Discours Suisse
Schweizer Schulen integrieren Ausländerkinder mit Erfolg: Kopftuch und Absenz beim Schwimmunterricht werden toleriert
Bern (ots)
Mit Toleranz und Dialog integrieren Schweizer Schulen die wachsende Zahl von Ausländerkindern erfolgreich. Die Annahme des Minarett-Verbots hat keine Spuren hinterlassen. Kopftuchtragende Mädchen und Absenzen beim Schwimmunterricht werden vielerorts toleriert, namentlich in der Westschweiz.
Die Westschweizer Schulen meistern die Probleme mit ausländischen Schülern mit einer Portion Pragmatismus. Unisono lautet denn auch die Antwort auf die Frage, ob es in den Schulen Probleme bei der Integration von ausländischen Kindern gebe: "Wir haben kaum Probleme." Schönfärberei der Behörden? "Nein", sagt etwa Sylvie Pittet Blachette von der Waadtländer Elternvereinigung. Es gebe kaum Klagen.
Dialog ist wichtig
Im grossen und ganzen als zufriedenstellend beurteilt David Imhof die Bemühungen um die Integration in Genf. Imhof konvertierte vor vielen Jahren zum Islam und ist Gründer der Genfer Liga der Muslime für den konfessionellen Frieden. Ähnlich tönt es bei den Lehrern, so Georges Pasquier, Präsident der Westschweizer Lehrergewerkschaft.
Gibt es Probleme, so steht der Dialog im Vordergrund. "Will ein Mädchen in der Schule ein Kopftuch tragen, werden die Eltern zu einem Gespräch eingeladen", sagt Patrice Borcard vom Bildungsdepartement des Kantons Freiburg. Bleibe die junge Frau bei ihrer Meinung, akzeptiere die Behörde den Entscheid
Pragmatisch gehen die Waadtländer mit dem Thema Schwimmunterricht um. "Wir zwingen keine Schülerin, schwimmen zu gehen", erklärt Michael Fiaux vom Waadtländer Bildungsdepartement. Die Schulen versuchten bei höheren Klassen, Mädchen und Jungen beim Schwimmen zu trennen. "Ist das nicht möglich, akzeptieren wir den Dispens."
Diverse Projekte in der Deutschschweiz
Enorme Anstrengungen zur Integration von Ausländerkindern unternehmen die Schulen in der Deutschschweiz. So bieten Schulen in Kreuzlingen TG Islamunterricht an. In Basel tanzen Schweizer und ausländische Kinder gemeinsam mit Profis und in Bern lernen fremdsprachige Mütter mit den Kindern "Muki-Deutsch".
"Die Volksschule ist die wichtigste Instanz für die Integration fremder Kulturen in unserer Gesellschaft", sagt denn auch Martin Wendelspiess, Chef des Volksschulamtes des Kantons Zürich. Allein in Zürich sprechen rund ein Drittel der Schulkinder eine nicht-deutsche Sprache, rund ein Viertel besitzt einen ausländischen Pass.
Alle Deutschschweizer Kantone haben einen Beauftragten für interkulturelle Schulfragen. Basel, Freiburg, Luzern, St. Gallen und Solothurn fördern die Erstsprache der Kinder. Zürich und Basel, die am meisten mit der Migration konfrontiert sind, tauschen sich mit anderen Kantonen bei der Sprachförderung aus.
Schulen mit einem Anteil fremdsprachiger Kinder von mindestens 40 Prozent erhalten zusätzliche Mittel. In Zürich profitieren davon seit 2006 bereits 85 Schulen. In Luzern erhalten 20 der 250 Schulen zusätzliche Lehrpersonen, Berater und Referenten.
Tessin setzt auf Sprachförderung
Bereits seit den 70-er Jahren bemüht sich das Tessin um eine gute Integration von ausländischen Schülern durch Sprachförderung. Jeder vierte Schüler im Südkanton ist Ausländer oder aus anderen Landesteilen zugezogen. Das liegt deutlich über dem gesamtschweizerischen Durchschnitt von 20 Prozent.
Die rechtliche Grundlage für die Sprachförderung ist 1990 in Kraft getreten. "Wir haben auf die Flucht ganzer Familien wegen des Balkankrieges reagieren müssen", erzählt Leonia Menegalli, stellvertretende Leiterin des Amts für kommunale Schule in Bellinzona. Sie will die Sprachförderung nun auch auf Stufe Kindergarten einführen.
Die Tessiner Schulen suchen beim Turnunterricht oder während des muslimischen Fastenmonats Ramadan Kompromisse mit den Eltern. "Wir haben immer Lösungen gefunden", so Menegalli. Gerade Sportunterricht eigene sich für die Integration von Kindern, ist auch Ivo Robbiani, verantwortlich für den Tessiner Schulsport-Unterricht, überzeugt.
Notiz: Dieser Text erscheint im Rahmen des Projektes Discours Suisse. Hinter diesem Projekt, das zur Verständigung zwischen den Sprachregionen beitragen will, stehen das Forum Helveticum, das Netzwerk Müllerhaus und die SDA. Einzeltexte aus den Sprachregionen sind ab dem 15. Februar im Internet zu finden unter www.discours-suisse.ch. Die E-Mail-Adresse lautet: info@discours-suisse.ch
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