FC Aarau muss saniert werden - Solidarität ist gefragt
Aarau (ots)
Der Fussballclub Aarau (FCA) steht vor der grössten Herausforderung seiner 100jährigen Geschichte: Bis zum 19. Dezember müssen diverse Sanierungsmassnahmen umgesetzt sein, damit auf einer neuen, gesunden Basis die Planung der sportlichen Zukunft an die Hand genommen werden kann. Andernfalls wird die Bilanz deponiert. In diesem Falle würden Aktionärinnen und Aktionäre, die Einzahlungen auf das Aktiensperrkonto gemacht haben, ihr Geld zurückbezahlt erhalten. Zur Sanierung fehlen noch rund 2,65 Millionen Franken.
FCA-Präsident Michael Hunziker zog am Montag, 4. November, nach sechs Monaten Amtszeit eine Zwischenbilanz und präsentierte der Öffentlichkeit ein umfangreiches Sanierungspaket. Er hatte in den letzten Monaten Strukturen, Prozesse, Finanzen und Organisation des FC Aarau intensiv durchleuchtet, analysiert und eine Lagebeurteilung vorgenommen. Resultat dieser Arbeit ist ein Sanierungskonzept, welches unter anderem Massnahmen zum Abbau der Überschuldung, zur Beseitigung des strukturellen Defizits sowie die Bereinigung der unklaren Vertragsverhältnisse bezüglich Spielerrechte umfasst. Mittelfristig muss - gemäss den Erkenntnissen von Hunziker - auch die Vereinsführung organisatorisch und strukturell auf eine neue Basis gestellt werden.
Damit der FC Aarau im Spitzenfussball sportlich und finanziell weiterhin bestehen kann, braucht es gemäss Einschätzung von FCA-Präsident Hunziker neben Forderungsverzichten von 900'000 Franken rund 3,5 Millionen Franken beziehungsweise noch 2,65 Millionen Franken - denn knapp eine Million kam in den letzten Wochen bei der erfolgreichen Aktion "FC Aarau AG" bereits zusammen. In diesem Betrag sind auch die Restrukturierungskosten für das Jahr 2003 von 630'000 Franken und eine Liquiditätsreserve von 1,25 Millionen Franken als Teil des Eigenkapitals der FC Aarau AG enthalten.
Bis jetzt haben vor allem private Anhänger und Sympathisanten des FC Aarau Aktien gezeichnet; Industrie, Gewerbe, Handel und die potenziellen Grosssponsoren wurden hingegen noch nicht systematisch um Unterstützung angegangen. FCA-Präsident Hunziker ist zuversichtlich, dass der FC Aarau in seinem 100. Vereinsjahr nicht im Stich gelassen wird: "Der FC Aarau hat in den letzten Jahrzehnten die Region Aarau, den Kanton Aargau und die angrenzenden Regionen auf die sportliche Landkarte der Schweiz gebracht. Er ist ein wichtiger Image- und Identitätsfaktor. Wir zählen jetzt auf die Solidarität."
"Drei Kernprobleme müssen gelöst werden"
Für FCA-Präsident Michael Hunziker haben sich bei der Analyse der schwierigen Situation des FC Aarau vier Kernprobleme herauskristallisiert: Die Überschuldung in der Höhe von 2,3 Millionen Franken und die damit zusammenhängenden Liquiditätsprobleme, das seit vielen Jahren bestehende strukturelle Defizit, die unklare rechtliche Situation im Zusammenhang mit der Abtretung der Spielerrechte sowie organisatorische und strukturelle Mängel in der Vereinsführung. Gemäss Hunziker müssen die ersten drei dieser vier Probleme bis am 19. Dezember gelöst sein: "Wenn dies gelingt, steht der FC Aarau kerngesund da und hat auch sportlich gute Perspektiven, in der Auf-/Abstiegsrunde den Ligaerhalt zu schaffen." Wenn die Sanierung scheitert, wird der FC Aarau seine Bilanz deponieren und von der Fussballlandkarte der Schweiz verschwinden.
Kernproblem Überschuldung
Der FC Aarau und seine Tochterfirma Fibe GmbH, in welcher die aktivierten Spielerrechte von zwei ehemaligen FCA-Spielern per Ende Juni 2002 gänzlich abgeschrieben werden mussten, wird per 31. Dezember 2002 eine Überschuldung in der Höhe von rund 2'335'000 Franken aufweisen (FC Aarau 1'770'000 Franken und Fibe GmbH 565'000 Franken). Sie wirkt sich auch auf die Liquidität negativ aus. Zurzeit fehlen 230'000 Franken, um den kurzfristigen Verbindlichkeiten nachkommen zu können. Deshalb werden ab Oktober nur noch Akontozahlungen für Spieler und Angestellte getätigt werden können.
Kernproblem Spielerrechte
Um das strukturelle Defizit beseitigen zu können, hat der FC Aarau in den letzten beiden Jahren (erstmals im Oktober 2000, letztmals im Dezember 2001) sukzessive sämtliche Spielerrechte (inklusive Junioren) für 2 Millionen Franken an eine Schweizer Firma verkaufen müssen. Der FCA muss dafür eine jährliche Leihgebühr von derzeit 108'000 Franken bezahlen sowie allfällige Transfereinnahmen abliefern. Im Vertrag ist festgehalten, dass der FC Aarau für den Rückkauf der Transferrechte "besorgt" sein muss; der vereinbarte Preis würde 2,5 Millionen Franken betragen. Der FC Aarau stellt sich auf den Standpunkt, dass bezüglich Rückkauf lediglich eine Absichtserklärung besteht und daraus keine Rückkaufpflicht abgeleitet werden kann. Die Schweizer Firma verlangt hingegen den Rückkauf der Transferrechte für 2,5 Millionen Franken.
Kernproblem strukturelles Defizit
Die Analyse von FCA-Präsident Michael Hunziker hat ergeben, dass der FC Aarau seit mindestens fünf Jahren ein strukturelles Defizit in der Höhe von jährlich über einer Million Franken aufweist. Dieses wurde jeweils durch Transfererlöse beziehungsweise ausserordentliche Erträge gedeckt. Diese Politik führte einerseits zu einem sportlichen Substanzverlust und andererseits - nach Wegfall der Transfereinnahmen - zur Überschuldung.
Umfangreiches Massnahmenpaket
Für FCA-Präsident Hunziker macht die Sanierung des FC Aarau nur Sinn, wenn neben den Kernproblemen Überschuldung und Spielerrechte auch das strukturelle Defizit beseitigt werden kann. Er hat deshalb in den letzten Wochen ein umfangreiches Sanierungspaket geschnürt, dessen Umsetzung die aktuellen Probleme lösen und dem FCA für die Zukunft sportliche und finanzielle Perspektiven geben würde. Die Schulden sollen durch Forderungsverzichte von Gläubigern der Fibe GmbH sowie des FC Aarau in der Höhe von 900'000 Franken sowie durch einen Teil des Aktien- und Agiokapitals der FC Aarau AG abgebaut werden. Das strukturelle Defizit soll durch umfassende Spar- und Restrukturierungsmassnahmen in der Höhe von rund einer Millionen Franken zum Verschwinden gebracht werden, grösstenteils durch Lohnreduktionen und Personalabbau, aber auch durch Kostenoptimierung in den Bereichen Verwaltung und Spielbetrieb. Im Paket enthalten sind auch ein neues Prämiensystem sowie die Neuaushandlung aller Verträge. Mittelfristig will Hunziker den FCA in Sachen Management, Controlling, Marketing usw. von einem Sportverein in ein Sportunternehmen umwandeln, wobei diesbezüglich das Projekt MittellandPark mit integriertem Stadion eine entscheidende Rolle spielt.
Damit die Sanierung gelingt, braucht es noch 2,65 Millionen Franken Die Sanierung gelingt nur, wenn Gläubiger auf Forderungen in der Höhe von insgesamt 900'000 Franken verzichten, die rechtliche Situation der Spielerrechte geregelt werden kann und die Angestellten und Spieler den neuen Vertrags- und Lohnbedingungen zustimmen. FCA-Präsident Michael Hunziker ist zuversichtlich, dass dieser Teil des Sanierungspaketes erfolgreich umgesetzt werden kann: "Von den Gläubigern habe ich positive Signale erhalten. Weiter konnten wir durch Sofortmassnahmen bereits Sparmassnahmen in der Höhe von 200'000 Franken umsetzen. Zudem gibt es Perspektiven, dass wir uns auf die Auf-/Abstiegsrunde hin markant verstärken können, ohne das Budget überziehen oder neue Finanzabenteuer eingehen zu müssen. Erfreulich ist auch, dass sich eine ganze Reihe neuer Leute bereit erklärt hat, ihre Kräfte und Erfahrungen für den FC Aarau zur Verfügung zu stellen. Ich kann auf eine neue, schlagkräftige Führungscrew zählen. Es liegt im Interesse des ganzen Schweizer Fussballs, dass der FC Aarau der Nationalliga erhalten bleibt."
Aktionärinnen und Aktionären würden bei Misslingen der Sanierung das Geld zurückerhalten - Hoffen auf Solidaritätswelle Zur endgültigen Rettung beziehungsweise zur Sicherung der finanziellen und sportlichen Zukunft müssen noch Aktien im Betrag von 2,65 Millionen Franken gezeichnet werden. Hunziker hofft, dass diese Summe durch weitere Aktienzeichnungen von Privatpersonen, vor allem aber auch von Wirtschaft und öffentlicher Hand, zusammenkommt. Das Konzept für die Gründung der Aktiengesellschaft garantiert, dass bisher und im Rahmen der Rettungsaktion einbezahlte Gelder nicht verloren sind, wenn die Sanierung misslingen sollte und der FC Aarau am 19. Dezember seine Bilanz deponieren müsste. In diesem ungünstigsten Falle würde auf die Gründung der Aktiengesellschaft verzichtet und das auf einem Sperrkonto liegende Geld wieder an die Aktionärinnen und Aktionäre zurückbezahlt werden. Wenn die Sanierung gelingt, wäre der FC Aarau nicht nur schuldenfrei, sondern würde auch über eine Liquiditätsreserve von 1,25 Millionen Franken und einen Betrag von 630'000 Franken für Restrukturierungsmassnahmen im Jahr 2003 verfügen.
FCA-Präsident Michael Hunziker zählt auf die Solidarität des Kantons Aargau und der angrenzenden Regionen und hofft, dass der Verein, der 100 Jahre lang das sportliche Geschehen geprägt hat, nicht im Stich gelassen wird.
Kontakt:
Michael Hunziker
Präsident FC Aarau
Tel. +41/62/832'14'14
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