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Discours Suisse

Discours Suisse - Sans-Papiers in der Schweiz Papierlose sind ein nationales Problem

Lausanne (sda/ots) -

Hintergrund
Sprechen Deutschschweizer über Sans-Papiers,
fällt schnell einmal der Satz: "Das ist ein Westschweizer
Asyl-Vollzugs-Problem." Ähnlich tönts im Tessin. Die Realität ist
jedoch komplexer.
Erklärungsversuche
Die Verwirrung beginnt bei der Einschätzung, was Sans-Papiers
sind. Viele Schweizerinnen und Schweizer glauben dass es sich in den
meisten Fällen um Menschen handelt, die nach einem abschlägigen
Asylentscheid in die Illegalität abtauchen.
Dies glauben teilweise auch Leute vom Fach. Sein Kanton habe kein
Sans-Papiers-Problem wie etwa die Kantone Waadt und Genf, sagte Marco
Dini, Leiter des Walliser Arbeitsamts. Das Wallis habe die
Asylgesetze ja auch konsequent umgesetzt. Mangels Erhebungen ist das
Phänomen Sans-Papiers für die Walliser Behörden nicht existent.
Ähnlich sehen es die Tessiner. Staatsrat Luigi Pedrazzini etwa
stellt die Erkenntnisse der ersten nationalen Studie zu den
Sans-Papiers in Frage. In der Studie des Forschungsinsitituts gfs
sind für das Tessin 2'000 Papierlose ausgewiesen. Er sei überrascht
über diese Zahl, sagte Pedrazzini. Die Zählungen der Tessiner
Kantonspolizei seien viel tiefer ausgefallen.
Phänomen des Arbeitsmarkts
Die gfs-Studie widerspricht dem in der Deutschschweiz und im
Tessin herrschenden Vorurteil, dass Papierlose in erster Linie
abgetauchte Asylsuchende sind. Gemäss Studie durchlief der Grossteil
der schweizweit auf 80'000 bis 100'000 geschätzten Papierlosen kein
Asylverfahren.
Die meisten Papierlosen reisen demnach mit einem Touristenvisum
ein, vor allem in Zeiten der Hochkonjunktur. Hintergrund des
Phänomens sei damit nicht die Asylpolitik, sondern der Arbeitsmarkt.
Sans-Papiers gibt es gemäss der Studie, die auf Erhebungen in
sechs Kantonen beruht, sowohl im urbanen als auch im ländlichen
Umfeld. In den Städten arbeiten vor allem Frauen aus Lateinamerika in
Privathaushalten. Auf dem Lande sind es meist in der Landwirtschaft
tätige Männer aus dem Balkan.
Die gfs-Studie bezeichnet Zürich mit 20'000 als Kanton mit der
höchsten Rate Illegaler. Dahinter folgen die Waadt mit 12'000 bis
15'000, Genf mit 8'000 bis 12'000 und Basel-Stadt mit 5'000. Der
ländliche Kanton Thurgau soll zwischen 2'000 und 4'000 Papierlose
zählen.
Genf: "Nationales Problem"
Diese Erkenntnisse sind Wasser auf die Mühlen der Genfer
Regierung. "Die Studie hat gezeigt, dass das Problem vor allem
ökonomischer Natur ist und die ganze Schweiz davon betroffen ist",
sagte Genfs liberale Regierungspräsidentin Martine Brunschwig-Graf.
Als bisher einziger Kanton versucht Genf das Problem über den
Verordnungsweg in den Griff zu kriegen. Im Januar beantragte Genf
beim Bundesrat, bis zu 5'600 in der Hausarbeit tätige Papierlose nach
Prüfung der Einzelfälle regularisieren zu können. Bundesrat Christoph
Blocher liess die Genfer abblitzen.
Deutschschweizer Angst vor der SVP
Man verschliesse lieber die Augen und wolle keine schlafenden
Hunde wecken, obwohl man wisse, dass es zuwenig Arbeitsbewilligungen
in den am meisten betroffenen Sektoren gebe, sagte Brunschwig-Graf.
Hinter dieser Haltung vermutet Martin Boekhoedt vom Genfer
Sans-Papiers-Kollektiv - wie Brunschwig-Graf auch - eine über Gebühr
grosse Angst vor der SVP, die in Ausländerfragen das politische
Parkett dominiert.
Gerade die Verwirrung über die Begriffe Sans-Papier und
Asylsuchende werde von der SVP bewusst geschürt, so Boekhoedt. "Damit
kann die SVP ihr ausländerfeindliches Süppchen weiterkochen."
Balthasar Glättli, Viezepräsident der Zürcher Grünen und Sekretär
von Solidarität ohne Grenzen führt die unterschiedlichen
Einschätzungen beidseits der Saane unter anderem auch auf die Arbeit
der Sans-Papiers-Organisationen zurück. Erst die Arbeit der
Kollektive in Basel, Bern und Zürich habe das Problem endlich auch in
der Deutschschweiz sichtbar gemacht.
Notiz: Die vorliegende Meldung erscheint im Rahmen des Projektes
Discours Suisse. Hinter diesem Projekt, das zur Verständigung
zwischen den Sprachregionen beitragen will, stehen das Forum
Helveticum, das Netzwerk Müllerhaus und die sda. Nähere Informationen
sind im Internet unter http://www.discours-suisse.ch zu finden. Die
Email-Adresse lautet  info@discours-suisse.ch

Kontakt:

Discours Suisse
c/o FORUM HELVETICUM
Postfach
5600 Lenzburg 1
Tel. +41/62/888'01'25
Fax +41/62/888'01'01
E-Mail: info@forum-helveticum.ch

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