Drohender Monsun in Cox's Bazar: "Alles kann im Nu einstürzen"
Zürich (ots)
Der kommende Monsun bedroht die bereits prekäre Situation der 850'000 Rohingya-Flüchtlinge in Bangladesch. Ihre behelfsmässigen Unterkünfte werden dem Regen und den Stürmen kaum standhalten, ausserdem droht sich die Versorgung und die Gesundheit der Familien in den Camps um Kutupalong weiter zu verschlimmern. Die Vorbereitungen auf die Regensaison sind in vollem Gange.
Im Südosten Bangladeschs haben die Bevölkerung und die humanitären Helfer die Vorbereitungen für die kommende Regensaison begonnen, welche jedes Jahr mit Wirbelstürmen und sintflutartigen Regenfällen den Golf von Bengalen heimsucht. Zwischen April und September werden Überschwemmungen und Sturmwinde erwartet, die Erdrutsche und Schlammlawinen auslösen können. Besonders prekär ist die Situation in den Rohingya-Flüchtlingslagern um Kutupalong, wo die Wege nicht befestigt sind und die Familien in behelfsmässigen Behausungen unterkommen. 91% der 850'000 Rohingya dort sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Mit dem kommenden Monsun werden drei Bereiche besonders wichtig: die Versorgung mit Nahrung, die Sicherung der Unterkünfte und der Kampf gegen Epidemien.
Der Zugang zu Nahrung ist im Moment das dringlichste Anliegen, vor allem für die 400'000 Rohingya-Kinder. Ein Viertel von ihnen ist mangelernährt, die meisten davon sind unter 5 Jahre alt. "Wir haben um die 100 junge Rohingya ausgebildet, um die schlimmsten Fälle von Mangelernährung erkennen zu können und uns zu melden. Sie durchforsten das Camp jeden Tag und bringen diese Kinder in eins unserer sieben Ernährungszentren. Wir behandeln momentan zwischen 2'000 und 3'000 Kinder", erklärt Martin Morand, Nothilfeexperte bei Terre des hommes (Tdh). Der schwierige Zugang zu Nahrung wird mit den drohenden Unwettern weiter in Gefahr gebracht und kann lebensbedrohliche Folgen für die Kinder haben.
Ausserdem können die baufälligen Hütten, oft einfache Bambuskonstruktionen mit Plastik-planen, in welchen die Rohingya-Familien untergebracht sind, einstürzen oder undicht werden: "Es ist schwierig vorherzusagen, welche Unterkünfte dem Regen standhalten werden, da es der erste Monsun für das mittlerweile überbevölkerte Camp ist. Aber es wird auf jeden Fall eine Katastrophe werden! Alles kann im Nu einstürzen. Wir rechnen auch damit, dass gewisse Orte im Camp unzugänglich und ganze Familien durch die Wassermassen isoliert werden. Ausserdem sind 75% der Brücken vor Ort instabil."
Das führende Schweizer Kinderhilfswerk bereitet sich entsprechend vor und legt einen Vorrat an Matratzen, Hygienekits, Trockennahrung und Hilfe für medizinische Notfälle, wie Cholera, Durchfall und Denguefieber, an. Nach einem Wirbelsturm benötigen die Menschen ausserdem Seile, Bambus und Planen. "Wir richten ein Lager bei uns mit all diesen Materialien ein. Unser Team hat auch Wege gefunden, wie wir den Familien weiter helfen können, auch wenn keine Fahrzeuge mehr ins Camp vordringen können", erläutert Martin Morand.
Mit den Wassermassen droht sich auch die besorgniserregende hygienische Situation im Camp weiter zu verschlimmern. Abfälle müssten in sicheren Deponien entsorgt werden, aber dafür hat es im Camp mit über 40'000 Bewohnern pro km2 keinen Platz. Latrinen, welche zu wenig tief gegraben wurden, drohen durch die Regenfälle die Wasserversorgung zu verschmutzen. Terre des hommes baut daher momentan Latrinen und Brunnen mit genug Tiefe und sensibilisiert die Menschen fürs Händewaschen.
Werden die Flüsse verschmutzt, kann dies auch die Wasserversorgung der umliegenden bangladeschischen Gemeinden beeinträchtigen und die Cholera weit ausserhalb der Flüchtlingslager verbreiten. "Wir müssen daher auch eng mit der lokalen Bevölkerung zusammenarbeiten. Sie dürfen nicht vergessen gehen", erinnert Martin Morand.
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