KfW Research erwartet spürbare Konjunkturbelebung nach Atempause im Frühjahr
Main (ots)
- Prognosen für Wirtschaftswachstum in Deutschland bestätigt: 1,7 % (2016) und 1,8 % (2017) - Inlandsnachfrage bleibt solide, Exporte und Unternehmensinvestitionen nehmen zu - "Brexit" und unerwartete Rückschläge in der globalen Konjunktur größte Abwärtsrisiken
Nach dem furiosen Jahresbeginn mit einem Quartalswachstum von 0,7 % dürfte die deutsche Wirtschaft im Frühling eine Atempause einlegen, bevor sie ab dem Sommer wieder eine stärkere Dynamik an den Tag legt. KfW Research erwartet für das laufende Jahr insgesamt einen Zuwachs des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 1,7 % und bestätigt damit die Vorprognose aus dem Februar. Die weiterhin verlässlich aufwärts gerichtete deutsche Binnennachfrage wird zusammen mit etwas mehr Rückenwind von der Weltwirtschaft auch im kommenden Jahr für ein Konjunkturplus oberhalb des langjährigen Trendwachstums sorgen. Für 2017 geht KfW Research weiterhin von einem deutschen BIP-Zuwachs in Höhe von 1,8 % aus.
Das starke erste Quartal 2016 überzeichnet witterungsbedingt die konjunkturelle Grundtendenz. Aufgrund des zu warmen Winters konnte der Bausektor weit über das saisonübliche Maß hinaus Aufträge abarbeiten, wie die sehr kräftige Belebung der Bauinvestitionen zeigt. Diese vorgezogenen Bauprojekte fehlen im nun laufenden zweiten Quartal, was für eine entsprechende Gegenbewegung sorgt. Industrieproduktion und Einzelhandelsumsätze starten nach deutlichen Monatsrückgängen im März zudem von einer vergleichsweise niedrigen Basis in den Frühling. Alles in allem wird die deutsche Wirtschaft deshalb im zweiten Quartal voraussichtlich nur um rund ein Viertelprozent wachsen. Doch schon für die zweite Jahreshälfte erwartet KfW Research ein spürbares Anziehen der Dynamik: bis Ende 2017 sind Quartalszuwachstraten von durchschnittlich gut einem halben Prozent drin.
"Alle Zutaten für eine Fortsetzung des soliden deutschen Aufschwungs sind vorhanden: Zur verlässlich guten Inlandsnachfrage wird sich nach und nach eine Aufhellung des außenwirtschaftlichen Umfelds gesellen," sagt Dr. Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der KfW Bankengruppe.
Im Inland profitieren privater Konsum und Wohnungsbau weiter von der guten Lage auf dem Arbeitsmarkt, steigenden Realeinkommen und niedrigen Zinsen. Zudem wirkt die Fiskalpolitik expansiv, z. B. über Entlastungen für die Einkommensteuerzahler, Rentenerhöhungen, die geplante Ausweitung staatlicher Investitionen sowie höhere öffentliche Konsumausgaben unter anderem wegen der Flüchtlingszuwanderung. Dank des höchsten Staatsüberschusses seit mehr als vier Jahrzehnten im vergangenen Jahr ist trotz dieser Entlastungen und Mehrausgaben in diesem und den kommenden Jahren weiterhin ein in etwa ausgeglichener Staatshaushalt möglich.
Zugleich dürfte das globale Wachstumstempo perspektivisch einen Gang zulegen. Das aktuelle Konjunkturbild in den Entwicklungs- und Schwellenländern wird von einer schwächelnden chinesischen Wirtschaft sowie den Rezessionen in Russland und Brasilien geprägt. Dies überdeckt, dass es in vielen kleineren Ländern bereits in diesem Jahr wieder aufwärts geht. KfW Research geht davon aus, dass sich die Schwergewichte 2017 zumindest stabilisieren und sich dann auch das Weltwirtschaftswachstum beschleunigt. Davon werden die deutschen Exporte profitieren - und bei höherer Kapazitätsauslastung auch die deutschen Unternehmensinvestitionen.
Zeuner schränkt allerdings ein: "Eine notwendige Bedingung für meinen Konjunkturoptimismus ist, dass sich die Briten am 23. Juni für einen Verbleib des Vereinigten Königreichs in der Europäischen Union entscheiden. Sollte es zu einem 'Brexit' kommen, erwarte ich nicht nur eine erhebliche Verunsicherung der Unternehmen über das zukünftige Verhältnis zu Deutschlands drittwichtigstem Exportpartner - allein das wäre Gift für die Investitionen. Auch erneute Verwerfungen an den globalen Finanzmärkten schließe ich für diesen Fall nicht aus. Das deutsche Realwachstum würde unter diesen Vorzeichen 2016 und vor allem 2017 spürbar geringer ausfallen als von uns prognostiziert." Weitere Abwärtsrisiken seien unerwartete Rückschläge im globalen Umbau- und Erholungsprozess der Schwellenländer sowie wieder aufwallende politische Kontroversen in Europa, etwa wegen des Flüchtlingszustroms oder ungünstiger Entwicklungen in den Reformländern.
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