Offener Brief von Radio 105 an die Politiker
Muttenz (ots)
Sehr geehrte Damen und Herren
Radio 105 ist bestürzt über die Entwicklungen der Schweizer Medienszene.
Der Markt für elektronische Medien ist weltweit ein Wachstumsmarkt erster Güte. In der Schweiz jedoch müssen nach dem Schweizer Fenster von RTL/Pro7 auch Tele 24 und TV3 schliessen, Tele M1 und Tele Tell Stellen streichen. Die Schweiz erlaubt es sich also, hunderte von Arbeitsplätzen zu vernichten oder gar nicht erst entstehen zu lassen. Dieses Fiasko ist nicht den Unternehmern anzulasten, die sich engagieren. Und schuld daran ist auch nicht der angeblich so kleine Werbemarkt der Schweiz. Immerhin weist die Schweiz die höchsten Werbeausgaben (pro Kopf) von ganz Europa aus. Mit anderen Worten: Über vier Milliarden Franken werden in der Schweiz jedes Jahr in Werbung investiert.
Dieser Scherbenhaufen ist vielmehr das Resultat einer Medienpolitik, die sich nicht sorgfältig darum kümmert, welche Rahmenbedingungen gegeben sein müssen, damit sich die Medienlandschaft entwickeln kann. Die in den Aktualitäten rascheren und flexibleren Medien (Tele 24) werden damit zur Kapitulation gezwungen, die behäbige Monopolistin SRG darf sich einmal mehr ins Fäustchen lachen.
Die Auswertung der 206 Stellungnahmen zum neuen RTVG ist absolut erschütternd. Sie zeigt keinerlei inhaltliche Visionen auf. Plakative Begriffe wie "Duales System" bleiben reine Worthülsen. Die verkrustete Monopolsituation der SRG für die überregionale UKW-Versorgung wird mit keinem Wort thematisiert, obwohl z.B. von Radio 105 und seinen jugendlichen Hörern mit einer Petition Alternativen gefordert werden.
Der Schutz der SRG hat die Schweiz davor bewahrt, eine attraktive und lebendige Medienlandschaft entstehen zu lassen. Die Schweiz hinkt dem benachbarten Ausland inzwischen um Jahrzehnte hinten nach. Wir müssen uns damit begnügen, neben der SRG und jeweils ein bis zwei Lokalsender vor allem ausländische Programme nutzen zu müssen.
Im Fernsehbereich ist diese Tatsache bereits nicht mehr rückgängig zu machen. Die in ihrem Monopol laufend gestärkte SRG kann es sich sogar leisten, eine Gebührenerhöhung um 5 % zu beantragen, obwohl ein Abbau von öffentlichen und zwangsfinanzierten Leistungen im Medienmarkt angesagt wäre.
Im Radio sind es andere Faktoren als beim Fernsehen, die der Privatinitiative den Nährboden entziehen. Wir möchten sie einmal mehr zusammenfassen, in der Hoffnung, dass sie doch noch politisch Gehör erhalten und im RTVG Einzug nehmen:
Gebührensenkung statt Erhöhung
Der "Service Public" kann von der SRG mit einem Radioprogramm pro Sprachregion ausreichend erfüllt werden. Alle weiteren Funktionen können und sollen durch Private geleistet werden, d.h. dem Markt übergeben werden. Damit wird der Boden geschaffen, dass Gebührensenkungen möglich werden.
Service Public = Reine Augenwischerei
Es ist beispielsweise absolut fragwürdig, dass die SRG unter dem Deckmantel des "Service Public" das funktionierende private Jugendradio 105 mit einem eigenen Sender (Virus) nachzuahmen versucht, dafür Gebühren einsetzt und den Markt verfälscht. Der von der SRG kreierte Begriff "Service Public" ist reine Augenwischerei, wie unser Beispiel zeigt.
DRS 2 und DRS3 privat anbieten, Virus und Co. abstellen
Im Radiobereich sind folgende Forderungen zu stellen: Die zweiten und dritten Radioprogramme (z.B. DRS 2 und 3) sollen privat angeboten werden, da sie nicht zur Grundversorgung gehören. Radio Virus, Swiss Pop, Swiss Classic, Swiss Culture sind ganz einzustellen, da sie keinen Hörermarkt aufweisen und somit nur unnötig die Gebührengelder beanspruchen.
UKW-Frequenzen für nationale Privatradios einsetzen
UKW-Frequenzen, die nicht durch das Service-Public-Programm der SRG oder durch Lokalradios belegt werden, sind für nationale Zielgruppen- bzw. Spartenprogramme vorzusehen. Die Frequenzzuteilung soll sich am Interesse des Publikums orientieren statt der SRG-Monopolpolitik zu hofieren. Eine UKW-Frequenz ist für 105, das erfolgreichste und beliebteste Jugendradio, vorzusehen.
UKW-Frequenzoptimierung durch neutrale Experten
Die UKW-Frequenzen sind durch anbieterunabhängige technische Experten zu optimieren, damit unnötige Mehrfachbelegungen durch die SRG endlich ausgeräumt werden.
Rete Uno in der Deutschschweiz nur noch via Kabel verbreiten
SRG-Programme aus den anderen Sprachregionen, deren Nutzung relativ gering und sehr spezifisch ist, sollen zukünftig ausschliesslich über Kabel, Internet u.a. verbreitet werden. Es ist z.B. völlig unnötig, dass RETE UNO in der Deutschschweiz knappe, wertvolle UKW-Frequenzen blockiert.
Kabelnetz: Schweizer Programme müssen aufgeschaltet werden
Im Kabel müssen gleichlange Spiesse wie bei UKW gelten. Es ist grotesk, dass die Cablecom als Monopolbetrieb dem konzessionierten Radio 105 Classics die Aufschaltung mit fadenscheinigen Argumenten verwehren darf, und ihm damit jegliche Marktchancen nimmt und Arbeitsplätze verhindert. Wer ist in unserem Land eigentlich die Konzessionsbehörde: der Bundesrat oder die Cablecom? Weshalb wird dieser krasse Missstand in der Auswertung zum Vernehmlassungsverfahren mit keinem Wort erwähnt?
Radio 105 ist ein kleiner Sender ohne politische Hausmacht. Sein Kapital sind seine Hörer, die begeisterte Jugend. Es wäre im neuen Millennium angezeigt, politische Bekenntnisse auch umzusetzen, und die Jugend und ihre Anliegen endlich ernst zu nehmen und zu unterstützen. Im Gegensatz zu den Milliarden, die es den Steuerzahler kostet, eine nationale Fluggesellschaft zu erhalten, ist es völlig unentgeltlich, im Radio- und Fernsehsektor endlich Rahmenbedingungen zu schaffen, die interessante und kreative Arbeitsplätze für junge Leute ermöglichen.
Kontakt:
RADIO 105 NETWORK AG
Giuseppe Scaglione
Delegierter des Verwaltungsrates
Postfach
4132 Muttenz
Tel. +41 61 467 94 94
Fax +41 610 467 94 95
E-Mail: scaglione@105.ch
Internte: www.105.ch