Interpharma weist die Revisionsvorlage des Bundesrates zur KVV und KLV entschieden zurück
Basel (ots)
Die Vorschläge des Bundesrats bei der Revision von KVV und KLV verschärfen die bestehenden Probleme beim Patientenzugang, statt sie zu lösen. Zudem werden die Lancierung neuer, innovativer Medikamente und die Versorgungssicherheit akut gefährdet und die Rechtstaatlichkeit verletzt. Die vom Bundesrat vorgeschlagene und in die Vernehmlassung gegebene KVV/KLV-Revision ist damit untauglich und Interpharma weist die Revision zur Überarbeitung zurück. Gefordert ist ein Ansatz, der die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten berücksichtigt und den Zugang zu innovativen Therapien nachhaltig verbessern kann. Alternativen liegen vor.
Am 3. Juni 2022 hat der Bundesrat die Vernehmlassung zur Änderung der Krankenversicherungsverordnung (KVV) und der Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV) betreffend Einzelfallvergütung und kostendämpfende Massnahmen eröffnet. Damit will der Bundesrat unter anderem die Aufnahme in die Spezialitätenliste (SL) beschleunigen und die Kosten dämpfen. Doch die vom Bundesrat geplanten Änderungen zementieren und verschärfen die bereits bestehenden, dringenden Probleme bei der Aufnahme von neuartigen innovativen Medikamenten in die Spezialitätenliste. Das bedeutet konkret, dass Patientinnen und Patienten weiterhin lange auf regulär vergütete Therapien warten müssen. Zudem werden mit den Änderungen der Verordnung bestehende Gesetze unterlaufen, wie ein von Interpharma in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten zeigt. Das ist staatspolitisch nicht akzeptabel.
Patientinnen und Patienten sind die Verlierer der Revision
Mit der vorgesehenen KVV/KLV-Revision besteht die akute Gefahr, dass die Patientinnen und Patienten in der Schweiz beim Zugang zu hoch-innovativen Therapien abgehängt werden. Insbesondere Menschen mit seltenen Krankheiten und Kinder würden den Zugang zu dringend benötigten Medikamenten verlieren: Denn neu würden auch für die Einzelfall-Vergütung klinisch kontrollierte Studien vorausgesetzt. Der sog. Off-Label-Use regelt die Vergütung von (noch) nicht zugelassenen Indikationen und macht bis zu 80% aller Einzelfälle aus. Weil in Einzelfallsituationen klinisch kontrollierte Studien oft fehlen, wäre der neu geforderte Nachweis eines Mehrnutzens von 35% meistens nicht möglich. Entsprechend können die meisten Off-Label-Behandlungen nicht mehr vergütet werden und betroffene Patientinnen und Patienten verlieren den Zugang zur benötigten Therapie - ein massiver Qualitätsabbau auf dem Rücken der Schwächsten.
Weiter soll der Begriff des Patentschutzes aus der Verordnung gestrichen werden. Damit würden der Schutz des geistigen Eigentums im Einzelfall unterwandert und internationale Verpflichtungen der Schweiz verletzt. Unter dieser Schwächung der Rechtsstaatlichkeit leiden sowohl die Vertrauenswürdigkeit als auch die Attraktivität des Forschungsstandorts Schweiz.
Bundesrat muss Vorlage grundlegend überarbeiten
Die geplanten Änderungen sind inakzeptabel. Mit dem Konzept des rückvergüteten Innovationszugangs hat Interpharma bereits im Mai einen konkreten Vorschlag vorgelegt, der die bestehenden Probleme wirksam angeht, umsetzbar ist und von verschiedenen Stakeholdern unterstützt wird. Interpharma lehnt die Änderungen daher entschieden ab und weist die Revisionsvorlage zur Überarbeitung zurück. Für die Revision von KVV und KLV muss zwingend eine Regulierungsfolgenabschätzung durchgeführt und die Massnahmen mit den laufenden Projekten des Bundes zur Versorgungssicherheit koordiniert werden. Bei der Ausarbeitung einer neuen, mit dem Kostendämpfungspaket 2 abgestimmten Vorlage sind insbesondere folgende Punkte zu beachten:
- Fokussierung des Art. 71a-d KVV auf den Zugang in medizinisch begründeten Einzelfällen.
- Beschleunigung des ordentlichen SL-Aufnahmeprozesses durch die Umsetzung des von Interpharma vorgeschlagenen Konzepts des rückvergüteten Innovationszugangs.
- Verzicht auf die KVG-widrige Einführung des Billigstprinzips.
- Berücksichtigung des geistigen Eigentums.
René Buholzer, Geschäftsführer von Interpharma erklärt:
"Die vom Bundesrat vorgeschlagene und in die Vernehmlassung gegebene KVV/KLV-Revision ist untauglich und muss grundlegend überarbeitet werden. Für Patientinnen und Patienten, welche auf Medikamente angewiesen sind, die nicht auf der Spezialitätenliste stehen, ist das ein Schlag ins Gesicht. Mit dem Konzept des rückvergüteten Innovationszugangs hat Interpharma eine konstruktive Alternative auf den Tisch gelegt. Der Bundesrat muss über die Bücher und sich ernsthaft damit auseinandersetzen."
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