PwC-Studie: Basel IV: Kapitallücken von über 320 Mrd. CHF möglich
Strategy&-Studie "Fourth time around? European banks confront Basel IV"
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Zürich (ots)
Verschärfte Eigenkapitalvorgaben resultieren in einem erheblichen Anstieg der risikogewichteten Aktiva. Erweiterte aufsichtsrechtliche Vorschriften können zu einer Kreditklemme für Unternehmen und zum Risikotransfer zu Schattenbanken führen. Steigender Profitabilitätsdruck erfordert neue Geschäftsmodelle der Banken. Dies sind Erkenntnisse der Studie «Fourth time around? European banks confront Basel IV» von Strategy&, der Strategieberatung von PwC.
Am 28. und 29. November 2016 sollen die «Basel IV»-Reformen in Bezug auf die Ermittlung risikogewichteter Aktiva (RWA) des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht weiter diskutiert werden. In der bisherigen Version führen die «Basel IV»-Vorschläge zu einem erheblichen Anstieg der Risikoaktiven für europäische Banken. Laut einer Analyse von Strategy& beliefe sich der Zuwachs der RWA für 103 untersuchte europäische Banken unter Anwendung der aktuellen Reformpläne auf 40 bis 65 Prozent in den bedeutsamsten regulatorischen Risikotypen wie Kreditrisiko, Marktrisiko, operationelles Risiko, Kontrahenten-Kreditrisiko und Credit-Value-Adjustment-Risiko.
Der RWA-Anstieg unter den aktuellen «Basel IV»-Vorschlägen würde zu erheblichen Kapitallücken führen - obwohl europäische Banken derzeit deutlich mehr Kapital vorhalten als regulatorisch gesehen notwendig wäre. Ihre Ertragskraft reicht nicht aus, um bis zur zuletzt vorgesehenen Anwendung von «Basel IV» - voraussichtlich ab 2019 - zusätzliches Kapital im erforderlichen Ausmass aufzubauen. Eine Abschwächung der Vorschläge gilt zur Vermeidung negativer volkswirtschaftlicher Auswirkungen daher als wahrscheinlich. «Auf Basis der anhaltenden intensiven Diskussionen zwischen wesentlichen Stakeholdern könnten sich die unter 'Basel III'» erforderlichen Kapitalanforderungen europäischer Banken um 15 Prozent bis maximal 30 Prozent erhöhen. Vor dem Hintergrund derzeitiger Aussagen von Politik, Notenbanken und Aufsicht erscheint es jedoch realistisch, dass die finalen Reformen einen Gesamteffekt von ca. +10 Prozent bis maximal +20 Prozent ergeben werden», erläutert Daniel Diemers, Partner Financial Services bei PwC Strategy& Schweiz.
Bei einer nach aktuellem Diskussionsstand abgeschwächten «Basel IV»-Reform ist davon auszugehen, dass europäische Banken einen zusätzlichen Kapitalbedarf von über 320 Mrd. CHF haben werden. Damit wären sie im internationalen Vergleich besonders stark betroffen. «Europäische Banken weisen unter anderem in ihren Bilanzen aufgrund der extensiven Anwendung interner Risikomodelle bislang nur etwa die Hälfte des durchschnittlichen Risikogewichts ihrer amerikanischen Mitbewerber auf. Die Konsequenzen von 'Basel IV' werden in Europa deshalb besonders schmerzhaft sein. Zudem werden Grossbanken wegen ihrer breiten Anwendung interner Modelle stark betroffen sein», kommentiert Diemers weiter.
Die vergleichsweise bereits schwache Profitabilität der europäischen Banken würde dadurch weiter unter Druck geraten. Die vorgesehenen Reformen werden zu erneuten empfindlichen Einbussen bei der Eigenkapitalrendite führen. Diese liegt aktuell bei den wenigsten Instituten oberhalb der Eigenkapitalkosten. «Angesichts dieser Abwärtsspirale ist in der momentanen Situation auch die Kapitalbereitstellung durch Investoren wenig wahrscheinlich. Weitere Kostensenkungen sind notwendig, werden aber allein nicht ausreichen. Vor diesem Hintergrund ist die Erwirtschaftung der Kapitalkosten aus eigener Kraft für viele Banken realistisch gesehen nicht mehr möglich. Damit wird der Druck auf mehr Kostensenkungen im Middle- und Back-Office weiter steigen - sei es durch Auslagerung, Shared Utilities oder Automatisierung/Digitalisierung », so Diemers. Als Reaktion müssten europäische Banken auch verstärkt Risikoaktiven abbauen, was sowohl für die Volkswirtschaft als auch für die Finanzstabilität negative Konsequenzen nach sich ziehen könnte. «Zum einen ist zu befürchten, dass die Kreditversorgung der Wirtschaft leidet. Vor allem KMU-Kredite ohne externes Rating und gewerbliche Immobilienfinanzierungen sind derzeit besonders stark betroffen. Zum anderen könnten die Banken Kreditrisiken direkt oder indirekt über den Kapitalmarkt vermehrt an Versicherungen oder Pensionskassen auslagern. Ob ein derartiger Risikotransfer analog dem amerikanischen Modell finanzstabilitätspolitisch sinnvoll und wünschenswert ist, ist eine Frage für sich», ergänzt Daniel Diemers.
Da die «Basel IV»-Reformen voraussichtlich ab 2019 in Kraft treten werden, besteht für die europäischen Banken grosser Handlungsdruck, die eigenen Geschäftsmodelle auf ihre wirtschaftliche Tragfähigkeit unter den Bedingungen der Neuregulierungen und hinreichender Profitabilität zu prüfen. Die Mehrheit der konventionellen Banken wird mit ihrem bilanzintensiven Geschäft in Zukunft nicht mehr nachhaltig wirtschaften können. «Mit Blick auf den kurzen Umsetzungszeitraum der Reformen und der Tragweite von 'Basel IV ' muss das Thema an die Spitze der strategischen Agenda. Die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und Produkte war für Banken nie drängender als jetzt », merkt Diemers weiter an. Vor allem die Entwicklung hin zu Geschäftsmodellen, die hinsichtlich ihrer Einnahmen weniger stark von der eigenen Bilanz abhängig sind, sollte in Erwägung gezogen werden. In der Praxis ist dies aber mit zahlreichen Herausforderungen verbunden.
Über die Studie
Im Rahmen der Analyse wurden die 103 Banken untersucht, die 2015 an der Transparency Exercise der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) teilgenommen haben. Mehr als die Hälfte des Samples besteht aus deutschen, italienischen, spanischen und französischen Instituten. Die Berechnungen beziehen sich auf die Daten der Banken aus der ersten Jahreshälfte von 2015. Schweizer Bankinstitute nahmen an der EBA-Untersuchung nicht teil.
Kontakt:
Daniel Diemers
Partner, PwC Strategy& Schweiz
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daniel.diemers@strategyand.ch.pwc.com
Nadja Häberli
Communications Senior Manager, PwC Schweiz
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nadja.haeberli@ch.pwc.com