Schweiz. Zentralverein für das Blindenwesen SZB
Internationaler Tag des Weissen Stockes 15. Oktober 2009: Hindernisfrei durch die Stadt
St. Gallen (ots)
- Hinweis: Bildmaterial steht zum kostenlosen Download bereit unter: http://www.presseportal.ch/de/pm/100004228 -
Wenn man sich bei der Orientierung in der Stadt nicht auf die Augen verlassen kann, worauf dann? Zum internationalen Tag des Weissen Stockes am 15. Oktober fordern blinde und sehbehinderte Menschen Hindernisfreiheit im öffentlichen Raum.
Der Weg zur Arbeit. Der Weg ins Lebensmittelgeschäft. Der Weg zu Freunden. Wir verschwenden wenige Gedanken an unseren Weg, wenn wir unterwegs sind. Schliesslich haben wir stets das Ziel vor Augen - die Beine tragen uns scheinbar automatisch dorthin. Für eine blinde oder sehbehinderte Person ist die Orientierung allerdings eine Herausforderung und bedeutet höchste Konzentration. Wie findet ein Mensch den Weg zur Arbeit, wenn er nichts sieht?
Leitlinien zur Orientierung
Blinde Menschen inspizieren zusammen mit einem Mobilitätstrainer einen bestimmten Weg mehrmals. Dabei prägt sich der blinde Fussgänger möglichst viele Merkmale ein, bis er selbstständig zum Ziel findet. Solche Merkmale können Trottoirs, Bodenbeschaffenheiten oder Geräusche sein. Unentbehrliches Hilfsmittel für diese Mission ist der Weisse Stock: Mit dem Weissen Stock lässt sich die Umgebung ertasten. Über die taktilen sowie akkustischen Feedbacks aus dem Aufschlag auf den Boden und umliegende Objekte, gleicht der Stockbenützer seinen inneren Stadtplan ab. Der Weisse Stock macht eine blin-de Person ausserdem für sehende Verkehrsteilnehmer sichtbar.Eine wichtige Orientierungshilfe sind Leitlinien. Die taktilvisuellen Streifen am Boden sind mit dem Weissen Stock sowie mit den Füssen erkennbar. Dank dem hohen Kontrast sind sie auch für sehbehinderte Menschen wahrnehmbar. Die Schweizer Fachstelle für behindertengerechtes Bauen hat Richtlinien für das Leitliniensystem Schweiz erstellt. Ziel ist es, Fusswegnetze in der Schweiz so zu gestalten, dass sie für alle Nutzergruppen zugänglich sind.
Internationaler Tag des Weissen Stockes 2009
Zum internationalen Tag des Weissen Stockes machen blinde und sehbehinderte Menschen in allen Landesteilen der Schweiz auf ihre Bedürnfisse aufmerksam. Die diesjährige Kampagne dreht sich rund ums Thema Hindernisfreiheit: Der öffentliche Raum muss für alle Menschen zugänglich sein. Dieser Grundsatz stützt sich auf das Diskriminierungsver-bot der Bundesverfassung. Um blinde oder sehbehinderte Menschen nicht auszugrenzen, soll der öffentliche Raum genügend Orientierung bieten, damit sich ein blinder oder seh-behinderter Mensch darin zurechtfindet. Dies trifft auf moderne Schweizer Städte leider immer weniger zu. Moderne Zentren sind geprägt durch wenige Trottoirs, durch wachsenden Verkehr und durch offene Begegnungszonen. Woran sollen sich blinde Menschen da noch orientieren? Es ist wichtig, dass unsere Städte bei der Planung die Bedürfnisse von sehbehinderten Menschen berücksichtigen. Beispielsweise soll das Leitliniensystem dort eigesetzt werden, wo baulich keine bessere Lösung gefunden werden kann. Blinde und sehbehinderte Menschen kommen somit sicher an ihrem Ziel an und bleiben trotz Sinnes-behinderung mobil und selbstständig.
Weitere Informationen und Bildmaterial unter: www.weisserstock.ch
Tipp: Leitlinien immer frei halten!
Viele Einwohner wissen nicht, wozu Leitlinien dienen. Sie verstellen die taktilen Linien mit Velos, Blumentöpfen oder Werbeträgern und verursachen dadurch Zusammenstösse und Stürze. Blinde und sehbehinderte Menschen sind jedoch darauf angewiesen, dass Leitlinien respektiert und freigehalten werden.
Wegbeschreibung eines blinden Menschen: HB Zürich bis Zollstrasse
Ich steige in einen der vordersten Zugabteile ein, damit ich weiss, dass ich im Zürcher HB in der Nähe des Gleiskopfes ankomme. Am Zürich HB gehe ich auf dem Perron entgegen der Fahrtrichtung zurück. Mit dem Weissen Stock fühle ich bald das gerippte Aufmerksamkeitsfeld. Es zeigt mir die oberste Stufe zur Personenunterführung West an. Ich gehe die Treppe hinunter, drehe mich 90 Grad nach rechts und treffe auf tastbare Leitlinien. Mit der Schleifpendeltaktik taste ich mich vorwärts bis hinter das Perron 18. Dort befindet sich ein Zwischengeschoss. Man hört den Hohlraum deutlich. Mit einem Mobilitätstrainer bin ich bereits einmal diagonal durch dieses Zwischengeschoss gegangen, daher weiss ich, dass der Durchmesser etwa 30-40 Meter beträgt. Ich muss nun in der Mitte eine Abzweigung nach links erwischen. Bestätigung, dass ich richtig gelaufen bin: der Duft eines Hot-dog Standes. Danach erreiche ich eine dreiteilige Treppe. Wenn ich diese hinaufgestiegen bin, stehe ich an der Zollstrasse. Ich muss die Strasse überqueren. Mit dem Weissen Stock fordere ich das Vortrittsrecht an; ich strecke meinen Arm senkrecht nach vorn, den Weissen Stock gut sichtbar in der Hand. Dann warte ich und horche, ob die Autos stop-pen. Wenn ich kein fahrendes Auto höre kanns losgehen.
Kontakt:
Norbert Schmuck
Leiter Ressort Öffentlichkeitsarbeit
Sekretariat TWS
Schweizerischer Zentralverein für das Blindenwesen SZB
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