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SNF: Bild der Forschung Oktober 2010: Christen und Heiden im Mittelalter

SNF: Bild der Forschung Oktober 2010: Christen und Heiden im Mittelalter
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Bern (ots)

- Hinweis: Bildmaterial steht zum kostenlosen Download bereit  
     unter: http://www.presseportal.ch/de/pm/100002863 -
Wenn Nicht-Christen eine christliche Prozession machen
Religionen neigen dazu, sich voneinander abzugrenzen, um ihre 
Identität zu bewahren und sich zu positionieren. Dabei bedienen sie 
sich mitunter abwertender Mittel. Wie das im Mittelalter gemacht 
wurde, ist Teil einer Untersuchung des Nationalen 
Forschungsschwerpunktes (NFS) 
«Medienwandel-Medienwissen-Medienwechsel». Eine Illustration des 15. 
Jahrhunderts zeigt, wie sich Christen über Heiden mokieren, die eine 
kuriose Prozession veranstalten.
Was passiert hier? Eine zehnköpfige Gruppe zieht wohlgeordnet über
Land. Die bärtigen Männer schauen meist ernst drein, tragen drei 
merkwürdige Statuen, einer liest in einem Buch. Die Federzeichnung 
findet sich in einer spätmittelalterlichen Handschrift aus 
Süddeutschland zum Leben des heiligen Apollonius.
Die Zeichnung ist nicht einfach zu deuten. «Wahrscheinlich handelt
es sich um eine abwertende Darstellung der Nicht-Christen, der 
Heiden. Ein bekannter Ritus, die Prozession, wird verfremdet, um 
damit nicht-christliche Religiosität als Abweichung von der Norm des 
christlichen Glaubens darzustellen. Durch die Abgrenzung vom Fremden 
wird das Eigene profiliert», sagt die Literaturwissenschaftlerin 
Susanne Baumgartner. Sie untersucht in ihrer Dissertation anhand von 
Religionsgesprächen, wie sich im Mittelalter Christen mit den 
Nicht-Christen, insbesondere mit dem Judentum und dem Islam, 
auseinandersetzen.
Woran merkt man, dass die offensichtlich frommen Männer Heiden 
sind? Zwar hat der Illustrator auf traditionelle Formen der 
christlichen Heilsvermittlung (z.B. Buch, Prozession, Gebet) 
zurückgegriffen. Einzelne Elemente werden jedoch von 
nicht-christlichen Zeichen überlagert: Die Männer führen nicht etwa 
Kreuze oder Heiligenstatuen mit, sondern antike Götterfiguren. Die 
Turbane am rechten Bildrand deuten darauf hin, dass ihre Träger 
Muslime sind, der Spitzhut ist ein Merkmal der Juden.
Die Anhäufung von Zeichen diverser Religionen deutet einerseits 
auf die Unsicherheit des Illustrators bei der Darstellung eines 
heidnischen Kultes hin. Andererseits verweist sie auf das aus 
christlicher Perspektive religiöse Unverständnis der Heiden. Ihr 
Gebet ist nichtig, weil sie mit den falschen Mitteln den falschen 
Gott bzw. die falschen Götter anbeten.
Ins Bild gesetzt ist auch ein traditioneller Streitpunkt zwischen 
Christentum und Heidentum: die Auslegung des Trinitätsdogmas. Dem 
Christentum wurde immer wieder vorgeworfen, es besitze nicht einen, 
sondern drei Götter. Die Illustration reicht den Vorwurf der 
Vielgötterei an die Heiden zurück: Sie nämlich - so das bildliche 
Argument - seien es, die das Wesen der höchsten Macht missverstünden,
weil sie statt des christlichen dreieinigen Gottes drei verschiedene 
Götzen (Jupiter, Venus und Mars) verehrten.
Text und Bilder dieser Medienmitteilung können auf der Website des
Schweizerischen Nationalfonds heruntergeladen werden: www.snf.ch > 
Medien > Bild der Forschung

Kontakt:

Susanne Baumgartner
Universität Zürich
NFS Medienwandel-Medienwissen-Medienwechsel
Rämistrasse 42
8001 Zürich
Tel.: 044 634 51 20
E-Mail: susanne.baumgartner@ds.uzh.ch

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