Staatsrechnung 2001
Bern (ots)
Das Wichtigste in Kürze
Die Finanzrechnung schliesst mit einem Defizit von 1 307 Millionen ab (exkl. UMTS-Lizenzeinnahmen). Budgetiert war ein Überschuss von 18 Millionen. Die Verschlechterung ist auf zusätzliche, nicht vorhersehbare Ausgaben zurückzuführen. Die Einnahmen erreichen ziemlich genau den Wert des Voranschlages, auch wenn gewisse Einnahmen gegenüber dem Voranschlag massive Abweichungen aufweisen.
Die Finanzrechnung hat erstmals seit 1996 wieder schlechter als budgetiert abgeschlossen. Erklärungen finden sich sowohl auf der Einnahmen- wie auf der Ausgabenseite. So blieben die deutlichen Mehreinnahmen des vorletzten Jahres aus und auf der Ausgabenseite mussten Mehrausgaben in Kauf genommen werden.
Rein rechnungsmässig entspricht die Verschlechterung des Ergebnisses gegenüber dem Voranschlag damit ungefähr den auf das Rechnungsjahr 2001 entfallenden Mehrausgaben im Zusammenhang mit der Swissair-Krise (+1,1 Mia). Weil es sowohl auf der Einnahmen- wie der Ausgabenseite Abweichungen von den budgetierten Werten gibt, wäre es aber falsch, diesen Ausgaben einseitig die Schuld am Defizit zuzuweisen.
Die Ausgaben nahmen im Vorjahresvergleich um 6,5 Prozent und damit deutlich stärker als noch im Voranschlag vorgesehen zu (+3,1%). Neben den bereits genannten Ausgaben im Zusammenhang mit der Swissair-Krise sind hier namentlich die beiden Überbrückungskredite an Jugoslawien und Tadschikistan zu erwähnen. Sie wurden beide innerhalb einer Woche zurückbezahlt und waren somit ohne Bedeutung auf den Saldo der Finanzrechnung. Ohne diese Sonderfaktoren hätte das Ausgabenwachstum 3,3 Prozent betragen.
Tabelle siehe Rohstoff vom 26.04.2002 http://www.efd.admin.ch/d/dok/medien/rohstoff/2002/04/re_01.pdf
Die Einnahmen erreichten mit 48,9 Milliarden ziemlich genau den Wert des Voranschlages, während vor einem Jahr eine Überschreitung von 13,4 Prozent zu verzeichnen war. Hinter dieser Ziellandung verstecken sich Abweichungen in beide Richtungen, welche sich gegenseitig kompensiert haben. Die grösste Abweichung resultierte wie vor einem Jahr - dieses Mal in der Form von Mindereinnahmen - bei der Verrechnungssteuer.
Die Erfolgsrechnung schliesst mit einem Aufwandüberschuss von 5,8 Milliarden ab. Die Verschlechterung steht vor allem im Zusammenhang mit zusätzlichen Abschreibungen. Zu nennen sind hier namentlich die Deckungslücken der Pensionskassen SBB und Bund sowie Wertberichtigungen auf Darlehen (EXPO.02 und Swissair).
Grafik siehe Rohstoff vom 26.04.2002 http://www.efd.admin.ch/d/dok/medien/rohstoff/2002/04/re_01.pdf
Die Schulden des Bundes erreichten am Ende des letzten Jahres einen Stand von 106,8 Milliarden. Im Vergleich zum Vorjahr nahmen sie trotz einem Defizit in der Finanzrechnung ab. Die Erklärung findet sich in Bilanztransaktionen, vor allem in der Abnahme des Finanzvermögens (Abbau der Tresoreriereserven um rund 5,4 Mrd).
Starkes Ausgabenwachstum
Die Ausgaben lagen mit 50 215 Millionen um 1 309 Millionen über dem budgetierten Wert von 48 906 Millionen. Diese deutliche Überschreitung hat verschiedene Ursachen.
Namentlich zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang die Aufstockungen für den Aufbau einer neuen nationalen Airline (+1 100 Mio), zugunsten der EXPO.02 (+300 Mio) und der Pensionskasse des Bundes (+ 203 Mio) oder die Überbrückungskredite an Jugoslawien und Tadschikistan (+432 Mio). Aus einer mittelfristigen Perspektive sind solche einmaligen Ausgaben von weniger grosser Bedeutung als die Grundlast, welche sich aus in der Verfassung und in den Gesetzen verankerten Verpflichtungen ergibt und bei der ein permanenter Ausgabendruck besteht. Gegenüber dem Voranschlag sind die Ausgaben im Bereich «Finanzen und Steuern» (Passivzinsen) sowie für die soziale Wohlfahrt (Flüchtlingshilfe, AHV und IV) tiefer ausgefallen als angenommen.
Die Ausgaben nahmen gegenüber dem Vorjahr um um 6,5 Prozent zu, was über dem durchschnittlichen jährlichen Ausgabenanstieg der letzten zehn Jahre (3,5%) liegt. Der Wachstumsrate von 6,5 Prozent steht eine solche des nominellen Bruttoinlandproduktes von 3,1 Prozent gegenüber. Im Ergebnis führte diese Entwicklung im vergangenen Jahr zu einem geringfügigen Anstieg der Staatsquote auf 12,0 Prozent.
Fragt man nach dem Hintergrund dieser, mit dem Finanzleitbild nicht in Übereinstimmung stehenden Entwicklung, so muss der Ausgabenzuwachs nach den verschiedenen Aufgabengebieten differenziert beurteilt werden. Die Verkehrsausgaben weisen im Zusammenhang mit dem Engagement zugunsten der Swissair und der neuen Fluggesellschaft die grösste Wachstumsrate auf. Ebenso einen Anstieg verzeichneten die Ausgaben für den öffentlichen Verkehr, namentlich für die Realisierung der Eisenbahngrossprojekte NEAT und Bahn 2000. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass mit der Schaffung des Fonds für Eisenbahngrossprojekte in der Finanzrechnung nicht mehr sämtliche Ausgaben des Bundes für den Verkehrsbereich ausgewiesen werden. Die zweitgrösste Wachstumsrate verzeichnen die Ausgaben für die Beziehungen zum Ausland. Allerdings wird der Vorjahresvergleich im Zusammenhang mit den an Jugoslawien und Tadschikistan gewährten Überbrückungskrediten verzerrt wiedergegeben, handelt es sich hier doch um unechte Mehrausgaben, denen auf der Einnahmenseite ebenso grosse Rückzahlungen gegenüberstehen. Der Zuwachs gegenüber dem Vorjahr in der Landwirtschaft erklärt sich im wesentlichen mit den vermehrt ausgerichteten Direktzahlungen. Im Aufgabengebiet Bildung und Grundlageforschung wurden zusätzliche Mittel in erster Linie für die Hochschulförderung benötigt. Von Bedeutung sind auch die Ausgaben für die soziale Wohlfahrt. Mit einem Anteil von 25,0 Prozent an den Gesamtausgaben handelt es sich bei der sozialen Wohlfahrt um die finanziell gewichtigste Aufgabe. Wenngleich der Zuwachs im letzten Jahr unterdurchschnittlich ausgefallen ist, ändert dies nichts an der Feststellung, dass dieses Aufgabengebiet tendenziell einen ansteigenden Anteil an den Gesamtausgaben ausweist und auch in Zukunft beanspruchen wird. Wie im Verkehrsbereich werden im Aufgabengebiet soziale Wohlfahrt nicht sämtliche Ausgaben erfasst, da die Zuwendungen aus dem Mehrwertsteuerprozent unter dem Aufgabengebiet Finanzen und Steuern ausgewiesen werden. Minderausgaben ergaben sich im vergangenen Jahr als Folge der beschlossenen Ausgabenkürzungen (Stabilisierungsprogramm 1998) in der Landesverteidigung.
Einnahmenentwicklung
Mit 48 908 Millionen lagen die Gesamteinnahmen um 16 Millionen unter dem Voranschlag. Damit wurden die budgetierten Einnahmen im letzten Jahr praktisch erreicht. Allerdings verzeichnen die einzelnen Einnahmen teilweise erhebliche Abweichungen zum Budget. Die Budgetdifferenz ist per Saldo auf deutliche Mindereinnahmen im fiskalischen und auf markante Mehreinnahmen im nichtfiskalischen Bereich zurückzuführen.
Bei den Fiskaleinnahmen, welche rund 90 Prozent der Gesamteinnahmen ausmachen, verzeichnete die Verrechnungssteuer erheblich tiefere Erträge als bei der Budgetierung angenommen. Gegenüber dem Budget sind die Mindereinnahmen von 2,3 Milliarden vorab das Ergebnis tieferer Eingänge aus Aktiendividenden. Neben dem neu eingeführten, bei der Budgetierung noch nicht berücksichtigten Meldeverfahren für Bardividenden im schweizerischen Konzernverhältnis sind als weitere Ursachen die Aktienrückkäufe und die Nennwertherabsetzungen zu nennen. Auch die Erträge aus der Mineralölsteuer (-292 Mio), aus den Stempelabgaben (-197 Mio) und den Einfuhrzöllen (-103 Mio) erreichten die Budgeterwartungen nicht. Dagegen brachten die direkte Bundessteuer (+669 Mio) und die Mehrwertsteuer (+ 433 Mio), die Schwerverkehrsabgabe und die Tabaksteuer mehr ein als budgetiert.
Die Schwierigkeit, die Einnahmen präzis zu schätzen, sind nicht neu. Die Frage nach der Zuverlässigkeit der Einnahmenprognosen stellt sich in jüngerer Zeit vorab bei der Verrechnungssteuer und den Stempelabgaben. Bei beiden Steuern sind die Schwierigkeiten dabei auf ein allerdings gewichtiges Segment beschränkt. Die Aktiendividenden (bei der Verrechnungssteuer) und die steuerpflichtigen Umsätze auf ausländischen Wertpapieren (bei den Stempelabgaben) sind beides instabile Bemessungsgrundlagen. Die ihnen zugrunde liegenden Faktoren wie beispielsweise Fusionen, Aktienrückkäufe, Nennwertherabsetzungen oder die Börsenentwicklung, aber auch Sonderfaktoren wie das im Zeitpunkt der Budgetierung noch nicht berücksichtigte Meldeverfahren lassen sich nicht zuverlässig voraussagen.
Im nichtfiskalischen Bereich liegen die Ursachen für den Zuwachs der Einnahmen in erster Linie in grösseren Darlehensrückzahlungen der Arbeitslosenversicherung und der Exportrisikogarantie, in nicht budgetierten Nennwertherabsetzungen der Swisscom-Aktien, in höheren Entgelten sowie im besseren Vermögensertrag. Als unechte Einnahmen zu bezeichnen sind die an Jugoslawien und Tadschikistan gewährten Überbrückungskredite, die im Zeitpunkt der Budgetierung nicht absehbar waren. Die Verbuchung nach dem Bruttoprinzip bringt es mit sich, dass diese Kredite auf der einen Seite zu Mehrausgaben und auf der anderen Seite zu Mehreinnahmen führen. Sie sind abgesehen von den geringen Transaktionskosten ergebnisneutral und bewirken eine Aufblähung der Ausgaben- und Einnahmenströme.
Gegenüber der Rechnung 2000 nahmen die Gesamteinnahmen 2001 um 2,4 Milliarden oder 5,4 Prozent ab. Der ausserordentlich hohe Einbruch bei der Verrechnungssteuer ist auch hier hauptsächlich für den Einnahmenrückgang verantwortlich. Die Stempelabgaben und die Mineralölsteuer trugen ebenso zu den Mindereinnahmen bei. Neben der ungünstigen Entwicklung auf den Finanzmärkten ist die konjunkturelle Abkühlung als Ursache zu nennen.
Entwicklung der Schuldenlast
Die Schulden des Bundes erreichten am Ende des letzten Jahres einen Stand von 106,8 Milliarden (dies entspricht 26,7 % des BIP). Im Vergleich zum Vorjahr nahmen sie trotz einem Defizit in der Finanzrechnung um 1,3 Milliarden ab. Die Erklärung dafür findet sich in Bilanztransaktionen, vor allem in der Abnahme des Finanzvermögens, die in erster Linie in der Schuldenrückzahlung begründet ist (z.B. 5 Mrd für die Finanzierung der Pensionskasse des Bundes, 3 Mrd für die Rückerstattung befristeter Schulden an die Post und die SBB). Die Rückzahlungen wurden zum grossen Teil aus Mitteln der Tresorerie finanziert.
Zusatzbericht zur Botschaft zur Staatsrechnung 2001
Einer Standortbestimmung dient der Zusatzbericht des Bundesrates zur Staatsrechnung 2001. Mit einer Gesamtschau über die anstehenden, finanzpolitisch relevanten Sachgeschäfte schlägt er einen Bogen vom gültigen Finanz- zu dem sich in Vorbereitung befindenden neuen Finanzplan. Die neue, alte Botschaft ist wie in früheren Jahren wiederum dieselbe: Mit den heutigen Steuersätzen lassen sich die bestehenden Politiken und neuen, im politischen Raum stehenden Begehren nicht finanzieren. Es führt langfristig kein Weg an einer Rücknahme des Ausgabenwachstums auf das finanzierbare vorbei.
Der Zusatzbericht orientiert zudem über das vom Bundesrat bei der Einführung der Schuldenbremse und der Bereinigung des Voranschlags 2003 in Aussicht genommene Vorgehen.
Eine Neubeurteilung der finanziellen Perspektiven zeigt, dass der Bundeshaushalt aufgrund der aktuellen Einnahmenschätzungen sowie der beschlossenen Mehrausgaben strukturell überlastet ist. Die Plafonds der Schuldenbremse werden in den Jahren 2003 und 2004 deutlich überschritten. Bezieht man die möglichen Mehrausgaben und Mindereinnahmen mit in die Betrachtung ein, für die konkrete Anträge und Vorstösse oder gar Teilbeschlüsse vorliegen, ergibt sich das Bild einer dramatischen Verschlechterung der Bundesfinanzen. Gefahr droht zur Hauptsache aus den folgenden drei Stossrichtungen: Zusätzliche Mehrausgaben, über die Anträge des Bundesrates hinausgehende Steuererleichterungen sowie die Streichung des Bundesanteils an der Mehrwertsteuer für die AHV und die IV.
Die sich abzeichnende Fehlentwicklung mit weitreichenden Folgen für den Bundeshaushalt unterstreicht die Notwendigkeit einer strikten Zurückhaltung bei jeglichen Mehrbelastungen. Von besonderer Bedeutung ist die Tatsache, dass bei einem Verzicht auf den Bundesanteil am bestehenden Mehrwertsteuerprozent für die AHV und am beantragten Mehrwertsteuerprozent für die IV ein einschneidendes Sparprogramm unausweichlich ist.
Das klare Abstimmungsergebnis vom 2. Dezember 2001 stellt für den Bundesrat eine Verpflichtung dar, die Schuldenbremse rasch, das heisst bereits mit dem Voranschlag 2003 anzuwenden. Bundesrat und Parlament tragen eine gemeinsame Verantwortung, mit einer konsequenten Finanzpolitik die strukturellen Defizite zu beseitigen. Daher hat der Bundesrat beschlossen, das Niveau und die Wachstumsraten der Ausgaben gegenüber dem gültigen Finanzplan deutlich zurückzunehmen. Folgen die eidg. Räte dem Bundesrat in dieser Frage, können die Ausgabenentwicklung in den nächsten Jahren auf das Niveau des unterstellten nominellen Wirtschaftswachstums begrenzt und die Anforderungen an die zulässigen Ausgabenplafonds gemäss Schuldenbremse erfüllt werden.
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