economiesuisse - Wachstum anhaltend, nachlassende Dynamik
Wirtschaftslage, konjunktureller Ausblick und wirtschaftspolitische Prioritäten
Zürich (ots)
Aktuelle wirtschaftliche Situation Die Schweizer Wirtschaft ist immer noch in Fahrt. Das Bruttoinlandprodukt (BIP) wird 2007 aller Voraussicht nach um etwa 2,7 Prozent wachsen. Damit kann die Schweizer Wirtschaft auf vier erfolgreiche Jahre zurückblicken: Seit 2004 übertreffen die Wachstumsraten des BIP die psychologisch wichtige Zweiprozentmarke. Diese Marke hat aber nicht nur psychologischen Wert, sondern liegt auch nahe am derzeitigen Potenzialwachstum der Schweizer Wirtschaft von 1,9 Prozent.
Das robuste Wachstum ist breit abgestützt und umfasst sowohl alle wichtigen Nachfragegrössen als auch die meisten Branchen. Besonders der Export und der Konsum entwickeln sich erfreulich. Das Wirtschaftswachstum spiegelt sich in einer positiven Entwicklung am Arbeitsmarkt. Trotz der anhaltend guten konjunkturellen Lage steigen die Preise im Jahresdurchschnitt lediglich um rund 0,7 Prozent.
Wirtschaftliche Entwicklung economiesuisse geht von einem Wachstum von 1,5 bis 1,7 Prozent im nächsten Jahr aus. Die positive Beschäftigungssituation wird auch im Jahr 2008 anhalten. Aufgrund des moderaten Wirtschaftswachstums werden die Arbeitslosenzahlen (2,6 Prozent) weiter leicht sinken.
Allerdings ist der Höhepunkt des Konjunkturzyklus überschritten und die Wachstumsdynamik wird spürbar nachlassen. economiesuisse geht für das Jahr 2008 von einem stabilen Wachstum des inländischen Konsums aus, was vor allem dem Detailhandel und dem Tourismus zugute kommen wird. Demgegenüber werden die Bauinvestitionen leicht rückläufig sein, aber immer noch ein hohes Niveau aufweisen. Der wichtigste Wachstumstreiber bleibt die Exportwirtschaft. Im Gegensatz zur Realwirtschaft sind die Aussichten für die Finanzwirtschaft aufgrund der anhaltenden Unsicherheit etwas weniger positiv. Nach wie vor ist das konkrete Ausmass des notwendigen Wertberichtigungsbedarfs nicht bekannt. Derzeit geht man in Marktkreisen von 200 bis 300 Milliarden Dollar aus. Bleibt es dabei, wäre der Wertberichtigungsbedarf für das Bankensystem in den USA und im Rest der Welt tragbar. Für den Finanzplatz Schweiz von grosser Bedeutung ist das Vermögensgeschäft und damit die Lage auf den Aktienmärkten, die bis dato nicht so stark unter der Krise gelitten haben. So lange sich das Markt¬umfeld nicht deutlich verschlechtert, sollten sich die Auswirkungen auf die Schweizer Finanzindustrie denn auch in Grenzen halten.
Risiken Die Wachstumsaussichten der Schweizer Wirtschaft können vor allem durch zwei Faktoren getrübt werden: Erstens haben sich die rezessiven Tendenzen in den USA als Folge steigender Kreditausfälle, sinkender Immobilienpreise und anziehender Import- und Nahrungsmittelpreise erhöht. Käme es tatsächlich zu einer Rezession in den USA, würde dies die weltweite Konjunktur stark in Mitleidenschaft ziehen und damit auch die Schweizer Exporte reduzieren. Zweitens besteht die Gefahr von abrupten Wechselkursänderungen. Wertet sich der Franken im Zusammenhang mit der Kreditkrise oder einer politischen Krise massiv auf, führt dies der Schweizer Wirtschaft erheblichen Schaden zu.
Monetäre Entwicklung Die durchschnittliche Inflationsrate für das Jahr 2007 wird in den USA auf rund 2,7 Prozent und im Euro-Raum auf etwa 2,0 Prozent geschätzt. Dauert die grosszügige Liquiditätszufuhr in den Finanzkreislauf an, werden die Inflationsraten langfristig weiter anziehen. Für die Schweiz ist die Inflations¬gefahr hingegen weniger ausgeprägt. Der Anstieg der Erdölpreise wird teilweise durch die Abwertung des Dollars kompensiert. Hingegen werden die Nahrungsmittelpreise im Jahr 2008 etwas anziehen. Auch die Lohnerhöhungen führen zu moderat steigenden Preisen.
Insgesamt geht economiesuisse für das nächste Jahr von einer durchschnittlichen Inflationsrate in der Höhe von 1,3 bis 1,5 Prozent aus. Vor diesem Hintergrund erwartet economiesuisse kurzfristig keine weitere Zinserhöhung der SNB.
Wirtschaftspolitische Prioritäten in der neuen Legislatur Die Schweiz muss im globalen Wettbewerb ihre Konkurrenzfähigkeit weiterhin nachhaltig stärken. Nur so kann eine Basis für künftiges und nachhaltiges Wachstum gewährleistet werden. Für economiesuisse stehen darum folgende wachstumspolitische Herausforderungen im Vordergrund:
- Finanzpolitik: Überschüsse sollen zur Schuldentilgung und zu gezielten Steuersenkungen verwendet werden. Die Schuldenbremse muss eingehalten und auf den ausserordentlichen Bereich ausgeweitet werden. Unter Berücksichtigung einer Ausgabendisziplin entlang der Teuerung bleibt eine Schwerpunktbildung auf zukunftsorientierte, wachstumsstärkende Ausgaben für Bildung und Forschung sowie für die Modernisierung von Infrastrukturen wichtig.
- Aussenwirtschaftspolitik: Die Sicherung des bilateralen Weges mit der EU, Freihandelsabkommen mit aussereuropäischen aufstrebenden Staaten und die Wiederbelebung der WTO bleiben zentral.
- Wettbewerbspolitik: Der Wettbewerb muss weiter gestärkt werden. Der Marktzugang muss erleichtert und staatlich regulierte Preise müssen abgebaut werden. Öffnung des Post- und Strommarkts und Ausweitung des Wettbewerbs im Spitalmarkt.
- Bildung und Forschung: Einen Schwerpunkt sieht economiesuisse bei den Naturwissenschaften und in der Ingenieurausbildung. Ausserdem soll das Hochschulrahmengesetz möglichst schnell umgesetzt werden.
- Energiepolitik: Prioritär bleiben für die Wirtschaft weitere Sparanstrengungen, Effizienzsteigerungen, die Förderung alternativer Energien und der Bau von Grossanlagen, vornehmlich im Kernkraftbereich.
Wichtige steuerpolitische Reformen angehen Die Steuerattraktivität der Schweiz zahlt sich für alle Bürger aus. Diese Attraktivität muss aber aktiv gepflegt werden. Nötig ist darum ein schlankes und unverzerrtes Steuersystem, das die zentralen Wachstums- und Wohlstandsfaktoren nicht zu stark tangiert. Das schweizerische Steuerwettbewerbsmodell hat sich bewährt und ist deshalb im Inland und gegenüber dem Ausland zu verteidigen. Es ist die Grundlage für internationale Steuerattraktivität bei gleichzeitiger Sicherstellung der Solidarität. Auch die steuerliche Attraktivität der Schweiz für qualifizierte ausländische Arbeitskräfte muss mit Blick auf ein gesundes Wachstum vorangetrieben werden. Eine weitere Herausforderung stellt die Vereinfachung der Mehrwertsteuer dar. Hier setzt sich economiesuisse konsequent für einen Einheitssatz ein.
Von grosser Wichtigkeit für die Wirtschaft ist die Unternehmenssteuerreform II, die die kleinen und mittleren Unternehmen in der Schweiz wesentlich entlasten wird. Sie konzentriert sich gezielt auf steuerliche Hindernisse und Schwierigkeiten zulasten der KMU. Junge, aufstrebende Unternehmen werden gefördert, Nachfolgeprobleme gemildert und Restrukturierungen vereinfacht. So profitieren die rund 300'000 Schweizer KMU, unter anderem die Betriebe der Landwirtschaft, von dieser massvollen Reform. Mit dem Abbau der schädlichen Kapitalsteuer und der Einführung des Kapitaleinlageprinzips gewinnt der Standort Schweiz weiter an Attraktivität. Auch bei der Dividendenbesteuerung wird die Reform eine längst nötige Wende herbeiführen. Die breite Abstützung von Kantonen, Bundesrat, allen bürgerlichen Parteien bis hin zu den Grünliberalen und die positiven Abstimmungsergebnisse der letzten Monate beweisen, dass die KMU-Steuerreform eine sinnvolle und gut schweizerische Lösung ist.
Kontakt:
Prof. Dr. Rudolf Minsch
Telefon: 044 421 35 35
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