Allianz Studie: Fliegen war noch nie so sicher wie heute
Wallisellen (ots)
- Neue "Aviation Risk 2020"-Studie der Allianz: Trotz Rekord-Passagierzahlen gehören die letzten zwei Jahre zu den sichersten der Luftfahrt. - Verbesserungen bei Design, Technologien und Ausbildung sorgen für mehr Sicherheit in der Luft. Versicherungsschadenfälle aber unverändert hoch. - Insbesondere auf der Route zwischen Europa und Nordamerika werden zunehmend unruhigere Flüge und Turbulenzen aufgrund des Klimawandels erwartet.
Trotz Rekordzahlen von über 4 Milliarden Passagieren war Fliegen noch nie so sicher wie heute. Die globale Luftfahrtindustrie hat in jüngster Zeit einige der sichersten Jahre aller Zeiten bei tödlichen Unfällen erlebt, so die neue Studie "Aviation Risk 2020: Safety and The State of the Nation", die der Unternehmens- und Luftfahrtversicherungsspezialist Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS) in Zusammenarbeit mit der Embry-Riddle Aeronautical Universität aus Florida veröffentlicht hat.
Drei der letzten vier Jahre waren die sichersten aller Zeiten. So gab es 2017 zum ersten Mal seit mindestens 60 Jahren in der Luftfahrt keine Todesopfer auf einem Passagierjetflug - es ist damit das sicherste Jahr überhaupt. Selbst 2018, wo es insgesamt 15 tödliche Flugzeugunfälle mit 556 Opfern gab, ist nach Statistiken des Aviation Safety Network das drittsicherste Jahr in der Geschichte des kommerziellen Flugverkehrs, 2015 belegt den zweiten Platz. Die Allianz-Studie bekräftigt, dass die Wahrscheinlichkeit, bei einem Flugzeugunglück zu sterben (1 zu 188.364), im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln wie Auto (1 zu 103) oder Fahrrad (1 zu 4.047) sowie anderen Szenarien wie versehentlicher Waffenentladung (1 zu 8.527) oder Hundeangriff (1 zu 115.111) äusserst unwahrscheinlich ist.
Breite Palette von Sicherheitsverbesserungen
"Die kontinuierliche Verbesserung der Flugsicherheit ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen, unter anderem auf Designverbesserungen, neue Technologien, effektivere Pilotenausbildung sowie signifikante Verbesserungen der Herstellungsprozesse, des Flugzeugbetriebs und auf Seiten der Regulierung", erklärt Axel von Frowein, der bei der AGCS für die Luftfahrtversicherung in Zentral- und Osteuropa zuständig ist.
Aerodynamische und strukturelle Verbesserungen der Flugzeugzelle, die elektronische Steuerung (Fly-by-Wire-Flugzeuge) und effektivere Sicherheitsinspektionen hatten in den letzten Jahrzehnten deutliche Auswirkungen auf die Unfallraten. Gleichzeitig haben die Hersteller das Risiko eines Triebwerkausfalls nahezu eliminiert. Auch Funk und Avionik sind heute sehr präzise. Zudem haben sich laut der Studie auch Verbesserrungen von Flugsicherungstechnik und Kollisionspräventionssystemen positiv auf die Sicherheit ausgewirkt.
"Piloten haben heute viel mehr Live-Informationen zur Hand. Aktuelle Navigationssysteme sind zudem in der Lage, die Position eines Flugzeugs bis zu einer tausendstel Meile zu bestimmen", sagt E. David Williams, Assistenz Professor für Aerospace and Occupational Safety an der Embry-Riddle Aeronautical University, eine der weltweit wichtigsten Universitäten der Luftfahrt. "Wissenschaftliche Studien haben es auch der Luftfahrtindustrie ermöglicht, besser zu verstehen, wie menschliche Faktoren die Sicherheit beeinflussen können. Pilotenmüdigkeit, Training und Ressourcenmanagement der Crew kommt eine immer grössere Bedeutung zu."
Mehr Turbulenzen
Passagiere können sich an Bord eines Flugzeugs sicherer denn je fühlen, müssen sich jedoch künftig auf unruhigere Flüge einstellen, so der Bericht. So wurden im Juli 2019 auf einem Flug der Fluggesellschaft Air Canada von Vancouver nach Sydney fast 40 Menschen verletzt, als das Flugzeug in heftige Turbulenzen geriet und eine Notlandung durchführen musste - einer von vielen Vorfällen, die sich jeden Tag auf Flügen um die Welt ereignen. "In den kommenden Jahrzehnten dürften die Turbulenzen durch den Klimawandel und die sich erwärmende Erdatmosphäre weiter zunehmen - insbesondere auf Flügen zwischen Europa und Nordamerika", sagt Axel von Frowein.
Trotz der verbesserten Sicherheitslage verzeichnet die Luftfahrtindustrie weiterhin immer mehr und immer höhere Schäden. Die AGCS hat von 2013 bis 2018 mehr als 50.000 Schadensfälle der Luftfahrtversicherungsbranche im Wert von mehr als 14,8 Milliarden Euro (16,3 Milliarden US-Dollar) analysiert. Zusammenstösse und Crashs machen mehr als die Hälfte des Schadenwertes aus - und dazu gehören nicht nur tragische Abstürze, sondern auch Schäden durch Fremdkörper oder Bodenkollisionen an überfüllten Flughäfen. Daneben gibt es zahlreiche weitere Schadensursachen wie Ausrutschen und Stürze von Passagieren am Boden, Triebwerksausfall, behördlich angeordnete Flugverbote von bestimmten Maschinen ("grounding") oder Betankung mit einem falschen Treibstoff, die alle zu immer teureren Schäden für Luftfahrthersteller, Fluggesellschaften und ihre Versicherer führen.
Kostspielige Reparaturen
Die zunehmende Komplexität der Flugzeuge, der Einsatz von leichteren Verbundwerkstoffen im Flugzeugbau und die Ausstattung mit anspruchsvoller Technologie erhöhen zudem die Kosten für Flugzeugreparaturen erheblich. "Die wachsende Schadenbelastung ist auch Folge des generellen Wachstums im Luftverkehr - mit steigenden Passagierzahlen, stark frequentierten Flughäfen sowie wachsenden Anforderungen an Fluggesellschaften, Hersteller und Bodenverkehrsdienste", berichtet Till Kürschner, Leiter für Luftfahrtschäden bei der AGCS in Zentral- und Osteuropa.
Künftige Herausforderungen
Auch in Zukunft steht die Luftfahrtindustrie vor der Herausforderung, das hohe Niveau an Sicherheit zu halten und noch weiter auszubauen - trotz zahlreicher neuer Risiken am Horizont. Dazu gehören die weitere Zunahme an weltweit erwarteten Flugbewegungen, der damit verbundene Bedarf an Piloten vor allem in Schwellenländern, aber auch die wachsende Zahl von Drohnen und natürlich die steigende Abhängigkeit von IT. "Alle Beteiligten in der Luftfahrt sind sich einig, dass die Sicherheit oberste Priorität genießt", sagt von Frowein: "Deshalb wird Fliegen auch in Zukunft zu den sichersten Transportmöglichkeiten gehören."
Kontakt:
Heidi Polke
Tel.: +49 89 3800 14303, heidi.polke@allianz.com
Daniel Aschoff
Tel.: +49 89 3800 18900, daniel.aschoff@allianz.com
Bernd de Wall
Tel.: +41 58 358 84 14, bernd.dewall@allianz.ch