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Komitee Gesundheitssoziologie der Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie

Gesundheit gewinnt in einer alternden Gesellschaft an Bedeutung

Neuenburg (ots)

Am Internationalen Soziologiekongress zur
Gesundheit im Alter diskutierten über 200 Fachleute aus Deutschland,
Frankreich und der Schweiz unter anderem die Fragen, wie man gesund
älter werden kann und wie sich die gesundheitliche Situation älterer
Menschen heute präsentiert. Neue Forschungsresultate weisen darauf
hin, dass der Gesundheitszustand vieler, hochbetagter Menschen trotz
körperlicher Beeinträchtigungen noch immer ein Leben zu Hause
ermöglicht. So zeigt eine in Neuchâtel vorgetragene Studie, dass
immerhin 54% der Frauen und Männer über 95 Jahren in Frankreich noch
zu Hause leben (Frédéric Balard, Montpellier). Und eine Schweizer
Untersuchung unterstützt diesen Befund: Obwohl die Gesundheit im
hohen Alter meist beeinträchtigt ist und mit den Jahren immer
häufiger Krankheiten auftauchen, bleibt das Wohlbefinden bei vielen
älteren Menschen stabil gut (Myriam Girardin, Genf).
Wie gesund man ist, ist auch eine Frage der Bildung, wie eine
Zürcher Studie zeigt: Je tiefer die Bildung von über 80-jährigen
Frauen und Männern, desto schlechter ist ihre Gesundheit und desto
geringer ist in der Folge auch ihre Lebenserwartung (Ulrich
Ehrlinger, Zürich). Dass die Biografie eines Menschen für die
Gesundheit im Alter entscheidend ist, wurde durch zahlreiche weitere
Beiträge bestätigt. Die Berliner Soziologin Adelheid Kuhlmey verwies
darauf, dass "gesund altern" etwas anderes bedeutet, ob man nun 60
oder 80 Jahre alt ist. In jedem Lebensabschnitt gehe es darum, das
vorhandene Gesundheitspotenzial zu nutzen. Den jungen Körper bis zum
Lebensende zu erhalten sei eine Illusion. "Solch ein Versuch ist zum
Scheitern verurteilt. Die sogenannte ‚Anti Ageing'-Bewegung entwirft
ein Bild vom Altern, das weder die Gesellschaft noch der einzelne
Mensch je einlösen können", sagte Kuhlmey.
Pflege und Betreuung zu Hause: Ein Vollzeitjob
In den kommenden Jahren werden die Zahl und der Anteil der über
80-Jährigen in europäischen und anderen Ländern deutlich zunehmen.
Die Folgen dieser Entwicklung für das Gesundheits- und das
Sozialversicherungswesen, aber auch für die gesamte Gesellschaft
Europas werden intensiv diskutiert. So geht es auch um die Frage, wie
die steigende Zahl pflegebedürftiger Menschen betreut werden kann.
Bereits heute werden in Europa ältere Hilfe- und Pflegebedürftige zu
über 80% von Angehörigen versorgt. Diese sind aber nicht in der
Pflege geschult und neigen häufig zur Selbstüberforderung. Somit
tragen sie ein erhöhtes Risiko, gesundheitlich zu leiden und selbst
von Hilfe abhängig zu werden.
Am Soziologiekongress wurde auch eine von der EU geförderte Studie
zur Situation dieser Angehörigen präsentiert (Christopher Kofahl,
Hamburg). Die EUROFAMCARE-Studie vergleicht die Situation in
Deutschland, Griechenland, Grossbritannien, Italien, Polen und
Schweden. Die Hilfsbedürftigen sind im Schnitt 80 Jahre alt und zu
zwei Dritteln Frauen. 37% von ihnen sind von einer Demenz betroffen
(Alzheimer, Parkinson und andere). Dies hat grosse Folgen für den
Aufwand bei der Betreuung. Angehörige sind bei der Hilfe und Pflege
durchschnittlich wöchentlich 46 Stunden engagiert. Wenn die zu
betreuenden Personen geistig beeinträchtigt sind, steigt der
Betreuungsaufwand auf wöchentlich 56 Stunden. Es ist nachvollziehbar,
dass sich in dieser Situation viele Angehörige überfordert fühlen.
Die Hälfte der Angehörigen von geistig beeinträchtigten Patienten
denkt daran, ihr Familienmitglied in die Obhut eines Pflegeheims zu
geben.
In Neuchâtel wurde deutlich, dass soziologische Studien zentral
sind, um ein realistisches Bild über die Gesundheit in einer
alternden Gesellschaft zu erhalten. In Hinblick auf
gesundheitspolitische Entscheide, die in den kommenden Jahren gefällt
werden müssen, sind diese Erkenntnisse besonders wertvoll. Der
Kongress wurde organisiert vom Komitee Gesundheitssoziologie der
Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie sowie den Sektionen
Medizin- und Gesundheitssoziologie der deutschen, österreichischen
und französischen Gesellschaften für Soziologie. Die lokale
Kongressorganisation wurde vom Schweizerischen
Gesundheitsobservatorium (Obsan), dem Bundesamt für Statistik und dem
Soziologischen Institut der Universität Neuenburg übernommen.

Kontakt:

Peter C. Meyer
Tel. +41/32/713'61'31
E-Mail: peter.meyer@bfs.admin.ch

Julie Page
Tel. +41/44/634'46'02
E-Mail: page@ifspm.unizh.ch
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