Landwirtschaft lässt sich nicht zum Feinstaub-Sündenbock machen!
Brugg (ots)
Wenn in diesem Winter die Feinstaubbelastung ein ähnlich kritisches Mass annimmt wie Anfang 2006, will die Landwirtschaft nicht noch einmal Buhmann der Nation sein. Auf Druck des Schweizerischen Bauernverbands (SBV) und des Schweizerischen Verbands für Land- technik hat das Bundesamt für Umwelt die Emissionszahlen der Landwirtschaft überprüft und in der Folge stark nach unten korrigiert. Die Forschungsanstalt ART in Tänikon bestätigt, dass die Nachrüstung von Russpartikelfiltern bei Traktoren schwieriger ist als erwartet. Der SBV wehrt sich deshalb vehement gegen den unsinnigen Beschluss der Bau-, Planungs-, und Umweltdirektorenkonferenz, bei einer kritischen Feinstaubbelastung land- und forstwirtschaftliche Maschinen mit einem Fahrverbot zu belegen.
Feinstaub-Alarm: Bauern viel schlimmer als Autofahrer! stand Anfang Februar dieses Jahres in grossen Buchstaben auf der Front einer der auflagenstärksten Schweizer Tageszeitungen. Grund-lage dieser Behauptung war eine von den Autoren falsch interpretierte und mittlerweile als falsch erwiesene Statistik des Bundesamtes für Umwelt. Nach der Intervention des Schweizerischen Verbands für Landtechnik und des Schweizerischen Bauernverbands wurde die Statistik überprüft. In der Folge korrigierte das Bundesamt für Umwelt seine Zahlen über den landwirtschaftlichen Feinstaubausstoss massiv nach unten. Unabhängig davon kam ein Partikelfiltertest im Auftrag des Bundes an der Forschungsanstalt ART in Tänikon zum ernüchternden Resultat, dass das Nachrüsten von Traktoren mit Filtersystemen alles andere als einfach ist.
Trotz diesen klaren Ergebnissen hat die Bau-, Planungs-, und Umweltdirektorenkonferenz (BPUK) ein unsinniges Interventionsmodell zur Reduktion der Feinstaubbelastung beschlossen. Dieses sieht vor, in der dritten Stufe ein komplettes Fahrverbot für land- und forstwirtschaftliche Maschi-nen zu verfügen. Diese Massnahme ist nichts anderes als die Fortführung der Hetzkampagne des letzten Winters. Schliesslich tragen Traktoren praktisch nichts zur winterlichen Feinstaubbelastung bei, da sie in dieser Zeit kaum im Einsatz sind. Dies bestätigt indirekt auch das Bundesamt für Umwelt. In der aktuellsten Medienmitteilung vom 12. Dezember wird festgehalten, dass der Grenzwert für Schwebestaub im Jahresmittel in den Städten und Agglomerationen sowie entlang der stark befahrenen Strassen überschritten wurde. Nur im ländlichen Raum bleiben die Werte unter dem Jahresgrenzwert.
Nicht nachvollziehbar ist weiter, weshalb die BPUK einzig die Forst- und Landwirtschaft mit einem Fahrverbot belegen will. Die Begründung, dass ein generelles Fahrverbot des gesamten dieselbe- triebenen Strassenverkehrs aus wirtschaftlichen Überlegungen nicht durchführbar sei, ist ein Hohn für die Landwirtschaft. Sind unsere Bäuerinnen und Bauern denn nicht Teil der Gesamtwirtschaft? Die einzige Möglichkeit, dem Fahrverbot zu entgehen das Nachrüsten von Partikelfiltern , ist gemäss den erwähnten Tests noch weit von der Praxistauglichkeit entfernt.
Die Empfehlungen der BPUK führen nun in der Praxis zu einem wahren Wirrwarr von kantonalen Lösungen. Während sich einzelne Kantone daran machen, den Beschluss der BPUK in ein Gesetz umzuschreiben, distanzieren sich andere klar vom Massnahmenplan. Dies führt dazu, dass ein Bauer im Kanton X die Milch noch mit dem Traktor in die Annahmestelle führen darf, während sei-nem Kollegen im angrenzenden Kanton Y dieselbe Tätigkeit verboten wird.
Die Aufschiebung der Massnahme bis ins Jahr 2010, wie von diversen Kantonen vorgeschlagen, beurteilt der SBV als ein Spiel auf Zeit. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, auch wenn bis 2010 Traktoren vermehrt direkt ab Werk mit Russpartikelfiltern ausgerüstet sein werden. Ein Grossteil der Schweizer Traktorenflotte wird aber auch dann noch ohne Filter unterwegs sein. Aber auch 2010 werden die grössten Emissionen in den Städten, Agglomerationen und entlang von stark befahrenen Verkehrswegen auftreten. Eine Zunahme der Belastung im ländlichen Raum ist nicht zu erwarten. Die Massnahme ist damit in Zukunft genauso verfehlt wie heute.
Der SBV steht ebenfalls hinter einem griffigen Konzept zur Verminderung des Feinstaubs. Der Kampf gegen den Feinstaub darf aber nicht zu einem Schwarz-Peter-Spiel werden, das einseitig eine Gruppe trifft, die zudem in der problematischen Zeit nur wenig zur hohen Feinstaubbelastung beiträgt. Das Problem muss ganzheitlich angegangen werden. Dazu gehört die Berücksichtigung sämtlicher Emissionsquellen in den Massnahmenplan. Ebenso die Filterpflicht für neue Dieselfahrzeuge oder, wo sinnvoll und technisch machbar, die Förderung der Nachrüstung von Russpartikelfiltern in Maschinen, die hohe Betriebszeiten aufweisen.
Unsinnige Fahrverbote oder schärfere Vorschriften als in der EU werden vom Schweizerischen Bauernverband aber nicht akzeptiert.
Rückfragen: Jacques Bourgeois, Direktor SBV, Mobile 079 219 32 33 Heinz Hänni, Fachexperte Ökologie, Energie und Transport SBV, Tel. 031 385 36 44 Sandra Helfenstein, Mediensprecherin SBV, Tel. 056 462 52 21, Mobile 079 826 89 75 www.sbv-usp.ch