100 Jahre Nobelpreis Literatur
Mannheim (ots)
Alfred Nobel verfügte in seinem Testament ein Preisgeld für den Autor, der "in der Literatur das Ausgezeichnetste in idealer Richtung hervorgebracht hat". Das Buch "Nobelpreise" aus dem Verlag F. A. Brockhaus gibt einen kompetenten Einblick in Leben und Werk der herausragenden Persönlichkeiten der Literatur.
Johann Wolfgang von Goethe forderte: "Was man mündlich ausspricht, muss der Gegenwart, dem Augenblick gewidmet sein; was man schreibt, widme man der Ferne, der Folge." Demgegenüber bemerkte Wilhelm Busch: "Gedanken sind nicht stets parat. Man schreibt auch, wenn man keine hat."
Nobelpreisträger der Literatur müssen sich da an Goethe orientieren. Sie stehen im Ruf, in ihren Büchern herausragende Leis-tungen zu vollbringen. Die bedeutendste und begehrteste Auszeichnung in der Disziplin des geschriebenen Wortes würdigt nicht nur die hohe Kunst der Formulierung. Gesellschaftliche Relevanz und humanistisches Ideal spiegeln sich gleichsam im Werk eines Laureaten wider wie Originalität und Einzigartigkeit des lyrischen Tons. So schaut die Weltöffentlichkeit im Oktober gespannt nach Stockholm, wenn der neue Nobelpreisträger für Literatur bekannt gegeben wird.
Bastion der Freiheit
Heinrich Böll wurde 1972 geehrt. Für Dichtung, die "durch ihre Verbindung von zeitgeschichtlichem Weitblick und einfühlsamer Charakterisierung erneuernd in der deutschen Literatur gewirkt hat". Als Böll von seiner Berufung hörte, war seine erste Reaktion: "Was, ich allein und nicht der Grass auch?". Günter Grass musste noch 27 lange Jahre auf seinen Nobelpreis warten.
Böll bekannte sich zur "Trümmerliteratur", entwickelte einen unsentimentalen und schonungslosen Blick für die Realität der Nachkriegszeit. In seinem Roman "Gruppenbild mit Dame" hielt er der Wirtschaftswunder-Gesellschaft den Spiegel vor. Dass er damit nicht nur internationales Lob erntete, sondern in konservativen Kreisen Deutschlands angefeindet wurde, mag angesichts der politischen Lage der damaligen Zeit nicht verwundern. Heinrich Böll meldete sich auch zu politischen Themen kritisch zu Wort. Und zumal ein Jahr zuvor Willy Brandt den Friedensnobelpreis erhalten hatte und Böll offen für die SPD Partei bezog, hatten konservative Kreise ihre Mühe mit Nobelpreisen. So schrieb die Zeitung "Die Welt" von einer Fehlentscheidung der Akademie. Heinrich Böll indessen übte in seinem Roman "Ansichten eines Clowns" scharfe Kritik an Vertretern der katholischen Kirche und der CDU. Böll hielt an seinen eigenen Maximen fest. "Ich glaube", schrieb er, "dass der Schriftsteller, der so genannte freie Schriftsteller, eine der letzten Bastionen der Freiheit ist."
Kein Preis für Anfänger
Günter Grass bekam den begehrten Preis 1999, weil er "in munter schwarzen Fabeln das vergessene Gesicht der Geschichte gezeichnet hat". Seine Romane "Die Blechtrommel" und "Hundejahre" brillieren nicht nur durch einen originalen, wortgewandten Stil. Grass verarbeitet darin auch das Verleugnete und Vergessene in der deutschen Geschichte. Und auch Grass ist, wie schon Böll, ein Intellektueller, der zu gesellschaftlichen und politischen Fragen Stellung bezieht.
Was dann doch verwundert hat: Die Blechtrommel erschien 40 Jahre vor der Preisverleihung. Akademiemitglied Horace Engdahl stellt dazu fest: "Der Nobelpreis ist kein Debütantenpreis." Den Literaturpreis bekomme niemand, der nur einmal auf der Nominierungsliste stehe.
Schon Thomas Mann, Literatur-Nobelpreisträger von 1929, musste 27 Jahre nach Erscheinen der "Buddenbrooks" auf seine Auszeichnung für dieses fundamentale Werk warten. Gerhart Hauptmanns "Die Weber" lag bereits 18 Jahre zurück, als er 1912 den Nobelpreis erhielt. Den Tipp für das Schaffen von zukünftigen Nobelpreisträgern gibt Johann Wolfgang von Goethe: "Steile Gegenden lassen sich nur durch Umwege erklimmen."
Mehr über die Preisträger lesen Sie im "Nobelpreise - Brockhaus". Das Werk ist in jeder Buchhandlung erhältlich.
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