Bundesamt f. Umwelt, Wald und Landschaft
Verbandsbeschwerderecht: Erfolgreicher verhandeln dank Empfehlungen
Bern (ots)
Die Verhandlungsempfehlungen des UVEK zum Verbandsbeschwerderecht zeigen, wie korrekter und erfolgreicher verhandelt werden kann. Kompensationszahlungen für den Rückzug einer Einsprache werden klar abgelehnt. Die Empfehlungen richten sich an Bauherrschaften, beschwerdeberechtigte Umweltschutzorganisationen und beteiligte Behörden.
Das Verbandsbeschwerderecht unterstützt kostengünstig und effizient die richtige Anwendung des Umweltrechts. Das zeigt eine Untersuchung des Instituts für Gesetzesevaluation der Universität Genf (CETEL) aus dem Jahr 2000 (siehe Kasten). Weiter zeigt die Studie, dass beschwerdeberechtigte Organisationen bei Projekten als Verhandlungspartner ernst genommen werden. Allerdings missachten besonders nicht verhandlungsgewohnte Partner - auf Seiten der Bauherrschaft und der Organisationen - bisweilen elementare Voraussetzungen und Verhaltensregeln bei den Verhandlungen. Dies belastet den Einigungsprozess und kann gar zum Verhandlungsabbruch führen.
Prägnante und konkrete Empfehlungen Mit den nun veröffentlichten 14 Verhandlungsempfehlungen will das UVEK gestützt auf einen parlamentarischen Auftrag (siehe Kasten) dazu beitragen, dass der Umgang mit dem Verbandsbeschwerderecht in der Praxis erleichtert wird. Die Empfehlungen behandeln prägnant und konkret Voraussetzungen und Vorbereitungen für Verhandlungen sowie deren Ablauf, Rahmenbedingungen, Verhaltensregeln und Anforderungen an die Beteiligten. Vertiefende Erläuterungen und praktische Checklisten erleichtern die Anwendung und Orientierung.
Nachfolgend einige der zentralen Punkte der Verhandlungsempfehlungen:
- Je komplexer ein umstrittenes Vorhaben ist, desto eher sollte der Verhandlungsweg geprüft werden. Verhandlungen können sich dagegen dann als problematisch erweisen, wenn es einer oder mehrerer Parteien um alles oder nichts geht. - Dass Verhandlungen gerade bei komplexen Projekten erfolgreich sein können, zeigt das Beispiel Parking St-Antoine in Genf. Die Promenade de St-Antoine ist eine baumbestandene Anlage mitten in der Stadt Genf, gehört zur Grünzone und ist Teil des Bundesinventars der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz. Mitte der achtziger Jahre projektierte die "Fondation des Parkings" unter der Promenade ein Parking mit rund 490 Parkplätzen. Es folgten mehrere Beschwerdeverfahren bis vor das kantonale Verwaltungsgericht. Schliesslich nahm der Vorsteher des Département de justice, police et transports Verhandlungen mit den verschiedenen Akteuren auf, machte das Projekt zum Teil einer Gesamtstrategie und ermöglichte dadurch dessen Realisierung.
- Es ist wichtig, die von einem Projekt Betroffenen möglichst frühzeitig einzubeziehen. In dieser Phase sind eher Verhandlungsspielräume gegeben, weil grundlegende konzeptionelle Mängel eines Vorhabens später oft nur schwer korrigierbar sind. - Das zeigte sich beispielsweise bei der Planung eines Golfplatzes nahe bei Lausanne Mitte der neunziger Jahre, den die Gesellschaft "Golf de Lavaux" realisieren wollte. Das mit der Planung beauftragte Büro verhandelte von Anfang an nicht nur mit den Grundeigentümern, sondern auch mit Umweltschutzorganisationen, und zwar sowohl über die Ausgestaltung des Projekts selber als auch über die erforderlichen Ausgleichsmassnahmen. Der Golfplatz konnte in der Folge beim Lac de Bret ausserhalb von Lausanne realisiert werden.
- Die Verhandlungen müssen den vom Recht gesetzten Rahmen respektieren. So ist es zum Beispiel ausgeschlossen, über die Errichtung eines Ferienhäuschens in einem geschützten Flachmoor von nationaler Bedeutung zu verhandeln. Dagegen können vom Gesetzgeber gewollte Ermessensspielräume in den Verhandlungen kreativ genutzt werden.
- Abgelehnt werden Kompensationszahlungen sowie freiwillige, rechtlich nicht vorgeschriebene Umweltschutzmassnahmen an Umweltschutzorganisationen als Gegenleistung für den Verzicht auf den Rechtsweg. Solche Kompensationen sollen weder von den Bauherren angeboten, noch von den Umweltschutzorganisationen gefordert werden. Dies würde dem Zweck des Verbandsbeschwerderechts - Unterstützung des korrekten Vollzugs der Um-weltschutzvorschriften - widersprechen.
Bern, 20. April 2004
UVEK Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie, Kommunikation Presse- und Informationsdienst
Auskünfte: Gerard Poffet, Vizedirektor BUWAL, Tel. 031 324 78 60 Marco Zaugg, Stabschef Abteilung Recht BUWAL, Tel. 079 661 42 60
Beilage: Verhandlungsempfehlungen des UVEK, gratis erhältlich bei : mailto:docu@buwal.admin.ch; Bestellnummer: VU-1905-D
Internet: Die Verhandlungsempfehlungen des UVEK sind elektronisch erhältlich unter: http://www.umwelt- schweiz.ch/buwal/de/medien/presse/artikel/20040420/01084/index.html
Der Fachbericht ist elektronisch erhältlich unter: http://www.umwelt- schweiz.ch/buwal/de/medien/presse/artikel/20040420/01084/index.html. Der gedruckte Bericht kann für Fr. 15.-- bei mailto:docu@buwal.admin.ch bestellt werden. Bestellnummer: SRU-365-D
Umstrittenes Verbandsbeschwerderecht In den vergangenen Jahren war das Verbandsbeschwerderecht immer wieder Thema im Parlament: Mehrere Vorstösse zur Abschaffung dieses Beschwerderechts wurden abgelehnt, zuletzt die parlamentarische Initiative Freund im Dezember 2003. Hängig ist zurzeit noch die parlamentarische Initiative Hofmann; sie will das Verbandsbeschwerderecht erheblich einschränken und insbesondere den Kreis der UVP-pflichtigen Anlagen restriktiver definieren.
Eine Studie, die das Institut für Gesetzesevaluation der Universität Genf (CETEL) 2000 im Auftrag des BUWAL durchführte, zeigt, dass die Umweltschutzorganisationen das Beschwerderecht mit grosser Zurückhaltung und Bedacht einsetzen. Die These von der generell missbräuchlichen Handhabung des Beschwerderechts durch die Umweltschutzorganisationen erwies sich als unbegründet. Zudem begünstigt das Verbandsbeschwerderecht den Konsens, ermutigt die Integration der Umweltschutzorganisationen in den Entscheidprozess und fördert einen frühzeitigen Dialog mit den Investoren. Zur Erleichterung der Verhandlungen zwischen Bauwilligen und Umweltverbänden schlugen die Experten die Schaffung einer Verhandlungscharta nach französischem Vorbild vor. Ein Postulat des Nationalrates aus dem Jahre 2000 nahm diesen Vorschlag auf. Mit den Verhandlungsempfehlungen UVEK wird nun diesem Postulat Rechnung getragen.