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Eidg.Materialprüf.- u. Forschungsanstalt

Internat. Workshop: Stammzellen und Materialien für die Medizin Alleskönner helfen kaputte Knochen heilen

Dübendorf (ots)

Vom 7. bis 9. November trafen sich an der
Empa in 
St. Gallen erstmals Europas führende Forscher auf dem Gebiet der 
mesenchymalen Stammzellen. Diese bis anhin vernachlässigten Zellen 
könnten die Behandlung von arthritischen Hüftgelenken und 
komplizierten Knochenbrüchen schon bald einschneidend verändern.
Die Situation ist paradox. Da gibt es eine interessante Gruppe 
von 
Zellen, die das Zeug für sehr interessante medizinische Anwendungen 
haben, die aber bei Stammzellforschern geradezu ein 
stiefmütterliches Dasein fristen. Hinzu kommt, dass die wenigen 
Gruppen, die sich mit diesen so genannten mesenchymalen Stammzellen 
beschäftigen, bislang eher wenig Austausch pflegten. «Über die 
Knochenvorläuferzellen existieren viele sehr widersprüchliche 
Angaben», beklagt die Zellbiologin an der Empa Dr. Katharina 
Maniura 
die aktuelle Situation. Dieser Missstand bewog sie zusammen mit Dr. 
Arie Bruinink, Leiter vom Empa-Team MaTisMed (Kürzel für «Materials 
and Tissues for Medicine»), vom 7. bis 9. November einen 
Stammzell-Workshop an der Empa zu organisieren, an den sie führende 
Forschungsteams aus ganz Europa einluden.
Wirtschaftlich interessanter Knochenersatz
Mesenchymale Stammzellen gehören zu den adulten Stammzellen, die 
sich – im Gegensatz zu den alles könnenden embryonalen Stammzellen –
bislang nur in eine beschränkte Anzahl von Geweben entwickeln 
können: Knochen, Knorpel, Muskeln und Haut sind die wichtigsten 
Typen bei den mesenchymalen Stammzellen. Sie befinden sich 
vorwiegend im Knochenmark, sind aber auch in anderen Geweben wie im 
Nabelschnurblut oder dem Fettgewebe zu finden.
Eine mögliche Anwendung der vielseitigen Zellen wäre 
beispielsweise 
die Optimierung von Materialien für Knochenimplantate, etwa bei 
künstlichen Hüftgelenken. Ausserdem könnte es einmal möglich 
werden, 
mit Stammzellen aus dem Knochenmark von Patienten körpereigenen 
Knochenersatz zu züchten. Angesichts der grossen Zahl von 
Hüftgelenksoperationen und der bisher nur unbefriedigend heilenden 
grossen Knochendefekten wird klar: Mesenchymale Stammzellen sind 
sehr verheissungsvoll – und nicht zuletzt auch wirtschaftlich 
interessant.
Doch noch sind die Stammzellforscher nicht soweit: Die 
Vorläuferzellen verhalten sich nicht immer so, wie es die Forscher 
gerne möchten. «Das Basiswissen über diese Zellen fehlt noch 
weithin. Ein Grund dafür ist, dass die verschiedenen Studien nur 
schlecht zu vergleichen sind, da jedes Team andere Methoden 
verwendet. Hinzu kommt, dass die Interpretationen der Daten zum 
Teil 
auf unterschiedlichen Philosophien basieren», erklärt Arie 
Bruinink.
Stammzellforscher gleichen ihre Methoden ab
Der dreitägige Stammzell-Workshop brachte unterschiedliche 
Problemfelder rund um die mesenchymalen Stammzellen aufs Tapet. Am 
ersten Vortragsnachmittag ging es vereinfacht um die Frage: Wie 
finde ich in einer Suppe aus Knochenmarkzellen, die Stammzellen, 
die 
sich in Knochenzellen verwandeln können? «Jedes Labor zieht ein 
anderes Protein an der Zelloberfläche vor, nach denen es die Zellen 
sortiert», erklärt Maniura. Dabei ist bei diesen 
Oberflächeneiweissen meist weder die Funktion klar, noch wie 
spezifisch sie für mesenchymale Stammzellen sind. Entsprechend 
widersprechen sich auch die Resultate der verschiedenen 
Forschungsteams. Der Workshop hat jetzt etwas mehr Klarheit 
geschaffen: «Es war sehr nützlich, dass wir unsere verschiedenen 
Methoden jetzt alle mal verglichen haben», sagt Bruinink. Am 
zweiten 
Tag diskutierten die anwesenden Forscherinnen und Forscher, welches 
die optimalen Bedingungen sind, damit sich die Zellen in die 
gewünschte Richtung differenzieren. Danach ging es um das 
«Phenotyping» – das heisst, die Suche nach Molekülen, die anzeigen, 
in welche Richtung sich eine Zelle gerade entwickelt. «Wir sparen 
viel Zeit und Geld, wenn wir früh feststellen können, ob eine Zelle 
zu einer Fett-, Knorpel- oder sonst einer Zelle wird», so Maniura. 
Am letzten Tag folgte schliesslich eine offene Diskussion über den 
Verlauf des Treffens. Widersprüche, die während des Kongresses 
auftraten, wurden besprochen, weitere Vorgehensweisen erörtert und 
neue Projektideen entwickelt. «Es kam eine sehr produktive 
Diskussion zu Stande», freut sich Bruinink.
Unerwünschte Fettzellen
An der Empa beschäftigt sich das Team MaTisMed von Arie Bruinink 
unter anderem mit den mesenchymalen Stammzellen. Im Vordergrund 
steht dabei die Forschung an der Schnittstelle zwischen den 
lebenden 
Zellen und dem Material, das bei Implantaten sowie bei der 
Gewebezucht zum Einsatz kommt. Das Team versucht, die Stammzellen 
in 
Kultur dazu zu bringen, sich in den richtigen Gewebetyp zu 
differenzieren. Mit der richtigen Konzentration von Vitamin C und D 
sowie einer Phosphatquelle klappt es manchmal. Häufig entwickeln 
sich die Zellen aber zu Fettzellen – «natürlich nicht das, was wir 
suchen», meint Bruinink.
Der Grund für diese unerwünschte Differenzierung liegt 
vermutlich in 
der Herkunft der Zellen. Das MaTisMed Team erhält sie vom 
Kantonsspital St. Gallen, wo sie bei Hüftoperationen anfallen. Weil 
dabei die Spender meist älter und wegen ihrer Hüftprobleme 
körperlich nur wenig aktiv sind, ist das genetische Programm ihrer 
mesenchymalen Stammzellen auf «Fettzelle» statt auf «Knochen» 
eingestellt – ein Problem, das man an der Empa zu lösen versucht. 
Der Stammzell-Workshop hat dafür wichtige Impulse geliefert. Die 
beiden Initiatoren hoffen deshalb, dass sich das europäische 
Meeting 
in Zukunft regelmässig durchführen lässt. Sicher ist, dass die drei 
Tage an der Empa die Erforschung der mesenchymalen Stammzellen 
einen 
grossen Schritt weitergebracht hat und dass in Zukunft die 
Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Labors enger 
funktionieren 
wird.
Autor: Felix Straumann, dipl. Biologe, freischaffender 
Wissenschaftsjournalist
Kontakte:
Sabine Voser, Abt. Kommunikation,  sabine.voser@empa.ch (Text und 
Bild-Kontakt)
Dr. Katharina Maniura, MaTisMed, +41 71 274 74 47,  
katharina.maniura@empa.ch (Fachlicher Kontakt)
Dr. Arie Bruinink, Leiter MaTisMed, +41 71 274 7695,  
arie.bruinink@empa.ch (Fachlicher Kontakt)

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