Bundesamt f. Umwelt, Wald und Landschaft
BUWAL: Vollzugshilfe für Kantone und Gemeinden PCB-haltige Fugendichtungen: Neue Richtlinie zum Schutz von Mensch und Umwelt
Bern (ots)
Bern, 1. September 2003
Gebäude, die zwischen 1955 und 1975 erbaut wurden, haben häufig Fugendichtungen, die als Weichmacher den problematischen Schadstoff PCB enthalten. Nun erläutert eine neue Richtlinie des BUWAL, wie bei solchen Gebäuden vorzugehen ist und wie dabei Bewohner, Handwerker und Umwelt zu schützen sind. Jetzt ist es an den Kantonen und Gemeinden, die Richtlinie umzusetzen.
Rund hundert Tonnen PCB sind noch immer in Fugendichtungen von Schweizer Gebäuden enthalten. Eine vom BUWAL koordinierte Messkampagne hat gezeigt, dass etwa die Hälfte aller grösseren in Elementarbauweise erstellten Gebäude aus der fraglichen Zeit PCB- haltige Fugendichtungen enthält. Knapp ein Viertel der mehr als 1200 untersuchten Kitte weist PCB im Prozent-Bereich auf (siehe Kasten). Es gilt zu verhindern, dass Menschen gefährdet werden und PCB in die Umwelt gelangen kann. Zu diesem Zweck hat das BUWAL gemeinsam mit dem Bundesamt für Gesundheit, der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt EMPA sowie kantonalen und städtischen Behörden eine Richtlinie ausgearbeitet.
Die Richtlinie hilft, die gegenwärtige Gefährdungs-Situation bei Bauten zu beurteilen und erläutert, wie zum Schutz der die Gebäude nutzenden Personen, der Handwerker und der Umwelt vorzugehen ist. Sie enthält genaue Angaben zur Probenahme und Analyse von Fugendichtungsmassen sowie zum Vorgehen, wenn der PCB-Gehalt der Innenraumluft gemessen werden soll. Sie gibt Empfehlungen, wie die Gefahrensituation auf Grund der Messresultate zu beurteilen ist. Betreffend baulicher Eingriffe an den Gebäuden enthält die Richtlinie Checklisten und Anleitungen: Diese erläutern, welche Vorsichtsmassnahmen bei den Arbeiten getroffen werden müssen und wie die anfallenden Abfälle korrekt zu entsorgen sind. Die Richtlinie soll sicherstellen, dass das in den Fugendichtungsmassen eingeschlossene PCB zu keinem Zeitpunkt der Arbeiten freigesetzt wird.
Angesprochen sind die Vollzugsbehörden Die neue Richtlinie stützt sich auf die Abklärungen einer im Jahr 2000 gemeinsam mit anderen Bundesstellen und den Kantonen gebildeten Arbeitsgruppe. Angesprochen sind in erster Linie die verantwortlichen Vollzugsbehörden von Bund, Kantonen und Gemeinden. Informieren können sich mit der Richtlinie aber auch direkt betroffene Gebäudeeigentümer, Immobilienverwaltungen, Baufachleute, Beratungs- und Sanierungsfirmen sowie Entsorgungsbetriebe.
Mit der Richtlinie unterstützt das BUWAL auch die Umsetzung internationaler Abkommen. Die Schweiz unterzeichnete den PARCOM- Beschluss 92/3 über die schrittweise Beseitigung von PCB und PCB- Ersatzstoffen und das Stockholmer Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe (POPs). Damit hat sie sich verpflichtet, alle PCB-Vorkommen so bald wie möglich zu identifizieren und in umweltverträglichen Entsorgungsanlagen zu vernichten. Erbe aus der Zeit vor 1975 PCB (Polychlorierte Biphenyle) sind ein synthetisch hergestelltes Substanzgemisch, das längere Zeit als vielseitige Bauchemikalie eingesetzt wurde. 1972 wurde ihre Verwendung wegen der schädlichen Eigenschaften für Mensch und Umwelt in offenen Systemen verboten, beispielsweise in Anstrichen oder Fugendichtungen. Bis 1975 kamen sie in Fugendichtungen trotzdem noch vereinzelt zum Einsatz. Seit 1986 sind PCB in der Schweiz generell verboten.
Die in den Fugendichtungen enthaltenen PCB können - bei unsachgemässer Entfernung und Entsorgung die Gesundheit der Arbeiter schädigen, - in die Umwelt gelangen und von dort via Nahrung Menschen und Tiere gefährden, - beim Verbrennen von Bauabfällen oder bei Gebäudebränden in die sehr toxischen poly-chlorierten Dioxine und Furane umgewandelt werden, - in die Umgebungsluft entweichen und so die Gesundheit der Gebäudenutzer gefährden.
Die Aufnahme von grösseren Mengen PCB führt zu akuten Beschwerden der Haut, verursacht Leber-, Milz- und Nierenschäden und schwächt das Immunsystem. Mit den gesundheitlichen Auswirkungen chronischer PCB-Belastungen in geringen Dosen hat sich das Bundesamt für Gesundheit auseinandergesetzt und gestützt darauf in der Richtlinie Kriterien für die Beurteilung der Raumluftbelastung publiziert.
Auf Grund seiner Beständigkeit wird PCB immer noch in fetthaltigen Lebensmitteln tierischen Ursprungs gefunden. Die Nahrung ist die Hauptquelle von PCB. Im Vergleich dazu ist die Aufnahme von PCB durch die Raumluft gering. Eine direkte Gefährdung von Menschen über die Raumluft besteht auch beim Vorhandensein von PCB-haltigen Fugendichtungen nur in sehr seltenen Fällen.
BUWAL BUNDESAMT FÜR UMWELT, WALD UND LANDSCHAFT Pressedienst
Auskünfte - Christoph Rentsch, BUWAL, Chef der Sektion Produkte der Abteilung Stoffe, Boden, Biotechnologie, Tel. 031 322 93 64 - Josef Tremp (Projektleitung), Amt für Umweltschutz und Energie des Kantons Basel-Landschaft, Tel. 061 925 55 42 - Roger Waeber, Bundesamt für Gesundheit, Abteilung Chemikalien, Tel. 031 323 06 38
Publikation Richtlinie "PCB-haltige Fugendichtungsmassen", Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL). Bezug in deutscher, französischer und italienischer Sprache beim BUWAL, Dokumentation, CH-3003 Bern, Fax: +41 (031) 324 02 16, mailto:docu@buwal.admin.ch. Bestellnummer: VU 4013-D/F/I, Internet: http://www.buwalshop.ch Messkampagne erfasste Stichprobe von mehr als 400 Gebäuden Vom Herbst 2000 bis im Frühling 2002 haben Kantone, Gemeinden und andere Liegenschaftseigentümer eine gesamtschweizerische Messkampagne durchgeführt. Dabei wurde eine Stichprobe von mehr als 400 Bauten, die im Zeitraum zwischen 1955 und 1975 gebaut oder umgebaut wurden, auf PCB-haltige Fugendichtungsmassen untersucht. Insgesamt sind rund 1200 Proben bezüglich PCB analysiert worden.
Ungefähr die Hälfte der untersuchten Proben enthalten keine PCB, die andere Hälfte der Fugenkitte ist mit PCB belastet. Die PCB- Konzentrationen in den belasteten Proben bewegen sich zwischen dem Spurenbereich und etwa 50 Prozent. Knapp ein Viertel der Fugenkitte ist mit PCB-Gehalten von mehr als einem Prozent belastet. Aus den Messungen lassen sich keine Unterschiede zwischen den verschiedenen Typen und Anwendungsbereichen von Fugendichtungen wie z. B. Gebäudetrennfugen, Anschlussfugen und Bauteilfugen feststellen.
Im Verlauf der Messkampagne sind auch PCB-Analysen in Innenraumluft durchgeführt worden. Die Resultate dieser Raumluftmessungen haben gezeigt, dass nur in sehr wenigen Fällen PCB-Belastungen vorkommen, die im Bereich der in der Richtlinie "PCB-haltige Fugendichtungsmassen" festgelegten Richtwerte oder darüber liegen. Aus den Ergebnissen lässt sich vorläufig folgern, dass in der Schweiz nur sehr vereinzelt dringliche Sanierungsmass-nahmen zur Reduzierung übermässiger PCB-Konzentrationen in Innenraumluft erforderlich sind.
Die vollständige Auswertung der Messkampagne wird im Jahr 2004 publiziert.