hotelleriesuisse: Schweizer Hotellerie will ihr Potenzial im internationalen Wettbewerb besser nutzen
Bern (ots)
Der Schweizer Tourismus hat im internationalen Vergleich nach wie vor mit erheblichen Kosten- und Preisnachteilen zu kämpfen. Diese eingeschränkte Wettbewerbsfähigkeit ist einerseits auf ungünstige wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen und andererseits auf strukturelle Mängel innerhalb der Branche zurückzuführen. Dieser Befund wird von zwei aktuellen wissenschaftlichen Studien gestützt, die im Auftrag von hotelleriesuisse erstellt und heute in Bern präsentiert wurden.
Dank qualitativ attraktiven Angeboten, günstiger Wirtschaftslage und mehrheitlich vorteilhaften Wechselkursen konnte die Schweizer Tourismuswirtschaft in den letzen Jahren bemerkenswerte Zuwachsraten erzielen. Für ein langfristiges Wachstum, das konjunkturelle Schwankungen verkraftet, muss die Schweizer Tourismusindustrie jedoch zwingend auch in preislicher Hinsicht ihre internationale Konkurrenzfähigkeit weiter ausbauen. Wie die voneinander unabhängigen Untersuchungen von BAK Basel Economics (BAK) und BHP Hanser und Partner AG (BHP) zeigen, zwingt das hiesige Kostenniveau zu einer Preispolitik, die für die Wettbewerbsfähigkeit des Tourismus, der einzigen standortgebundenen Exportindustrie, nachteilig ist.
Hochpreis- und Hochkosteninsel Schweiz schwächt Tourismusindustrie
Gemäss der BAK-Analyse "Preise und Kosten der Schweizer Tourismuswirtschaft im internationalen Vergleich" konnte der hiesige Tourismus die Preisdifferenz zu seinen Nachbarländern in den letzten Jahren zwar verringern. Doch im Vergleich zu Österreich, Deutschland, Italien und Frankreich sind die Schweizer Preise nach wie vor 12 Prozent höher. Die Ursache der höheren Preise liegt in erster Linie in den hierzulande weitaus höheren Lohn- und Warenkosten. So weist die Schweiz im Schnitt um 26 Prozent höhere Lohnstückkosten sowie 16 Prozent höhere Vorleistungskosten (Warenkosten) als ihre Nachbarn aus. Die Detailanalyse der einzelnen touristischen Bereiche zeigt, dass innerhalb des Tourismus frappante Unterschiede bestehen. Das zeigen etwa die Lohn- und Warenkosten im österreichischen Gastgewerbe (Beherbergung und Restauration), welche im Schnitt 34 Prozent niedriger sind als in der Schweiz. Laut BAK muss die Schweiz diese kostenseitige Nachteile in erster Linie mit verbesserten wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen und Strukturreformen in der Tourismuswirtschaft korrigieren. Um den Handlungsbedarf zu definieren, analysiert BAK drei Szenarien. Das Szenario "Freihandel" zeigt, dass eine vollständige Eliminierung der Importbarrieren im Nahrungsmittelbereich die Preisunterschiede zu den umliegenden Ländern um 1,4 Prozentpunkte reduzieren könnte. Das Szenario "Freihandel und Deregulierung" geht zusätzlich zum Abbau der Importbarrieren von einer Deregulierung auf dem Binnenmarkt in Verkehr, Telekommunikation, Energie und Landwirtschaft aus. Das Kostensenkungspotenzial für dieses Szenario wird von BAK auf 5,2 Prozentpunkte beziffert. Das dritte Szenario untersucht die Effekte einer Produktivitäts-steigerung, welche einen Preisspielraum von 1,9 bis 4,8 Prozent-punkte aufweist. Auch wenn einzelne Liberalisierungsschritte und Strukturreformen einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Tourismus beitragen, streicht BAK die Bedeutung eines umfassenden Reformpakets heraus, das die Wirkung der Einzelmassnahmen deutlich maximieren würde.
Handlungsbedarf auf politischer Ebene
Die Resultate der Analyse von BAK bestärken hotelleriesuisse, den Unternehmerverband der Schweizer Hotellerie, in seinen Forderungen nach Deregulierung, Liberalisierung und einer konsequenten Öffnungspolitik. Viele der jüngsten politischen Entscheide gehen zwar in die richtige Richtung. Dies gilt insbesondere für die Wachstumspolitik 2008-2011 des Bundes, welche mit aufeinander abgestimmten Massnahmen das hohe Kostenniveau senken, die Schweiz als Unternehmensstandort aufwerten und lohnende Erwerbstätigkeit gewährleisten will. Zukunftsweisend sind auch die Parlamentsentscheide bezüglich Abbau von nicht tarifären Handelshemmnissen: Die Einführung von Parallelimporten und Cassis de Dijon-Prinzip werden auch zu einer Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Tourismus beitragen. Nun gilt es jedoch, den eingeschlagenen Weg konsequent weiter zu verfolgen. hotelleriesuisse setzt sich deshalb intensiv für ein Freihandelsabkommen mit der EU im Landwirtschafts- und Lebensmittelbereich ein. Denn ohne weitere Liberalisierungsschritte im internationalen Handel und den Druck von aussen wird es nicht gelingen, die Hochkosteninsel Schweiz dauerhaft zu bekämpfen. Darüber hinaus ist für hotelleriesuisse die Sicherung eines attraktiven Steuerklimas absolut zentral. Der Verband begrüsst deshalb die Reform der Mehrwertsteuer und plädiert für einen möglichst tiefen Einheitssatz und für die weitgehende Aufhebung der heute bestehenden Ausnahmen. Wichtige Impulse auf den Tourismusstandort Schweiz sind zudem von einer Teil-Liberalisierung der Lex-Koller und einem massvollen Raumentwicklungsgesetz zu erwarten. Im Weiteren macht sich hotelleriesuisse stark für die Beseitigung der Engpässe im Nationalstrassennetz und für eine bessere Direktanbindung der interkontinentalen touristischen Quellmärkte durch den Luftverkehr. Um eine höhere Produktivität innerhalb der Branche zu erzielen, muss der Schweizer Arbeitsmarkt langfristig gestärkt werden. Essenziell ist in diesem Zusammenhang nicht nur das Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU, sondern auch die Zulassung qualifizierter Erwerbstätiger aus dem Nicht-EU-Bereich. Eine entscheidende Rolle spielt hier ein neuer Landes-Gesamtarbeitsvertrag für das Gastgewerbe, der einen flexibleren Arbeitseinsatz ermöglichen soll und eine noch stärker qualitäts- und leistungsorientierte Lohnpolitik vorsieht.
Handlungsbedarf auf betrieblicher Ebene
Während BAK die Tourismuswirtschaft als Ganzes betrachtet, legt BHP den Fokus auf die betriebliche Ebene. "Hotels im Preiswettbewerb" ermittelt anhand von zwei Modellhotels im Drei- und im Vier-Sterne-Bereich die Kosten- und Preisunterschiede zum österreichischen und italienischen Alpenraum und vergleicht diese mit Zahlen aus dem Jahr 2000. Die Studie zeigt auf, dass die Preis- und Kostenunterschiede zwischen der Schweiz und dem Ausland seit 2000 tendenziell abnehmen. Von dieser Entwicklung können in erster Linie gut strukturierte Schweizer Hotels im oberen Segment profitieren. So verzeichnen Schweizer Vier-Sterne- und Fünf-Sterne-Häuser heute ähnliche Preise wie in den zwei Nachbarländern, während die Drei-Sterne-Hotellerie einen hohen Preisnachteil von bis zu 40 Prozent aufweist. Handlungsbedarf ortet BHP dementsprechend vor allem für traditionelle Drei-Sterne-Hotels, bei denen es sich tendenziell um klein strukturierte Betriebe ohne Expansions- oder Diversifikationsmöglichkeiten handelt. Um die Rentabilität der Schweizer Hotellerie zu erhöhen, sind hohe Qualitätsstandards, flexibel einsetzbare und gut qualifizierte Mitarbeitende, eine klare Positionierung des Angebots, eine konsequente Ausrichtung auf die Gästebedürfnisse und ein effizientes Marketing zwingend. Eine entscheidende Rolle spielen zudem neue und effizientere Formen der Zusammenarbeit unter den touristischen Leistungsträgern, welche zu Grössenersparnissen führen und zugleich dem Gast ein attraktives Gesamterlebnis bieten.
Bezugsquelle für Medienschaffende:
- BAK Basel Economics: Preise und Kosten der Schweizer Tourismuswirtschaft im internationalen Vergleich, Basel, November 2008.
- BHP Hanser und Partner AG: Hotels im Preiswettbewerb, Analyse der Kosten und Preise der Schweizer Hotellerie im internationalen Vergleich, Zürich/Bern, Januar 2009.
Die Studien stehen auf Deutsch unter www.hotelleriesuisse.ch (Media Corner) kostenlos zum Download bereit. Die Zusammenfassungen sind auf Deutsch und Französisch erhältlich.
Kontakt:
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