Syrienkrise: Kinder werden zunehmend ausgebeutet und für den Terror rekrutiert
Zürich (ots)
- Neue Studie belegt, wie Flüchtlingskinder immer mehr und härter arbeiten müssen - Terrororganisationen machen sich Kinder als Soldaten zunutze - Schulbesuch nicht mehr möglich, obwohl entscheidend um Kinderarbeit zu bekämpfen
Die Kinderarbeit nimmt in Syrien und den Nachbarländern immer mehr zu und hat bereits alarmierende Ausmasse erreicht, wie eine umfassende Studie des Kinderhilfswerks Terre des hommes feststellt. In Jordanien gaben 84 Prozent von der Internationale Arbeitsorganisation (ILO) befragte Arbeitgeber an, in den letzten zwei Jahren Kinder beschäftigt zu haben. Die anhaltende Not der vom Krieg betroffenen Familien (80 Prozent der Syrer leben in Armut) führt dazu, dass viele Kinder die Rolle der Versorger ihrer Familien übernehmen müssen.
Dies machen sich auch die lokalen Terrororganisationen, wie ISIS, zunutze, welche vermehrt Kinder als Hilfsarbeiter oder Soldaten rekrutieren. Die jüngsten angetroffenen Rekruten waren erst sieben Jahre alt. "Der Sold, welchen [die Terrororganisationen] bezahlen, ist sehr hoch und schafft somit einen Anreiz für die Kinder, die unter sehr schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen leben", stellt die Studie fest.
Der anhaltende Konflikt hat dazu geführt, dass die Ersparnisse der Familien aufgebraucht und Wertgegenstände bereits verkauft wurden. Erwachsenen auf der Flucht wird die Arbeit oft verboten und Verstösse werden hart bestraft. Dazu mussten internationale Hilfswerke wie die UN-Agenturen und das World Food Programme ihre Hilfeleistungen kürzen, da sie von der internationalen Gemeinschaft keine ausreichende, finanzielle Unterstützung erhalten haben. Dies alles hat dazu geführt, dass die Verantwortung auf die Kinder zurückfällt, auch bereits auf die sehr jungen.
"Wir arbeiten, um die Bedürfnisse unserer Familien zu decken, um beim Bezahlen der Miete zu helfen und um unsere Verwandten zu unterstützen. Die Mieten sind zu hoch und wir brauchen auch Essen und Kleider", wird eine Gruppe von Mädchen aus Jordanien in der Studie zitiert.
"Mein Vater ist in Syrien verschwunden und daher musste mein 15-jähriger Bruder, als der Älteste, sich um die Familie kümmern", ergänzt ein syrischer Junge, welcher in Serbien interviewt wurde.
Kinder werden von den Behörden im Gegenteil zu Erwachsenen nicht für illegale Arbeit bestraft, ausserdem sind sie bei Arbeitgebern beliebt, da sie billig arbeiten. Daher übernehmen sie auch oft schwere Arbeiten, in der Landwirtschaft oder in Fabriken. Viele von ihnen müssen mehr als zehn Stunden pro Tag, sieben Tage die Woche für maximal 6 Euros (Beispiel aus Jordanien) pro Tag schuften. Die meisten können nicht mehr in die Schule.
Dies ist besonders schwerwiegend, da die Studie den Schulbesuch als "entscheidenden Schritt" im Kampf gegen die Kinderarbeit identifiziert.
"Die internationale Gemeinschaft muss handeln und darf nicht länger abwarten: Es liegt in ihrer Verantwortung den Kindern eine Perspektive für die Zukunft zu geben, die ihnen erlaubt das Leid und Elend, welches sie erlebt haben, zu überwinden. Die Kinder dürfen nicht für den Wahnsinn der Erwachsenen bezahlen: Kinder müssen zuerst Kinder sein dürfen und gehören in die Schule", fordert Vito Angelillo, Geschäftsleiter von Terre des hommes.
Die Studie beschäftigt sich auch mit weiteren Themen, unter anderem:
- Den Gefahren für Kinderarbeit in Europa und auf der Balkanroute - Detaillierten Untersuchungen der einzelnen Länderkontexte im Studienzeitraum von Mitte 2014 bis April 2016 - Forderungen und Handlungsempfehlungen an die lokalen Regierungen, die EU und Arbeitgeber, siehe Seite 46.
https://www.tdh.ch/de/mediathek/dokumente/kinderarbeits-report-2016
Die Studie "Weil wir überleben wollen" ist Teil einer Serie, die jedes Jahr von terre des hommes Deutschland anlässlich des Internationalen Tages gegen Kinderarbeit (12. Juni) veröffentlicht wird. Die diesjährige Studie wurde in Zusammenarbeit mit Terre des hommes - Kinderhilfe (Lausanne), Terre des hommes Italien und Terre des Hommes Niederlande, allesamt Mitglieder der Terre des Hommes International Federation, erstellt.
Kontakt:
Lisa Flückiger, Medienbeauftragte Deutschschweiz:
lisa.flueckiger@tdh.ch, + 41 58 611 07 94
Zélie Schaller, chargée des relations médias pour la Suisse romande:
zelie.schaller@tdh.ch, + 41 58 611 06 66