pafl: Biber in Ruggell fotografiert
Vaduz (ots)
Vaduz, 6. April (pafl) - Nach der erfreulichen Nachricht über Sichtungen und deutliche Spuren des Bibers von letztem Sommer und Herbst in der Binnenkanalmündung liegen nun die ersten Nahaufnahmen vor. Mit einer Fotofalle ist dem Wildhüter Wolfgang Kersting vom Amt für Wald, Natur und Landschaft (AWNL) der erste offizielle Bildnachweis des Bibers in Ruggell gelungen: ein ausgewachsenes Einzeltier konnte fotografiert werden. Die Aufnahmen zeigen eine Tierart, die schon vor 200 Jahren aus unseren Gewässern verschwand - eine Sensation.
Der Biber breitet sich aus - auch im Rheintal
Das Auftreten des Bibers in Liechtenstein ist das Resultat eines langen Prozesses, der mit Massnahmen zur Wiederansiedlung in der Schweiz ab den 1950er Jahren begann. Das Kerngebiet der Verbreitung des Bibers in der Schweiz liegt im Mittelland, in der Nordostschweiz vor allem im Kanton Thurgau. In Österreich liegt der Schwerpunkt eher im Osten, in den Auen von Donau, March und Thaya. Im Westen hat sich in Tirol an der Grenze zu Bayern eine kleine Population etabliert. Für Liechtenstein ist damit die schweizerische "Population" von grösserer Bedeutung. Verblüffend und erfreulich ist die Entwicklung dieses Bestandes in den 1990er Jahren. Von rund 350 im Jahr 1993 stieg der Bestand innerhalb von 15 Jahren auf rund 1'600 Tiere an. Lange Zeit blieb das Rheintal bei der Ausbreitung aussen vor. Seit mehreren Jahren häufen sich nun aber die Hinweise. So gelang 2006 ein erster Nachweis im St. Galler Rheintal am Alten Rhein. Es folgten rheinaufwärts Oberriet (2008), Ruggell (2008), und schliesslich Buchs (2009). Bisher hatte sich der hiesige Biber in Ruggell der Beobachtung entzogen. Nun aber sind Aufnahmen von diesem aussergewöhnlichen Tier aus der Nähe gelungen.
Raffinierter Baumeister Biber
Der Biber ist das grösste europäische Nagetier und wiegt ausgewachsen etwa gleich viel wie ein Reh. Mit seinem dichten Fell, dem abgeplatteten Schwanz und den Schwimmhäuten ist er perfekt an das Leben im Wasser angepasst. An Land bewegt er sich nicht so wendig. Und so wagen sich die Tiere denn auch nicht weit weg vom Ufer. In Bezug auf ihren Lebensraum haben sich Biber weniger anspruchsvoll erwiesen als ursprünglich angenommen. Sind ausreichend Böschungen für den unterirdischen Bau vorhanden, werden keine Burgen aufgeschichtet. Sehr wohl werden aber Dämme gebaut, damit der Eingang zum Bau jederzeit gut geschützt unter Wasser liegt. Verblüffend ist, dass der Biber dabei wie ein umsichtiger Landschaftsgestalter vorgeht. Spitzenarchitekten der Natur wie Ameisen und Wespen bauen ein Nest und nutzen damit ihr Werk unmittelbar. Der Biber aber kann mehr. Er kann mit dem Damm selbst wenig anfangen, profitiert hingegen vom entstehenden Teich. Mit anderen Worten baut er an einer Stelle, um andernorts eine Wirkung zu erzielen. Derart komplexe Eingriffe vermögen sonst nur wir Menschen.
Wie weiter?
In der Schweiz hat der Biber mit seiner Grabtätigkeit schon Uferwege zum Einsturz gebracht. Auch landwirtschaftliche Kulturen wie Zuckerrüben sind nicht sicher vor ihm. Technische Massnahmen und ein Uferpuffer bei betroffenen Gewässerstrecken schaffen hier Abhilfe, denn die Tiere bewegen sich selten mehr als 10 m vom Ufer weg. Der Biber hat das Potential wieder Dynamik und Leben in die hiesigen Gewässer zu bringen. Und natürlich weckt er Interesse. Bei Beobachtungen sind Interessierte vor allem in den Dämmerungsstunden gebeten, eine Distanz zu den Nahrungsbäumen zu wahren. Um dem Biber unnötigen Stress zu ersparen, sollten Hunde im Gebiet des renaturierten Binnenkanals an der Leine geführt werden.
Steckbrief Biber (Castor fiber)
Grösse: 100 - 130 cm Körperlänge mit Schwanz Gewicht: 20 - 30 kg Nahrung: Vegetarier (Uferpflanzen, Rinde) Aktivität: dämmerungs- und nachtaktiv Sozialverhalten: Kleinfamilienstruktur, beide Eltern beteiligen sich an der Aufzucht der Jungen
Kontakt:
Amt für Wald, Natur und Landschaft
Thomas Gerner
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Fax +423 236 64 11
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