beachtung ihres Willens rechnen können, als auch behandelnde Ärzte, die zu ihrer Berufsausübung zum Schutz vor zivil- und strafrechtlicher Haftung einen sicheren Rechtsrahmen benötigen.
Um diese Rechtsunsicherheit zu beseitigen, schlägt die Vernehmlassungsvorlage die Schaffung eines Patientenverfügungsgesetzes vor. Ziel ist eine eindeutige und transparente Regelung über die zulässigen Inhalte, die Form und die rechtlichen Wirkungen von Patientenverfügungen zu schaffen. Leitgedanke ist dabei der Schutz und die Stärkung des Selbstbestimmungsrechts der Patienten in Bezug auf medizinische Heilbehandlungen.
Als Rezeptionsvorlage bot sich das österreichische Patientenverfügungsgesetz an. Da Liechtenstein sowohl das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) als auch das Strafgesetzbuch (StGB) im Wesentlichen aus der österreichischen Rechtsordnung übernommen hat, ist es wegen der systematischen Nähe sowohl zum Zivil- als auch zum Strafrecht sachlich konsequent, auch bei der Schaffung eines Patientenverfügungsgesetzes dem österreichischen Modell zu folgen. Die Rezeption des Sachwalterrechts - die Vorlage der Regierung betreffend die Schaffung des Rechts der Sachwalterschaft wurde im Juli letzten Jahres in die Vernehmlassung geschickt - spricht umso eher für diesen Schritt, als die neuen Bestimmungen des Sachwalterrechts im ABGB bereits ausdrückliche Verweisungen auf das spezifisch österreichische Rechtsinstitut der "verbindlichen Patientenverfügung" enthalten.
Das Patientenverfügungsgesetz versteht sich als behutsame Weiterentwicklung bestehender Grundsätze des Persönlichkeitsschutzes und dient der Verdeutlichung und Bereinigung von Streitfragen als der Schaffung einer gänzlich neuen Rechtslage. Insofern handelt es sich um einen ergänzenden Bestandteil des Reformprojekts "200 Jahre ABGB", welches eine umfassende Modifikation der in Liechtenstein in Geltung stehenden Zivilrechtskodifikation zum Ziel hat.
Die Vernehmlassungsfrist endet am 29. Mai 2009.
Kontakt:
Ressort Justiz
Simone Lugger, Mitarbeiterin der Regierung
Tel. +423 236 76 42