Starker Franken hinterlässt deutliche Spuren in der Ferienhotellerie
Bern (ots)
Von Januar bis Juni 2011 haben die Logiernächte in Schweizer Hotels und Kurbetrieben im Vergleich zur Vorjahresperiode um 0,2 Prozent abgenommen. Dank des Wachstums in den grossen Städten sowie der stabilen inländischen Nachfrage verlief der Rückgang moderat. Im Alpenraum dagegen hinterliess der starke Franken deutliche Spuren. Die ausserordentlichen Umstände an der Währungsfront erfordern deshalb ausserordentliche Massnahmen: hotelleriesuisse fordert eine maximale Ausschöpfung des geldpolitischen Instrumentariums der Schweizerischen Nationalbank zur Frankenabschwächung sowie wirksame Sofortmassnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Schweizer Hotellerie.
Das erste Halbjahr 2011 schliesst mit einer Abnahme der Logiernächte um 0,2 Prozent auf 17,4 Millionen Logiernächte ab. Vor dem Hintergrund des starken Frankens vermochte das Wachstum in den grossen Städten den Logiernächterückgang teilweise abzufedern. Der konjunkturabhängige Geschäftstourismus hat sich nach dem Einbruch im Jahr 2009 weitgehend erholt und bescherte den Stadtbetrieben ein Wachstum von 3,3 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode. Auch die inländische Nachfrage brachte mit 0,8 Prozent Zuwachs ein den Umständen entsprechend zufriedenstellendes Ergebnis. Wenig erfreulich verlief dagegen die Entwicklung der Nachfrage im Alpenraum (-3,2%), der mehr als die Hälfte aller Hotellogiernächte in der Schweiz erbringt. Der starke Franken führte insbesondere in der preissensiblen Ferienhotellerie zu einem Wegbrechen der Nachfrage aus traditionellen Auslandmärkten wie Deutschland, Grossbritannien, den Niederlanden, Belgien und Italien. Insgesamt verlor die Schweizer Hotellerie im ersten Halbjahr 2011 5,9 Prozent Logiernächte aus den Euro-Märkten. Dazu kommt, dass die Hoteliers vermehrt Preiszugeständnisse machen mussten und damit eine einbrechende Marge zu verzeichnen hatten.
Zufriedenstellender Start in die Sommersaison
Vordergründig erscheint die Entwicklung zu Sommerbeginn in den Monaten Mai und Juni mit einem Anstieg von 1,3 Prozent an Logiernächten für die ganze Schweiz durchaus positiv, allein im Juni mit einem Plus von 2,8 Prozent sogar erfreulich. Diese Entwicklung ist im Wesentlichen auf die Verschiebung von Auffahrt und Pfingsten zurückzuführen, die 2010 im Mai und 2011 in den Juni fielen. Trotz des Zwischenhochs im Juni dürfte sich der negative Jahrestrend angesichts der prekären Lage an der Währungsfront in den kommenden Monaten noch verstärkt fortsetzen. «Gerade für die Ferienhotellerie sind die Aussichten leider sehr düster», meint Dr. Christoph Juen, CEO von hotelleriesuisse. «Zu den Einbussen aus den Euro-Märkten kommt erschwerend dazu, dass die Schweizer Gäste, aufgrund des starken Frankens, künftig vermehrt Ferien im Ausland buchen dürften.»
Für ein starkes Standortmarketing und eine wirkungsvolle Geldpolitik
In Anbetracht der schwierigen und unsicheren Lage auf den Währungsmärkten sind Massnahmen gefragt, welche zügig umgesetzt werden können und die Wettbewerbsfähigkeit der Branche nachhaltig stärken. Für unmittelbare Resultate ist jetzt ein wirksames Standortmarketing entscheidend. hotelleriesuisse hat sich deshalb sofort und überzeugt für das Impulsprogramm von Schweiz Tourismus eingesetzt, um die touristische Binnennachfrage zeitig mit gezielten Massnahmen zu stimulieren. Dafür werden in diesem und im nächsten Jahr je 12 Millionen Franken vom Bund gesprochen. Zusätzlich leistet auch hotelleriesuisse als führender Branchenverband der Schweizer Hotellerie einen massgeblichen Beitrag zu diesem staatlichen Sofort-Förderprogramm.
Mittelfristig muss zudem das Potenzial von aufstrebenden Staaten wie Russland, Indien und China konsequent ausgeschöpft werden. Gleichzeitig braucht es weiterhin Werbung auf dem schweizerischen und europäischen Markt. hotelleriesuisse macht sich deshalb dafür stark, dass die Finanzierung von Schweiz Tourismus über die nächsten vier Jahre neben dem laufenden Sofort-Impulsprogramm um 10 Prozent auf 210 Millionen Franken aufgestockt wird. Ausserdem ist der bestehende geldpolitische Spielraum durch die Schweizerische Nationalbank voll auszuschöpfen. Ausserordentliche Umstände erfordern ausserordentliche Massnahmen. Dabei ist selbstverständlich allfälligen negativen Auswirkungen auf die Preisstabilität und das langfristige Zinsniveau Beachtung zu schenken.
Den hohen Kostensockel der Hotellerie schleifen
Der Schweizer Hotel- und Tourismuswirtschaft ist es in den letzten Jahren gelungen, die Kostennachteile gegenüber dem umliegenden Ausland kontinuierlich abzubauen. Die Erstarkung des Frankens um rund 30 Prozent seit Ende 2007 macht diese Entwicklung mehrfach zunichte. Ganz oben auf der politischen Agenda von hotelleriesuisse steht deshalb die Verbesserung der Kostenbasis seiner Mitglieder durch eine konsequente Deregulierung, Entbürokratisierung und Öffnung der Märkte. Folgende Schlüsselforderungen von hotelleriesuisse werden durch die prekäre Währungssituation besonders dringlich:
- Öffnung der Agrarmärkte: Zu den hohen Kostenblöcken in der Hotellerie gehören die Lebensmittelpreise, die in der Schweiz sehr viel höher sind als im benachbarten Ausland. Agrarwirtschaft und Hotellerie sind zwar eng miteinander verflochten, doch die Hotelbranche bezahlt die Zeche für den Grenzschutz der Landwirtschaft. Die Bestrebungen für ein umfassendes Agrarfreihandelsabkommen mit der EU sind deshalb dezidiert voranzutreiben. Bis dieses in Kraft tritt, ist jetzt so rasch als möglich der Fleischmarkt nach dem Vorbild des Käsemarktes zu öffnen.
- Reform der Mehrwertsteuer: Der von hotelleriesuisse geforderte Mehrwertsteuer-Einheitssatz offenbart sich als politisch nicht tragfähig. In der aktuellen Mehrwertsteuer-Reform ist deshalb im Sinne einer Sofortlösung ein Zweisatz-Modell anzustreben, bei dem Beherbergung und Gastronomie im tieferen Satz gebündelt sind. Diese Regelung ist mit der EU-Praxis vereinbar, die den Mitgliedstaaten bei gastgewerblichen Leistungen schon seit längerem ermässigte Steuersätze einräumt.
- Allgemeine Senkung des hiesigen Kostenniveaus: Unzählige Marktzulassungsbeschränkungen verteuern die Vorleistungen der Hotelbranche, die als Exportbranche zu ausländischen Preisen im Wettbewerb steht. Der hohe Kostensockel der Schweizer Hotellerie ist deshalb auf allen Ebenen zu schleifen. hotelleriesuisse setzt sich für einen funktionierenden Binnenmarkt und für freien Wettbewerb ein und fordert eine konsequente Stärkung der Wettbewerbskräfte.
Aushandlung flankierender Massnahmen zum bestehenden L-GAV
Die Löhne sind der grösste Kostensockel für die Schweizerische Hotellerie. Dieser wiegt schwer und kann in Krisensituationen mit schlechter Hotelauslastung existenzbedrohend sein. Die Sozialpartner haben sich anlässlich der Inkraftsetzung des neuen Landes-Gesamtarbeitsvertrages des Gastgewerbes (L-GAV) per 2010 auf dem Hintergrund der damaligen Finanzkrise einigen können, die Lohnkomponenten um zwei Jahre auf den 1. Januar 2012 zu verschieben. Angesichts der eingetretenen Währungskrise mit dem exportbehindernden Frankenkurs müssen nun umgehend flankierende Massnahmen zum L-GAV ergriffen und per 2012 in Kraft gesetzt werden. hotelleriesuisse wird diesbezüglich rasch mit den Sozialpartnern das Gespräch suchen. Die Arbeitnehmervertreter-Organisationen müssen nun unter Beweis stellen, dass es ihnen mit dem «Geist», der im neuen L-GAV verankert worden ist, auch tatsächlich Ernst ist: Die Arbeitsverhältnisse müssen unter unvorhersehbaren ausserordentlichen Umständen auch mit entsprechenden mutigen Massnahmen zur Entlastung und Existenzsicherung der Hotels und für eine nachhaltige Erhaltung von Arbeitsplätzen flexibilisiert werden.
Le communiqué de presse "Le franc fort porte un rude coup à l'hôtellerie de vacances" sera disponible au cours de cet après-midi sur www.hotelleriesuisse.ch .
Il comunicato stampa "La forza del franco pesa sul settore alberghiero per vacanze" sarà disponibile nel corso del pomeriggio su www.hotelleriesuisse.ch .
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