Wirtschaftsforum Luzern zur Politik im Kanton
Luzern (ots)
Bernard Kobler, CEO der Kantonalbank Luzern und seit der Gründung vor zwei Jahren Vorsitzender des Wirtschaftsforums Luzern, unterstützt die Politik des Kantons: Starke Gemeinden, Ausrichtung nach Norden, Unterstützung der Landschaft: "Es gibt viele Ideen, es ist wichtig, dass sie nun umgesetzt werden."
Wie beurteilen Sie im Moment die wirtschaftliche Situation im Kanton Luzern?
Bernard Kobler: Wir hatten in den vergangenen Jahren eine sehr günstige Situation, die durch eine stabile Konjunktur geprägt war. Deshalb sind die Geschäftsabschlüsse gut, die Auftragsbücher voll und die Arbeitslosigkeit tief. Doch es gibt erste Anzeichen einer Verlangsamung.
Wo liegen - wirtschaftlich gesehen - die Stärken und Schwächen des Kantons?
BK. Der Kanton Luzern ist ein attraktiver Standort für Unternehmungen mit günstigen Steuern für Firmen, einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis bei den Immobilien. Wir verfügen über attraktive Wohnlagen zu erschwinglichen Preisen und ein sehr hohes Kultur- und Bildungsangebot. Auch die Nähe zum Grossraum Zürich ist ein Vorteil, zudem haben wir hier qualitativ hochstehende, äussert loyale Arbeitskräfte.
Die Schwächen?
BK. Wir haben für vermögende Privatpersonen eine unattraktive Steuersituation und verfügen bei den Firmen über wenige Wachstumslokomotiven mit starkem Wachstum und neuen Arbeitsplätzen. Zudem gibt es Nachholbedarf bei der verkehrstechnischen Anbindung an das Schweizer Städtenetz.
Seit rund zehn Jahren lanciert der Kanton ein Reformprojekt nach dem anderen: Gemeindereform, Finanzreform, Steuergesetzreformen, zahlreiche interne Reformen: Nimmt die Wirtschaft davon etwas wahr?
BK. Unbedingt. Ich nehme wahr, dass der Kanton Luzern ehrgeiziger geworden ist. Man will sich dem starken Wettbewerb stellen, der schweizweit besteht. Vor allem in den Köpfen hat sich viel bewegt. Der Reformwille ist Ausdruck dafür, dass neben der Wirtschaft nun auch die politische Seite die Notwendigkeit zu Veränderungen erkannt hat. Aus Beurteilungen von aussen stelle ich fest, dass vor allem die finanzpolitische Disziplin positiv wahrgenommen wird. Dann werden aber auch die Investitionen in den Bildungsstandort mit Uni und Fachhochschulen oder im kulturellen Bereich mit KKL, Salle modulable, Südpool usw. Wirkung zeigen.
Was wünschten Sie als Mann der Wirtschaft zusätzlich?
BK. Konzepte und Ideen gibt es viele, und sie sind gut und durchdacht. Wichtig scheint mir nun, dass diese Ideen umgesetzt werden. Es besteht die Gefahr, dass sie zerredet und aufgeschoben werden. Damit kommen wir nicht vom Fleck.
Trotz der Anstrengungen der vergangenen Jahre tritt der Kanton Luzern an Ort. Ich verweise auf die neueste Credit Suisse-Studie, wo der Kanton Luzern bei der Standortqualifikation unverändert auf Rang 17 steht. Wie ist das erklärbar?
BK. Zuerst muss die Frage erlaubt sein: Wo stünde der Kanton Luzern ohne all die Reformen? Zum anderen stehen einige Reformen erst am Anfang oder noch in der Umsetzung. Die Zahlen der Studie stammen zum Teil aus dem Jahr 2006, Reformen brauchen Zeit. Wir dürfen uns hier nicht entmutigen lassen.
Was macht sie zuversichtlich?
BK. Wer die Ergebnisse der CS-Studie absolut anschaut, sieht, dass sich der Kanton Luzern verbessert hat. Doch auch die anderen Kantone haben vorwärts gemacht, und so waren keine Ränge gutzumachen. Wir messen uns mit einer sehr starken Konkurrenz. Luzern ist von Kantonen umgeben, die ebenfalls eine hohe Dynamik aufweisen. Im internationalen Vergleich ist der Kanton Luzern in der Spitzengruppe.
Andere Zentralschweizer Kantone sind besser rangiert als der Kanton Luzern. Haben wir etwas falsch gemacht?
BK. Dieser Meinung bin ich klar nicht, die Stossrichtung stimmt. Jede Studie ist aus einer bestimmten Perspektive heraus gemacht, entscheidend sind dabei die Kriterien. Die CS-Studie hatte die Steuersituation zum Kernpunkt. Es gibt andere Kriterien, die für die Beurteilung eines Standorts auch wichtig sind. Sie aber blieben unberücksichtigt: Verfügbarkeit von Bauland und Immobilien, weiche Faktoren wie Lebensqualität, Bildungs- und Kulturlandschaft, Angebote im Gesundheitsbereich, die Ausstrahlung einer Region. Solche Elemente sind schwer messbar.
Das Forum Wirtschaft unterstützt die Politik des Kantons Luzern: starke Gemeinden und Zentren, Ausrichtung in die Metropolitanräume nach Norden, Unterstützung der Landschaft durch Mittel aus dem Finanzausgleich und der Neuen Regionalpolitik. Was tut die Wirtschaftsseite dafür?
BK. Die Wirtschaft ihrerseits ist sich bewusst, dass sie die Verantwortung letztlich selber tragen muss, wenn sie erfolgreich sein will. Für den langfristigen Erfolg müssen die Unternehmen innovativ sein. Unternehmen können zur Verbesserung der Rahmenbedingungen ihren Teil beitragen. Wichtig ist, dass wir ein klares Ziel haben, an dem wir gemeinsam arbeiten.
Wie kann die Wirtschaft die Politik unterstützten?
BK. Indem sie aufzeigt, dass diese Entwicklungen richtig und notwendig sind und die Politik ermuntert, die Umsetzung an die Hand zu nehmen. Die Wirtschaft braucht günstige Rahmenbedingungen, und die müssen in Zusammenarbeit mit der Politik erarbeitet und realisiert werden. Im Bereich Steuerpolitik müssen wir deshalb weitere Schritte machen. Mit den geplanten Massnahmen bei der Unternehmenssteuer gelangen wir schweizweit an die Spitze.
Die Politik ist sich seit Jahren relativ einig: Die Steuersituation im Kanton Luzern muss verbessert werden. Bei der Bevölkerung ist diesbezüglich da und dort Müdigkeit feststellbar.
BK. Für den Kanton Luzern ist dieser Schritt absolut notwendig. Wollen wir Erfolg haben, dann müssen wir Firmen und vermögende Privatpersonen anziehen können. Das erreichen wir nur über eine noch bessere Steuersituation. Wir haben einige Nachbarkantone, die das erkannt haben. Luzern hat ein Imageproblem: Wir sind zwar schön, doch steuerlich unattraktiv. Das wirkt sich direkt auf die wirtschaftliche Entwicklung aus. Wenn wir all unsere guten Ideen umsetzen wollen, dann müssen wir diesen Weg gehen. Die Bereinigung im Steuerbereich ist kein Wunsch, sondern absolute Notwendigkeit.
Das Forum Wirtschaft unterstützt insbesondere auch die Stärkung der wirtschaftlichen Zentren.
BK. Es braucht starke Zentren, wenn eine Entwicklung in Gang gebracht werden soll. Ohne Konzentration der Kräfte ist es schwierig, eine genügend starke Dynamik herzustellen. In dieser Frage geht es nicht in erster Linie um die Zentren, sondern um den ganzen Kanton. So wie sich der Kanton Luzern im Sog der starken Wirtschaftszentren Zug und Zürich entwickeln kann, so können sich die ländlichen Regionen im Sog der starken Zentren Luzern und Sursee entwickeln. Wir hätten hier eine Win-Win-Situation.
Auf der Landschaft werden Ängste wach, die Zentren könnten zu stark werden.
BK. Obwohl ich überzeugt davon bin, dass die Entwicklung Richtung Zentren gehen muss, verstehe ich auch die Andersdenkenden. Bei der Akzentsetzung auf die wirtschaftlichen Zentren, besteht die Gefahr, dass die ländlichen Räume an Attraktivität verlieren. Hier setze ich auf den Bund und den Kanton, dass die Landschaft mit den notwendigen Mitteln aus Finanzausgleich und Neuer Regionalpolitik ausgestattet wird. Es ist aber auch wichtig, dass die ländlichen Regionen offen sind für neue Strukturen: Seien das die vermehrte Zusammenarbeit oder Zusammenschlüsse innerhalb der ländlichen Gebiete selber. Daneben sind starke Zentren zentral. Angst ist kein guter Ratgeber. Wer Angst hat, geht in die Verteidigung, in die Defensive. Was wir im Kanton Luzern aber brauchen, ist Aktivität und Offensive.
Sie sagen, es sei Zeit, die Ideen umzusetzen. Welches sind die Herausforderungen?
BK. Dass wir nicht in Absichtserklärungen stecken bleiben. Die Umsetzung all dieser Ideen ist harte Knochenarbeit, und sie werden immer wieder umstritten sein. Das heisst, es braucht Mut, Tatkraft und viel Überzeugungsarbeit, um ans Ziel zu gelangen. Für die Politik gilt es immer wieder aufzuzeigen, dass am Ende mehr herausschaut, als wenn wir am Hergebrachten festhalten. Es braucht politisches Gespür um zu vermitteln, dass wir gesamthaft vorwärtskommen, wenn wir uns z. B. auf die wirtschaftlichen Zentren konzentrieren. Fatal wäre, wenn der Eindruck entstünde, alle Mittel nur noch an einem Ort zu investieren. Das läge auch nicht im Interesse der Wirtschaft. Der Kanton ist nur stark, wenn alle gemeinsam auf die gleichen Ziele hinarbeiten.
Interview: Bernadette Kurmann
Hinweis an die Medien
Diesem Interview voraus gingen Artikel mit den Fraktionspräsidenten Guido Graf, CVP und Albert Vital, FDP, Guido Müller, SVP, Felizitas Zopfi, SP und Nino Froelicher, Grüne. Weitere Texte mit Repräsentanten aus Politik, Wirtschaft und Kultur erscheinen in loser Folge.
Kontakt:
Bernadette Kurmann
Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit Gemeindereform 2000+
Tel.: +41/41/228'51'48