Der Körber-Preis für die Europäische Wissenschaft 2006 geht an Prof. Dr. Franz-Ulrich Hartl
Hamburg (ots)
Der Direktor am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried erforscht »Anstandsdamen«, die Proteine in Form bringen.
Für seine bahnbrechenden Entdeckungen auf dem Gebiet der Proteinfaltung erhält der Mediziner Prof. Dr. Franz-Ulrich Hartl den mit 750.000 Euro dotierten Körber-Preis für die Europäische Wissenschaft. Diese seit 22 Jahren von der Hamburger Körber-Stiftung verliehene Auszeichnung ehrt jeweils einen europäischen Wissenschaftler für ein konkretes, zukunftsweisendes Forschungsvorhaben. Über die Vergabe des Preises entscheidet ein international zusammengesetztes Kuratorium unter Vorsitz des Präsidenten der Max-Planck-Gesellschaft, Prof. Dr. Peter Gruss, nach Vorschlag eines mit europäischen Wissenschaftlern zusammengesetzten Auswahlgremiums.
Detaillierte Erkenntnisse darüber, wie Eiweiße im Körper in die richtige Form gefaltet werden, ermöglichen neue Therapieansätze bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson oder Chorea Huntington.
Proteinmoleküle, also Eiweiße, steuern nahezu alle Lebensfunktionen in biologischen Systemen. Doch bevor sie in den Zellen aktiv werden können, müssen die einzelnen Abschnitte des Proteins zunächst in eine bestimmte dreidimensionale Form gebracht werden. Dazu brauchen die Eiweiße in den meisten Fällen Helfermoleküle - so genannte Chaperone (engl.: Anstandsdamen), wie Prof. Dr. Hartl mit seinem Team 1989 erstmals nachweisen konnte. Diese Anstandsdamen verhindern, dass Moleküle sich fehlerhaft falten oder unerlaubte Kontakte mit anderen Molekülen eingehen und dadurch verklumpen.
Hartls Erkenntnisse sind von entscheidender Bedeutung nicht nur für die biotechnologische Herstellung von Eiweißmolekülen, sondern vor allem auch für die Behandlung neurogenerativer Erkrankungen. So entstehen altersbedingte Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson dadurch, dass Schlüsselproteine in Nervenzellen Aggregate bilden und ihre eigentliche Funktion nicht ausüben können. Diese fehlerhafte Aggregatbildung, so konnte der Preisträger in Reagenzglas-Versuchen und intakten Zellen zeigen, kann durch eine künstliche Vermehrung der Chaperone verhindert werden.
Mit dem Preisgeld möchte Hartl neue biophysikalische, biochemische und zellbiologische Untersuchungsmethoden etablieren. Sein Ziel ist es, die Ausbeute funktionsfähiger Proteine bei der biotechnologischen Herstellung zu erhöhen. Vor allem aber gilt es herauszufinden, wie genau die Fehlfaltung zur Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen beiträgt und warum die Leistung der molekularen Anstandsdamen mit zunehmendem Alter nachlässt.
Prof. Dr. Franz-Ulrich Hartl wurde am 10. März 1957 in Essen geboren und leitet seit 1997 die Abteilung Zelluläre Biochemie am Max-Planck-Institut für Biochemie. Nach seinem Medizinstudium und seiner Promotion an der Universität Heidelberg arbeitete er unter anderem als Professor für Zellbiologie und Genetik am Sloan-Kettering Cancer Center in New York.
Überreicht wird der Körber-Preis für die Europäische Wissenschaft 2006 am 7. September im Großen Festsaal des Hamburger Rathauses.
Kuratorium des Körber-Preises
Prof. Dr. Peter Gruss (Vors.), Prof. Dr. Bertil Andersson,
Prof. Dr. Heidi Diggelmann, Prof. Dr. Olaf Kübler,
Prof. Dr. Volker ter Meulen, Prof. Dr. David N. Reinhoudt,
Prof. Dr. Jan-Eric Sundgren, Prof. Dr. Sigmar Wittig
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