Stiftung Menschen für Menschen Schweiz
Frauenpower für Äthiopien
Menschen für Menschen bildet arme Frauen zu gefragten Fachkräften aus
Abeba (ots)
Sie waren Armutsprostituierte, Wäscherinnen oder Hausmädchen bei Reichen in Arabien. Ihr Schmuck ist aus Blech, aber ihr Stolz ist echt: 132 arme Äthiopierinnen feierten in Addis Abeba den erfolgreichen Abschluss ihrer Ausbildung als Köchinnen und Hauswirtschafterinnen. «Euer neu gewonnenes Selbstbewusstsein bringt Äthiopien voran!» sagte Josefine Kamm, Geschäftsführerin von Menschen für Menschen.
Das Zelt in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba ist mit frisch geschnittenen Gräsern ausgelegt, die Frauen haben sich herausgeputzt, viele tragen goldfarbenen Blechschmuck. Sie tanzen, klatschen, trillern vor Freude. Sechs Monate nahmen die Frauen an einer Ausbildung von Menschen für Menschen (www.mfm.ch) in Hauswirtschaft teil. Das Diplom, das sie nun erhalten, ist für sie eine Art Lebensversicherung. Ohne Ausbildung hatten sie es bislang sehr schwer, eine Anstellung zu finden. Viele schlugen sich als Wäscherinnen und Gelegenheitsprostituierte durch, so wie Jamila Bedu, 44. Nachdem ihr Ehemann sie und die drei Kinder verlassen hatte, sah sie keine andere Möglichkeit. «Ich betäubte mich mit Alkohol und Khat, um das Leben zu ertragen», erzählt sie.
Andere reisten legal oder mit Hilfe von Schleppern als Gastarbeiterinnen in arabische Länder, um ihre Kinder zu ernähren, die bei Verwandten in Äthiopien zurückblieben. «Viele von uns waren nach Saudi-Arabien gegangen, doch sie verloren mehr, als sie gewannen, sogar ihren Stolz», sagt Absolventin Megdes Fesseha in ihrer Rede an die Festversammlung. «Sie kamen zurück, waren ohne Hoffnung, wie wir alle. Erst durch unsere Ausbildung haben wir unsere Zuversicht zurückgewonnen. Künftig können wir selbstbestimmt für uns selbst sorgen. Und keine Mutter muss mehr ihre Familie verlassen.»
Auch Absolventin Bedria Muhaba, 34, schuftete vier Jahre lang in Riad als Hausmädchen. Ihr Arbeitgeber schickte ihren Verdienst nach Äthiopien auf das Konto eines Bekannten, dem sie vertraute. Als sie nach Äthiopien zurückkehrte, behauptete der Bekannte, das Geld sei nie angekommen. Damit wurde die Frau nicht nur Opfer eines Betrügers, sondern vor allem auch ihrer Armut: Als mittellose Frau hatte sie bei keiner Bank ein eigenes Konto bekommen. «Vier Jahre meines Lebens habe ich verloren», sagt Bedria, «Aus meiner Ohnmacht und Wut hat mich erst die Ausbildung zur Hauswirtschafterin wieder herausgeführt. Ich werde mir eigenständig etwas aufbauen!»
Die Absolventinnen sind gefragte Fachkräfte in Hotels, Kantinen und Privathaushalten. 60 Prozent von ihnen haben bereits eine Anstellung gefunden. Ein Viertel der Frauen wollen sich lieber selbstständig machen, beispielsweise Teigtaschen backen oder Gewürzmischungen herstellen und verkaufen.
Menschen für Menschen führt die Ausbildung zusammen mit Agohelma durch. Die Organisation wurde von Abebech Gobena gegründet. Die hochbetagte Frau wird in ihrer Heimat als «Mutter Teresa Äthiopiens» bezeichnet, weil sie umfangreiche Hilfsprojekte für Waisen und besonders arme Familien ins Leben gerufen hat. «Ihr seid nicht nur meine Kinder, sondern auch Kinder des Landes», sagte Abebech Gobena bei der Abschlussfeier. «Macht etwas aus eurer Ausbildung, für euch und für Äthiopien.»
«Zusammen mit Karlheinz Böhm, dem Gründer von Menschen für Menschen, traf ich Abebech Gobena zum ersten Mal im Jahre 2001», berichtete Josefine Kamm, die Geschäftsführerin der Schweizer Stiftung, den Absolventinnen. «Es beeindruckte uns sehr, was Abebech Gobena als einzelne Frau leisten konnte. Und wir waren uns einig, dass den Frauen die Zukunft gehört.» Die Absolventinnen seien dafür ein gutes Bespiel: «Sie alle beweisen mit ihrem Fleiss und ihrem neu gewonnenen Selbstbewusstsein, dass die Vision unserer Vorbilder Böhm und Gobena Wirklichkeit werden kann. Ihr verdienter Abschluss war der erste grosse Schritt. Machen Sie mit der gleichen Begeisterung weiter so!»
Im Glück der Abschlussfeier gab es aber auch Tränen, nämlich während eines Theaterstücks, mit dem die Absolventinnen das Leben mittelloser Frauen nachzeichneten: In einer Szene liess eine an Aids erkrankte Mutter ihr Neugeborenes unter dem Mitgefühl der Zuschauerinnen an einer Kirche zurück. Findelkinder sind in Äthiopien keine Seltenheit. Von den 34 Waisen im Kinderheim von Abebech Gobena wurden fünf Kinder als Säuglinge an öffentlichen Plätzen abgelegt. Auch der gesamte Betrieb des Kinderheims wird von Menschen für Menschen sichergestellt.
Menschen für Menschen (www.mfm.ch) setzt sich gegen Armut und Hunger ein. Die Stiftung wurde von dem Schauspieler Karlheinz Böhm (1928 - 2014) gegründet. Im Geiste des Gründers schafft das Schweizer Hilfswerk Lebensperspektiven für die ärmsten Familien in Äthiopien. Ziel der Arbeit ist es, dass sie in ihrer Heimat menschenwürdig leben können. Die einzelnen Programmkomponenten setzen sich aus den Schwerpunkten Grundbedürfnisse, Bildung, Frauenförderung, Landwirtschaft, Infrastruktur, Umweltschutz und Stadtentwicklung, sowie Nothilfe zusammen. Die Komponenten werden nach den lokalen Bedürfnissen kombiniert und mit sorgfältig ausgewählten einheimischen Partnern umgesetzt.
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