Studie "Schweizer Stromwirtschaft: Durch falsche Anreize ins Abseits?"
Zürich (ots)
Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU) investieren dort, wo die Investitionssicherheit gegeben und wo der Widerstand aus der Gesellschaft gering ist. Im Bereich Energieeffizienz planen die meisten EVU, ihre Aktivitäten zu erhöhen, allerdings sind diese nur für wenige ein Geschäft. Weiter liegt mit Blick auf die Marktliberalisierung ein starker Fokus auf der Optimierung der betrieblichen Abläufe und Kostenstrukturen. Diese Erkenntnisse resultieren aus der zweiten Standortbestimmung zur Schweizer Stromwirtschaft, die The Boston Consulting Group und der VSE zusammen erstellt haben.
Viele EVU planen, ihre Produktion mit erneuerbaren Energien weiter auszubauen. Ein wichtiger Grund hierfür ist die Kostendeckende Einspeisevergütung (KEV), die eine Wirtschaftlichkeitsgarantie für entsprechende Projekte darstellt. Die momentane Auslegung der KEV verhindert, dass vorhandene Mittel in die effizienteste Form der Energieerzeugung investiert werden. Die Studie "Schweizer Stromwirtschaft: Durch falsche Anreize ins Abseits?" weist aus, dass zurzeit jene Projekte priorisiert werden, die am wenigsten öffentlichen Widerstand erfahren. Insbesondere kleinere Photovoltaikanlagen werden in grosser Zahl realisiert. Gleichzeitig werden Investitionen in Wind- und Wasserkraft eher vernachlässigt beziehungsweise im Ausland realisiert. Dies, weil der Widerstand aus der Bevölkerung vielfach zu Blockaden führt. Die Studie zeigt aber auch, dass sich die Wahrscheinlichkeit der Projektrealisierung um rund 50% erhöhen lässt, wenn EVU frühzeitig aktiv auf die lokalen Interessengruppen zugehen.
Nach der Teilliberalisierung des Strommarktes 2009 wechselten nur wenige Grosskunden ihren Stromanbieter. Dies änderte sich letztes Jahr, als ein Wechsel in den freien Markt für Grosskunden wegen den tiefen Energiepreisen interessant wurde. Heute rechnen 86% der EVU mit einer drastischen Verstärkung des Wettbewerbs. Gemäss Studie erwarten die meisten Unternehmen, dass sich der Wettbewerb weiter verschärfen wird, und sehen sich deshalb gezwungen, ihre betrieblichen Abläufe und Kosten weiter zu optimieren. 63% planen demnach Kostensparmassnahmen, und 66% wollen durch Kooperationen innerhalb ihrer Wertschöpfungsstufe einzelne Funktionen industrialisieren.
88% der Studienteilnehmer geben an, im Bereich Energieeffizienz bereits aktiv zu sein oder haben die Absicht, Aktivitäten aufzunehmen. Als Hauptgründe wurden, wie bereits im vergangenen Jahr, Kundenbindung und Imagepflege genannt. Nur eine Minderheit der EVU sieht im Thema Energieeffizienz ein eigentliches Geschäft. Meist fehlen hierfür die Geschäftsmodelle. Am erfolgversprechendsten werden dabei Geschäftsmodelle mit grösserer Wertschöpfungstiefe (wie z.B. Energiecontracting) angesehen.
Aus der Studie resultieren drei Handlungsempfehlungen für EVU:
1) Die betriebliche Effizienz im Kerngeschäft weiter verbessern und weniger differenzierende Funktionen industrialisieren, beispielsweise mittels Kooperationen.
2) Beim Zubau von erneuerbaren Energien die (lokalen) Interessengruppen frühzeitig in die Planung mit einbeziehen, um die Realisierungswahrscheinlichkeit zu erhöhen.
3) Energieeffizienz-Geschäftsmodelle mit grösserer Wertschöpfungstiefe prüfen und entsprechende Kompetenzen und Fähigkeiten aufbauen.
Die Politik ist gefordert, eine Gesamtbetrachtung zu behalten und nicht planwirtschaftlich jedes Detail zu regeln. Klare Rahmenbedingungen mit Marktlösungen müssen das Ziel sein.
An der repräsentativen Umfrage, die der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) in Zusammenarbeit mit der internationalen Managementberatung The Boston Consulting Group (BCG) durchgeführt hat, haben insgesamt 94 EVU aus allen Wertschöpfungsstufen und Regionen teilgenommen.
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