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EMPA: Dicke Luft - und was wir sonst noch einatmen: 12. Wissenschaftsapéro an der Empa-Akademie

Dübendorf (ots)

Wir halten uns über 20 Stunden täglich in
Innenräumen auf. Nicht unbedeutend für unser Wohlbefinden ist dabei 
die Qualität der Innenluft. Die Nase meldet es uns sonst schon bald: 
Dicke Luft. Was wir sonst noch alles einatmen, und welche 
Schadstoffe auch in der Aussenluft vorhanden sind, darüber 
berichteten drei Referenten am Wissenschaftsapéro vom 30. Juni an 
der Empa-Akademie.
Unter dem Titel «Dieses Gebäude macht mich krank» informierte 
Roger Waeber vom Bundesamt für Gesundheit über verschiedene Quellen, 
welche die Luft eines Raumes eventuell verunreinigen. 
Gesundheitsgefährdende Chemikalien können von Baustoffen, 
imprägnierten Möbeln oder Haushaltsprodukten abgegeben werden. 
Häufig kommt es z.B. bei Mieterwechseln vor, dass Sanierungen in 
viel zu kurzer Frist vorgenommen werden müssen. Dann bleibt für das 
Verflüchtigen giftiger Lösungsmittel zu wenig Zeit. Auch 
Komponentenkleber zum Basteln setzen Schadstoffe frei und selbst der 
verkohlte Cervelat aus der Bratpfanne belastet die Innenluft mit 
Russpartikeln. Und durch Tabakrauch wird die Luft von Innenräumen 
ebenfalls nicht wenig belastet.
Limitierte toxikologische Einzelstoffbewertungen
Bei der Bewertung im konkreten Fall stelle sich, so Waeber, immer 
die Frage, welchen Schadstoffen die Betroffenen wie stark ausgesetzt 
seien. Denn je nach Vorkommen und Eigenschaften eines Schadstoffes 
kann die Belastung nicht nur über die Raumluft erfolgen, sondern 
auch über weitere Pfade. Dann genügen regelmässige 
Belüftungsaktionen nicht mehr. Toxikologische Einzelstoffbewertungen 
reichen ebenfalls nicht mehr aus, wenn über meist unspezifische 
gesundheitliche Beschwerden geklagt wird. Eine gesamtheitliche 
Sichtweise auf die schlechte Luft wird dann nötig.
Für diese machte sich auch Hartmut Frank, Professor für 
Umweltchemie und Ökotoxikologie an der Universität Bayreuth, stark. 
Denn über Kombinationswirkungen, wie sie beispielsweise bei 
Arzneimitteln recht gut erforscht sind, ist in der Forschung zur 
Lufthygiene wenig bekannt, obwohl die Auseinandersetzung mit Fragen 
zur Luftreinheit schon seit Beginn der Industrialisierung andauert. 
Gegen die Belastung der Stadtatmosphäre durch Verbrennen fossiler 
Brennstoffe oder durch freigesetzte Faulgase aus Abfällen, welche 
die Bewohner der vergangenen Jahrhunderte gesundheitlich stark 
beeinträchtigte, wurde erfolgreich vorgegangen. Die Luftqualität und 
damit auch die Lebensqualität in den Städten liess sich in Europa 
durch Schadstoffmessungen und entsprechende gesetzliche Massnahmen 
ständig verbessern. Allerdings hat das Monitoring der Luftqualität 
seine Tücken: Unzuverlässige Daten aus der Überwachung führen zu 
falschen Aussagen. Giftstoffe, die nur in kleinsten Mengen 
auftreten, aber sehr wirksam sind, werden möglicherweise übersehen. 
Risiken werden dann falsch bewertet.
Besseres Risikoverständnis durch interdisziplinäre Zusammenarbeit 
Frank plädiert deshalb für Interdisziplinarität. Erst wenn viele 
wissenschaftliche Disziplinen am Thema arbeiten, wird es gelingen, 
die Risiken der Luftverschmutzung besser zu verstehen und zu 
bewerten. Neben zuverlässigen Emissionskontrollen sollen 
ökotoxikologische Untersuchungen vorgenommen, Erkenntnisse über 
Depositions- und Resorptionswege integriert, Wirkungsexperimente 
angestellt und Grenzwerte festgelegt werden.
Einige Beiträge, welche die Empa zur Lufthygiene leistet, stellte 
Martin Kohler von der Abteilung Organische Chemie vor. So überwacht 
die Empa zusammen mit dem BUWAL die Luftqualität, indem sie das 
Nationale Beobachtungsnetz für Luftfremdstoffe (NABEL) betreibt. 
Neben bekannten Luftschadstoffen wie Schwefeldioxid, dessen 
Konzentrationen durch technische Massnahmen deutlich reduziert 
werden konnten, rücken heute immer häufiger persistente organische 
Schadstoffe ins Zentrum der Aufmerksamkeit.
Persistente organische Schadstoffe (POP)
POP (persistent organic pollutants) werden via Atmosphäre über 
grosse Distanzen verfrachtet, sind kaum abbaubar und reichern sich 
in der Nahrungskette an. Sie können das endokrine System des 
Menschen stören, neurologische und Entwicklungsstörungen verursachen 
und vermutlich auch zu Krebs führen. Die Empa untersuchte POP, 
beispielsweise die früher als Weichmacher in Fugendichtungsmassen 
eingesetzten polychlorierten Biphenyle (PCB). In einer weiteren 
Untersuchung über die Anreicherung von bromierten Flammschutzmitteln 
zeigte sie, dass bestimmte Flammschutzmittel (PBDE), die für das 
Imprägnieren von Schaumstoffen und Textilien verwendet werden, in 
Fischen aus Schweizer Seen vorhanden sind. Vermutlich werden 
bromierte Flammschutzmittel hauptsächlich über die Atmosphäre 
verfrachtet und gelangen so in die Nahrungskette.
Was ist der Wissenschaftsapéro? An den regelmässig stattfindenden 
Wissenschaftapéros greift die Empa- Akademie fachlich und 
gesellschaftlich relevante Fragestellungen auf. Jeweils drei bis 
vier ReferentInnen aus Forschung, Politik und Wirtschaft 
präsentieren in ihren Vorträgen Ergebnisse und Absichten zu dem 
behandelten Thema. Anschliessend stehen sie auch den nicht mit dem 
Fach vertrauten Gästen entweder in der Diskussionsrunde oder beim 
Apéro Rede und Antwort. Der nächste Wissenschaftsapéro findet statt 
am 25. August 2003 zum Thema «Korrosion - Nur die Spitze des 
Eisbergs?». Ort: Empa, Dübendorf, Zeit: 16.30. Es ist keine 
Anmeldung erforderlich.
Fachliche Auskünfte: Dr. Martin Kohler, Abteilung Organische Chemie, 
Tel. 01 823 43 34, E-mail:  martin.kohler@empa.ch
Redaktion: Martina Peter, Abteilung Kommunikation/Marketing, 
Tel. 01 823 49 87, E-mail:  martina.peter@empa.ch
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