Nicht auf drei Hochzeiten gleichzeitig tanzen
Brugg (ots)
Der Schweizerische Bauernverband fordert den Bundesrat auf, sich zuerst auf die WTO-Verhandlungen zu konzentrieren und dort das bestmögliche für die Schweizer Landwirtschaft herauszuholen. Bevor die WTO-Modalitäten bekannt sind, sollen keine Verhandlungen über ein mögliches Agrarfreihandelsabkommen mit der EU aufgenommen werden. Erste Berechnungen zeigen, dass ein solches grosse Risiken, aber unter gewissen Bedingungen auch Chancen birgt.
Die Schweizer Landwirtschaft steht im Moment von verschiedenen Seiten unter Druck: AP 2011, WTO und Freihandelsabkommen bereiten ihr Kopfzerbrechen. Der Schweizerische Bauernverband (SBV) erwartet von der Schweizer Regierung, das diese nicht alle Agrarreformprojekte gleichzeitig in Angriff nimmt, sondern Schritt für Schritt vorgeht. Konkret bedeutet dies, dass neben der AP 2011 die zurzeit laufenden WTO-Verhandlungen Priorität haben. Letztere kommen nun in die entscheidende Phase und die Schweizer Verhandlungsdelegation muss ihre gesamten Kräfte einsetzen, damit eine Lösung gefunden wird, die der Schweizer Landwirtschaft eine Zukunftsperspektive bietet. Erst wenn die Ergebnisse der Doha-Runde der WTO bekannt sind, können weitere mögliche Schritte, wie ein Freihandelsabkommen mit der EU, näher unter die Lupe genommen werden. Erste Berechnungen des SBV zeigen, dass ein solches verheerende wirtschaftliche Folgen haben oder aber auch gewissen Chancen bieten kann, je nachdem welche Annahmen man trifft. Das pessimistische Freihandelsszenario geht davon aus, dass die Produzentenpreise auf EU-Niveau fallen, die Produktionskosten aber auf dem Schweizer Level verharren. Unter diesen Bedingungen ist die einheimische Landwirtschaft ohne massive zusätzliche flankierende Massnahmen zum Untergang verurteilt. Das optimistische Szenario setzt bei den Erlösen einen Swissness-Qualitätszuschlag von 5 bis 20% je nach Produkt sowie Produktionskosten wie sie in Süddeutschland gelten voraus. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, dann könnte ein Freihandelsabkommen mit der EU der Schweizer Landwirtschaft helfen, einen Teil der WTO-bedingten Verluste wieder wettzumachen. In diesem Fall gäbe es zusätzliche Marktchance für hochwertige Landwirtschaftsprodukte auf dem EU-Markt. Die Aufnahme von Freihandelsgesprächen setzt weiter voraus, dass die gesamte Agrar- und Lebensmittelkette einbezogen ist und weitere Abklärungsarbeiten aufgenommen werden. So müssen die Potentiale bei den Kostensenkungsmassnahmen sowie die Marktchancen von Schweizer Qualitätsprodukten auf den europäischen Märkten näher geprüft werden. Schliesslich sind auch die möglichen Begleitmassnahmen von Seiten des Bundes in- und ausserhalb der nationalen Agrarpolitik zu klären. Der SBV kommt zum Schluss, dass in der Agrarpolitik nicht drei Dossiers gleichzeitig angerissen werden sollten, die sich gegenseitig beeinflussen. Er erwartet vom Bundesrat, dass sich dieser momentan mit voller Kraft auf die WTO zu konzentriert. Sobald deren Auswirkungen klar sind, können weitere Entscheide in Bezug auf ein Agrarfreihandelsabkommen getroffen werden.
Rückfragen: Hansjörg Walter, Präsident SBV, Mobile 079 404 33 92 Jacques Bourgeois, Direktor SBV, Mobile 079 219 32 33 Urs, Schneider, Stv. Direktor SBV, Mobile 079 438 97 17 Sandra Helfenstein Mediensprecherin SBV, Mobile 079 826 89 75 Christophe Eggenschwiler, Leiter Departement Wirtschaft und Politik, Mobile 079 344 09 02
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